Die Ära Fekter, letzter Akt

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Mit Personalentscheidungen in letzter Minute machte Maria Fekter ihrem Nachfolger Michael Spindelegger das Leben schwer. Jetzt muss Hans Jörg Schelling aufräumen.

Fast wäre es in der allgemeinen Sommerlethargie untergegangen: Am 1. August hat das Finanzministerium via Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ eine Stelle ausgeschrieben. Nicht irgendeine Stelle. Gesucht wird eine neue Führung der Sektion 1, der sogenannten Präsidialsektion.

Das ist ein durchaus attraktiver Posten. Sektionschefs sind die ranghöchsten Beamten eines Ministeriums. 9000 Euro Monatsgehalt brutto sind auch nicht zu verachten. Und: Der Job ist relativ krisenresistent. Minister kommen und gehen, aber Sektionschefs bleiben in der Regel. Irgendwer muss ja für Kontinuität im Land sorgen.

Der nun vom Finanzministerium ausgeschriebene Job bietet aber noch ein zusätzliches Zuckerl: Der Chef der Präsidialsektion sitzt quasi in der ersten Reihe der Machtzentrale. Er (oder sie) entscheidet über Personalbesetzungen sowie Ausschreibungen und koordiniert die Arbeit mit anderen Ministerien und dem Parlament. Das ist doch was. Kein Wunder, dass es bereits zahlreiche Bewerbungen für den Posten gibt.
Noch reizvoller ist allerdings eine andere Facette dieser Ausschreibung. Den Job hat nämlich bislang ein gewisser Gerhard Zotter bekleidet. Und dessen Geschichte ist eine Erzählung wert.

Gerhard Zotter ist seinerzeit mit Maria Fekter ins Finanzministerium gekommen. Sie hat ihn (und andere Vertraute) vom Innenministerium, dessen Ressortchefin sie zuvor war, mitgenommen. Was natürlich ihr gutes Recht war: Minister trennen sich grundsätzlich nur ungern von ihrem eingespielten Team.

Ungewöhnlich war freilich Zotters Karrieresprung zum mächtigen Präsidialchef des Finanzministeriums. Der erfolgte nämlich 2013, als Fekter längst dünkte, dass ihr ein gewisser Michael Spindelegger den Job wegnehmen würde, weil er selbst den Drang verspürte, Finanzminister zu werden.

Fekter erdachte sich jedenfalls ein Abschiedsgeschenk der besonderen Art: Flugs machte sie Zotter – einst Gendarm in Oberösterreich – zum Präsidialchef. Und weil das Gefühl der Genugtuung gar so schön war, wurden auch gleich mehrere neue Posten für verdiente Vertraute geschaffen.
Natürlich: Fekter war nicht die Erste, die im Finanzministerium personalpolitisch (und parteipolitisch) nach eigenem Gutdünken schaltete und waltete. Schon unter Willi Molterer gab es personell nicht ganz nachvollziehbare Entscheidungen. Dennoch hat die „Causa Zotter“ große Symbolkraft: Es war Fekter, die Jobs besetzte, um ihrem Nachfolger zu schaden. Es war unter Fekter, als dem Finanzministerium in der Folge ausgewiesene Experten abhandenkamen: Sektionschef Thomas Wieser „flüchtete“ nach Brüssel, der stellvertretende Sektionschef Eduard Müller zog es vor, Geschäftsführer des Linde-Verlags zu werden – um nur einige Beispiele zu nennen. Es war also unter Fekter, als das Finanzministerium einen gehörigen Imageschaden hinnehmen musste: Von der einstigen Expertenhochburg war jedenfalls nicht mehr viel übrig geblieben.

So also fand Michael Spindelegger das Finanzministerium vor. Was ihm seinen ohnehin sehr fordernden Alltag nicht unbedingt erleichtert hat. Etliche Experten waren weg, andere Beamte – wie Zotter – waren Fekter-Vertraute. Hinter vorgehaltener Hand wurde immer wieder von „Widerstandsnestern“ im Ressort gesprochen. Hypo, Glücksspiel und so fort: Es wurden grobe fachliche Fehler gemacht, Spindelegger igelte sich immer mehr ein, der Rest ist Geschichte.

Und dann kam Hans Jörg Schelling. Ihm ist das gelungen, woran Spindelegger (auch) gescheitert ist: Schelling hat sich des Gerhard Zotter entledigt. Man kann getrost davon ausgehen: Ein glücklicher Zufall war das nicht. Vielmehr eine von langer Hand geplante Aktion. Immerhin wird Schelling nachgesagt, dass er den ramponierten Ruf seines Hauses wiederherstellen möchte. Dazu hat er beispielsweise schon länger einen engen Kontakt zum einstigen Sektionschef Thomas Wieser, einem der renommiertesten Finanzexperten Europas, geknüpft.

Aber wie in aller Welt ist Schelling Gerhard Zotter losgeworden? Was tut man mit einem ranghohen Beamten, dessen Vertrag im Herbst 2013 unterschrieben wurde – mit einer Vertragsdauer von fünf Jahren? Eine knifflige Angelegenheit. Aber keine unlösbare.

Gehen wir ein wenig in der Zeit zurück: Seit 17. Juni dieses Jahres gibt es einen neuen Geschäftsführer der Monopolverwaltung – das ist jene Gesellschaft, die das österreichische Tabakmonopol verwaltet. Der Job war natürlich zuvor ausgeschrieben worden. Die bisherige Chefin der Monopolverwaltung, Tina Reisenbichler, hat sich dafür auch beworben. Das kündigte sie zum Jahreswechsel jedenfalls in der „Trafikantenzeitung“ an. Sie hat den Job allerdings nicht bekommen. Vielmehr hat sie dort nur mehr einen Konsulentenvertrag. Neuer Geschäftsführer ist an ihrer statt Hannes Hofer.

Was das mit dem ungeliebten Sektionschef im Finanzministerium zu tun hat? Abwarten, kommt noch.
Der neue Chef der Monopolverwaltung, Hannes Hofer, ist selbstverständlich nicht aus dem Nichts aufgetaucht. Er war zuvor Chef der Bundesbeschaffung GmbH. Das ist jene Gesellschaft, die für den zentralen Einkauf der öffentlichen Verwaltung zuständig ist. Mit Hofers Wechsel in die Monopolverwaltung wurde also ein attraktiver Job frei. Er wurde ebenfalls ausgeschrieben. Und siehe da: Seit 3. August werkt dort ein neuer Geschäftsführer. Gerhard Zotter, nämlich. Bestellt von Hans Jörg Schelling.
Österreichisches Brauchtum vom Feinsten: Es braucht nur reichlich Fantasie, eine ausgeklügelte Strategie, ein wenig Überzeugungskraft – und schon sind alle zufrieden.

Und wie geht's weiter? Als mögliche Nachfolger von Zotter als Sektionschef werden einige Namen genannt: Tamara Els beispielsweise, Leiterin der Personalabteilung des Ministeriums. Oder auch der zuvor genannte Eduard Müller, der seinerzeit unter Fekter gegangen ist. Der Name Helmut Brandl fällt ebenfalls, er war bis Ende 2008 im Finanzministerium. Derzeit ist er Geschäftsführer der Buchhaltungsagentur des Bundes. Als Kandidat gilt auch Helgar Thomic-Sutterlüti. Er war einst stellvertretender Sektionschef im Finanzministerium, fachlich anerkannt und dann – erraten – von Fekter regelrecht hinausgeekelt.
Man wird sehen. Aber zumindest einige der genannten Namen zeigen: Ein Trend der Experten, ins Ministerium zurückzuwollen, ist unverkennbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2015)

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