Rote Bastion wankt: Die Post bringt der ÖVP was

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Rote Bastion? Mitnichten. Wieso der nächste Post-Chef auf jeden Fall ein „Schwarzer“ wird.

Der Krieg dauerte ganze fünf Tage. Angezettelt wurde er am Donnerstag vergangener Woche, als der Post-Vorstand einen gar kühnen Plan verkündete: Neue Briefträger sollten in Hinkunft bei Tochterfirmen angestellt werden, um den teuren Post-Kollektivvertrag zu umgehen. Doch am Montag darauf wurde bereits die weiße Fahne gehisst: Nach Protesten der Gewerkschaft sind die Pläne vorerst einmal zu den Akten gelegt worden. Bis zum 30. Juni jedenfalls.

So ein Zufall. Bis dahin soll nämlich der Post-Aufsichtsrat auch einen neuen Chef für das Unternehmen bestellt haben. Der langjährige Post-General Anton Wais ist ja Anfang März aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Seitdem führt sein Vorstandskollege Rudolf Jettmar das Unternehmen interimistisch. Ob er als Post-Boss bleibt? Die Ereignisse rund um den „Fünftagekrieg“ lassen zwei Interpretationen zu. Die erste: Jettmar hat erkannt, dass er für seine fixe Bestellung auf das Wohlwollen der Gewerkschaft angewiesen ist – deshalb der ungewöhnlich plötzliche Rückzieher bei seinen Sparplänen. Die zweite: Jettmar hat sich in der Angelegenheit schlicht und einfach verkalkuliert – und sich damit ins Out befördert.

Man wird sehen. Unschwer erkennen lässt sich allerdings jetzt schon eines: Der Kampf um den Topjob ist gewaltig. Und – besonders interessant: Der Kampf findet ÖVP-intern statt. Angesichts der Tatsache, dass die Post seit Menschengedenken eine „rote Bastion“ war, eine doch bemerkenswerte Wendung.

Wie das kommt? In der SPÖ wird gerne behauptet, dass dies wohldurchdachte Strategie sei. In der Post werden die nächsten Jahre ausgesprochen hart, das Unternehmen muss auf einen beinharten Rationalisierungskurs getrimmt werden. Das überlasse man gerne den „Schwarzen“ – weil man sich nicht direkt mit der SPÖ-Klientel anlegen wolle.

Die zweite Theorie klingt freilich viel plausibler: Die SPÖ habe sich, so heißt es in der Partei hinter vorgehaltener Hand, schwergetan, einen geeigneten Kandidaten für den Chefposten zu finden. SPÖ-Chef Werner Faymann habe halt „einen Horizont, der bis zur SPÖ Liesing und der Mietervereinigung reicht“. Dementsprechend lasch und unbeholfen sei die Suche nach geeigneten Managern vonstattengegangen.

Faymann ist in der Wirtschaft kaum vernetzt. Daher war der Fundus, aus dem zu schöpfen versucht wurde, auch ziemlich überschaubar: Zuerst wurde Christian Kern, Vorstand des Stromkonzerns Verbund, bekniet. Doch der winkte gleich ab. Dann wurde bei Flughafen-Chef Herbert Kaufmann angeklopft. Doch der hat seinen Vorstandsvertrag gerade erst verlängert. Und das war's dann auch schon mit den potenziellen Chefs.

Übrig geblieben sind damit bloß einige wenige SPÖ-Kandidaten, die aber allesamt nicht „CEO-tauglich“ sind: Der Chef der Philatelie in der Post, Erich Haas, ist dabei. Ebenso ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider sowie Karl Michael Millauer. Der war einst Finanzvorstand bei Wolford, dann wechselte er zu Christ Water Technology. Ins Spiel gebracht wurde von der SPÖ auch der frühere Chef der Direktbank ING-DiBa und jetzige Postbus-Geschäftsführer, Heinz Stiastny. Doch der gilt – ebenso wie Erich Haas – bloß als „Zählkandidat“. Will heißen: Ein aussichtsloser Kandidat, der sich nur bewirbt, damit's nicht gar so bescheiden ausschaut.

Schneider oder Millauer werden also wohl Finanzvorstand bei der Post werden. Denn darauf beharrt Infrastrukturministerin Doris Bures:Ganz will sie das Unternehmen nicht den „Schwarzen“ überlassen. Wenigstens ein „Roter“ muss in die Chefetage.

Bühne frei also für die ÖVP. Die kämpft allerdings mit ganz anderen Problemen: Anders als die SPÖ hat sie zwar Kandidaten zum Abwinken. Die Frage ist nur – wie immer in der ÖVP –, welcher Parteiflügel sich durchsetzt. Da gibt es die eine Seite, die sich für einen gestandenen externen Manager starkmacht: Die Steirer Herbert Paierl,Martin Bartenstein sowie die Industriellenvereinigung haben daher den früheren Chef von T-Mobile Österreich, Georg Pölzl, ins Spiel gebracht. Pölzl, mittlerweile Chef von T-Mobile Deutschland, soll für den Post-Job auch durchaus zu haben sein. Immerhin wollte er schon vor Jahren Vertriebs- und Marketingchef der Post werden.

Dieses Mal geht's allerdings gleich um den Chefposten. Das „Problem“ ist nur: Pölzl würde als Post-Chef eher kein Ohr für politische Zurufe haben. Und das kommt nicht allen ÖVPlern zupass. Immerhin will die Regierung angesichts der budgetär angespannten Situation kräftig Dividenden bei den teilstaatlichen Unternehmen abschöpfen. Außerdem geistert in der Post schon seit einiger Zeit das Gerücht herum, dass sich Raiffeisen nur allzu gerne das Post-Filialnetz einverleiben würde. Ob Pölzl bei alldem mitmachen würde?

In der Post wird getratscht, dass der jetzige Vorstand Herbert Götz so gesehen der ÖVP schon eher ins Konzept passen würde. Angeblich soll sich Götz hervorragend mit Raiffeisen-Boss Christian Konrad verstehen – und auch zum Gemeindebund hat er einen guten Draht. Was angesichts der Tatsache, dass die Bürgermeister „ihre“ Postfilialen wie ihren Augapfel hüten, auch nicht von Nachteil ist.

Der jetzige Interimschef Rudolf Jettmar hat natürlich auch beste Kontakte zur ÖVP – hat allerdings zwei Nachteile: Er ist bereits 62 Jahre alt und er ist eigentlich Finanzer. Was angesichts eines künftigen SPÖ-Finanzvorstands im Unternehmen nicht unbedingt gebraucht wird.

Gut möglich also, dass die ÖVP zu einem für alle probaten Kompromiss greift: Jettmar bleibt vorerst Post-Chef, nach einem Jahr kommt es zum Generationswechsel. Das Match lautet dann: Georg Pölzl versus Herbert Götz.

Es sei denn, ÖIAG-Chef Peter Michaelis setzt sich mit „seinem“ Kandidaten, Post-Vorstand Carl-Gerold Mende, durch. Was allerdings als nicht besonders wahrscheinlich gilt. Der Deutsche Mende habe zu wenig politische Kontakte, heißt es ÖVP-intern. Und das ist schon einmal ordentlich ins Auge gegangen: Als der Deutsche Rüdiger vorm Walde einst ÖBB-Chef wurde, stand er von Anfang an unter massivem politischen Beschuss. Nach dreieinhalb sehr turbulenten Jahren musste er gehen.

AUF EINEN BLICK

Die Post, börsenotiertes und teilstaatliches Unternehmen mit 27.000 Mitarbeitern, sucht einen neuen Chef. Erstmals wird dies ein „Schwarzer“ sein – offenbar, weil die SPÖ keinen geeigneten Kandidaten gefunden hat. Was aber den Sozialdemokraten ohnehin gelegen kommt: Mit den anstehenden Rationalisierungen will man sich die Klientel nicht vergraulen. Im vergangenen Jahr stieg der Post-Umsatz leicht auf 2,4 Mrd. Euro. Das Ergebnis sank allerdings auf 118,9 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2009)

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