Die ÖVP bastelt sich einen neuen Superstar

 Gottfried Haber
Gottfried Haber(c) Bruckberger
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Der junge Uni-Professor Gottfried Haber wird von der ÖVP ordentlich gepusht. Jetzt soll er auch IHS-Chef werden.

In gut einer Woche hat Christoph Badelt seinen letzten Arbeitstag: Mit 30. September verlässt er die Wiener Wirtschaftsuniversität – in der er 13 Jahre lang Rektor war.
Es waren – da sind sich alle einig – 13 gute Jahre für die WU. Unter Badelt ist die Universität nicht nur auf den großzügigen, neuen Campus übersiedelt, sie hat auch international erheblich an Reputation gewonnen: Erst vergangene Woche honorierte das deutsche „Handelsblatt“ die Forschungsleistungen der WU, die renommierte „Financial Times“ bestätigte die WU als Spitzen-Uni: Bei der jährlichen Bewertung der besten Managementprogramme gab es Platz 13 unter 80 untersuchten europäischen Wirtschaftshochschulen.

Badelt kann also mit einem mehr als guten Gefühl gehen. Und mit der Gewissheit: Ein Mann seines Kalibers muss sich trotz seiner 64 Jahre nicht mit dem Thema Ruhestand auseinandersetzen. Er ist immer noch gefragt. „Ich habe beruflich einige Optionen“, sagt er denn auch der „Presse“.
Wie's der Zufall so will, wird im Lauf des Oktober auch ein Job ausgeschrieben, der für Badelt maßgeschneidert wäre: Das Institut für Höhere Studien (IHS) sucht ab 2016 einen neuen Chef. Nach dem sehr plötzlichen Abschied von IHS-Chef Christian Keuschnigg zu Beginn des Jahres hat Sigurd Höllinger den Chefsessel im Wirtschaftsforschungsinstitut übernommen. Interimistisch.
Höllinger wird ein völlig umstrukturiertes Institut hinterlassen: Weil die finanzielle Situation des IHS schon länger sehr zu wünschen übrig lässt, wird drastisch gespart. Der international renommierte postgraduale Lehrgang wird abgeschafft, die Abteilung Ökonomie aufgelassen. Unter Ökonomen wird das alles heftig kritisiert.
Manche befürchten auch, dass etliche Experten das IHS verlassen werden. Nicht zuletzt deshalb braucht es eine probate Führungskraft.
Schon lang wird Christoph Badelt für diesen Job gehandelt. Und tatsächlich spricht auch vieles für ihn: Er hat einen guten Ruf als Ökonom. Er hat während der 13 Jahre an der WU exzellente Managementqualitäten bewiesen. Und er kann – bitte schön, so etwas ist in Österreich wichtig – sowohl mit Rot als auch mit Schwarz. Auch nicht ganz unbedeutend: Badelt würde den Job am IHS auch durchaus gern machen: „Der Job am IHS ist für mich sehr interessant, weil das Institut meinem wissenschaftlichen Hintergrund gut entspricht“, sagt er der „Presse“. Fügt aber gleich hinzu: „Es hat aber keine Kontakte in dieser Frage gegeben. Ich kann daher nicht einschätzen, ob wir zusammenkommen würden.“
Dem Mann kann geholfen werden: Nach jetzigem Stand der Dinge wird er gar nicht gefragt werden. Möglicherweise hat das damit zu tun, dass Badelt ab sofort ein Jahr „berufliche Auszeit“ machen möchte, also erst ab Herbst 2016 zur Verfügung stünde. Garantiert hat das aber damit zu tun, dass sich das Finanzministerium – wichtigster IHS-Finanzier– schon längst auf einen Kandidaten festgelegt hat: auf Gottfried Haber nämlich.
Der junge Professor an der Donau-Universität Krems ist der politisch und wirtschaftlich interessierten Öffentlichkeit längst bekannt: Haber ist ausgesprochen eloquent und daher beliebter Interviewpartner bei Funk und Fernsehen.
So viel Popularität kann selbstverständlich nicht ignoriert werden und so hat die ÖVP mit Haber offenbar Großes vor: Wird da ein künftiger Finanzminister aufgebaut?

Tatsache ist, dass Gottfried Haber schon vor einem Jahr beinahe ÖVP-Finanzminister geworden wäre – Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll war da sehr dahinter. Es wurde dann doch Hans Jörg Schelling. Aber das hat noch lang nichts zu sagen. Haber ist ja noch jung, Ende des Jahres wird er 43.
Die ÖVP hat es sich zum Ziel gesetzt, der Partei ein junges frisches Gesicht zu geben. Nach Sebastian Kurz (Außenminister) und Harald Mahrer (Staatssekretär) passt also Gottfried Haber wunderbar ins Konzept. Zumal er weiterhin größtmögliche Unterstützung von Erwin Pröll bekommt und mit Harald Mahrer eng befreundet ist.
Seit 2013 ist Haber Mitglied des Generalrats der Nationalbank sowie Vizepräsident des Fiskalrats. Zwei durchaus reputierliche Funktionen. In der ÖVP schwärmt schon manch einer von Gottfried Haber als „nächstem Bernhard Felderer“. Zur Erinnerung: Felderer war lange Zeit Chef des IHS, Berater von Kanzler Wolfgang Schüssel, OeNB-Generalrat und ist derzeit Präsident des Fiskalrates. Da gibt es eindeutig zu viele Parallelen, um von einem Zufall zu sprechen. Haber muss also nur mehr IHS-Chef werden.
Er selbst gibt sich zu dem Thema denkbar zugeknöpft: „Für mich ist das derzeit (!) keine Option, über die ich nachdenke“, sagt er. Und er spricht sich für eine transparente Ausschreibung des Postens aus – statt über Kandidaten zu spekulieren.
Wir werden sehen. Ob Haber oder Badelt – der neue IHS-Chef wird jedenfalls alle Hände voll zu tun haben: Das altehrwürdige Institut hat im Lauf des Jahres massiv an Reputation verloren.
Zum Beispiel im vergangenen Mai: Da wurde eine IHS-Studie publiziert, die die Steuerreform über den grünen Klee lobte. Die heiklen Themen Gegenfinanzierung sowie kalte Progression wurden erst gar nicht erwähnt. Um sich das Wohlwollen der Regierungsparteien zu sichern? Beispiel zwei ereignete sich im Sommer: Da hatte der Thinktank Agenda Austria mit einer Studie hohe Wellen geschlagen. Ihr Sukkus: Ältere Arbeitnehmer sollten geringere Löhne als derzeit üblich bekommen, um die Arbeitslosigkeit höherer Altersgruppen zu verringern. SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer wollte das nicht auf sich sitzen lassen und lud zu einer Pressekonferenz, um zu kontern. Mit dabei: zwei IHS-Experten, die Hundstorfers Thesen unterstützten. Seltsam nur, dass just einer dieser Experten zuletzt eine völlig konträre Meinung vertreten hatte.
Gegen politische Vereinnahmungen dieser Art wird sich der neue IHS-Chef wehren müssen. Ob das gelingt? Als neuer IHS-Generalsekretär – zuständig für Kaufmännisches – ist gerüchteweise Ralf Böckle im Gespräch. Er war einst Kabinettschef von ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer.

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