Hemetsberger: Der "rote Willi" und sein Gespür fürs Geschäft

Willi Hemetsberger
Willi Hemetsberger(c) Michaela Bruckberger
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Willi Hemetsberger, "bunter Hund" der Finanzbranche, hat vor einem Jahr seinen hoch dotierten Job als Bank-Austria-Vorstand sausen lassen. Jetzt macht er sich selbstständig: Er hilft Großanlegern aus der Patsche.

Die Frage ist die: Wie verhält sich ein angehender 51-Jähriger, der sich gerade in der Finanzbranche selbstständig macht? Willi Hemetsberger weiß nicht so recht. Ob er jetzt auf seriös, sprich: langweilig, tun soll – wie einige Freunde ihm raten? Oder einfach nur der Alte sein? Sehr schwierig.

Eines ist aber schon einmal klar: So rotzfrech wie früher lässt er sich nicht mehr fotografieren. Das war ja auch in den Neunzigerjahren, und die Zeiten waren ganz anders: Die Börsen boomten, und die erfolgreichen, jungen, goscherten Aktienhändler waren die Stars der Wirtschaft. Hemetsberger war natürlich einer von ihnen. So gesehen war es nur logisch, dass er sich von den Zeitungen im Trading room ablichten ließ, Füße auf dem Schreibtisch, Telefonhörer in der einen Hand, Tschick in der anderen.

Das macht er jetzt definitiv nicht. Heute ist ja alles auch ganz anders: An den Börsen ist die große Unbefangenheit längst Geschichte – und Hemetsberger hat eine fulminante Karriere hinter sich. Vor einem Jahr hat er alldem den Rücken gekehrt. „Das hat einfach müde gemacht“, sagt er. Doch jetzt ist er wieder da: Er macht sich selbstständig.

Seine neue Firma managt Portfolios für institutionelle Anleger. Wohlgemerkt: Investments, die schon vor längerer Zeit eingegangen wurden, „die sich aber anders als erwünscht entwickelt haben“, wie Hemetsberger diplomatisch erklärt. Hemetsberger und sein Team analysieren dann die bisherige Anlagestrategie des Kunden, restrukturieren und versuchen, „das Beste daraus zu machen“.

Der Finanzkrise sei gedankt – Hemetsberger kann sich über Kundenmangel echt nicht beklagen. „Zehn bis zwölf“ österreichische und deutsche Firmen sollen es schon sein. In Österreich beispielsweise versucht Hemetsberger gerade, das Spekulationsdebakel bei den ÖBB irgendwie geradezubiegen. Und der Krise ist es wohl auch zu verdanken, dass er so überhaupt kein Problem hatte, „tolle Experten“ von Barclays, Credit Suisse, JP Morgan oder UniCredit als Mitarbeiter abzuwerben. 20Leute hat er bereits in seiner Mannschaft.

Weil das Geld gerade jetzt auf der Straße liegt, musste das mit der neuen Firma auch ganz besonders schnell gehen. „Bei einer Neugründung hätte ich länger auf die Lizenzvergabe durch die Finanzmarktaufsicht warten müssen“, sagt Hemetsberger. Also kaufte er kurzerhand eine in dem Bereich tätige Firma von Private-Equity-Unternehmer Michael Tojner. „Das war der schnellste Weg, für Kunden liefern zu können“, sagt Hemetsberger.

Jetzt muss die Firma nur mehr umgetauft werden. Sie wird „Ithuba Capital“ heißen – und die Geschichte dieses Namens passt wieder ganz gut zum „alten“ Willi Hemetsberger: Als er im vergangenen September seinen 50.Geburtstag feierte, schenkte ihm seine große Freundeschar die finanzielle Initialzündung für ein Schulprojekt in Südafrika. Mit Hemetsbergers Unterstützung wird das „Ithuba Skills College“ nächstes Jahr fertig sein. „Ithuba“ ist Zulu und heißt „Gelegenheit“. Das passt auch gut zu Hemetsbergers neuer Firma. Der Investmentbanker wird für den Namen Lizenzgebühren an die Schule überweisen.

„Be smart, do good“ wird denn auch das Motto seiner Firma sein – und das beschreibt den Neounternehmer auch ganz gut. Eine ausgeprägte soziale Ader hatte Hemetsberger immer schon.

Eigentlich hat er in seine Branche nie so wirklich „hineingepasst“. Er sei „ein bunter Hund“, sagen die anderen über ihn – unkonventionell, vorlaut. Vor allem aber ein politischer Querkopf.

Das war immer schon Willi Hemetsbergers Trademark, und daher steht er auch gerne dazu. Als ORF-Journalist Raimund Löw vor einigen Jahren das Buch „Die Fantasie und die Macht. 1968 und danach“ herausgab, lieferte Hemetsberger gerne einen Beitrag über seine ultralinke Vergangenheit. Dort schrieb der „rote Willi“, wie er auch wegen seiner einst feuerroten Mähne genannt wird, etwa über seine Zeit als Schüler – als er sich „bereitwillig von Genossen der überalterten und unübersehbar isolierten KPÖ-Sektion im oberösterreichischen Vöcklabruck unter die Fittiche nehmen“ ließ. Später, auf der Uni, war er Aktivist beim „Roten Börsenkrach“.

Umso erstaunlicher die durch und durch kapitalistisch geprägte Karriere, die Hemetsberger später machte: Begonnen hat er in der Girozentrale, wo er zuletzt Leiter der Abteilung Aktienhandel und Sales war. 1994 wechselte er zu Citibank, London, als Leiter des Bereichs Aktienderivate in Emerging Markets. 1998 holte ihn Bank-Austria-General Gerhard Randa als Chef in die CA IB Investmentbank BankAustria. 2001 wurde er Vorstand in der Bank Austria, zuständig für Aktien- und Anleihehandel. Die Bank hat er vor einem Jahr verlassen.

Die Karriere hat ihn wohl politisch einigermaßen „domestiziert“ – gar so radikal sieht er die Dinge offensichtlich nicht mehr, geblieben ist die Sympathie zur SPÖ. Als sein Studienkollege Alfred Gusenbauer noch Bundeskanzler war, bestritt Hemetsberger mit ihm eine Pressekonferenz zum Thema „Finanzkrise“. Heute gibt es zwischen den beiden beruflich „eine lose Zusammenarbeit“: Gusenbauer hat sich ja mit der „Gusenbauer Projektentwicklungs- und Beteiligungs GmbH“ selbstständig gemacht. Und Hemetsberger nimmt dessen Hilfe gerne in Anspruch, „wenn ich zum Beispiel Termine bei Politikern in Osteuropa brauche“.

Er ist also wieder voll im Geschäft, obwohl er sich eigentlich zwei Jahre Auszeit nehmen wollte. Die Zeit bei der UniCredit, „die war schon lustig“, sagt er zwar, aber halt auch ziemlich aufreibend. Im Sommer 2007 etwa, „da haben wir schon gemerkt, dass auf den Finanzmärkten etwas explodiert“, da hat er im Urlaub „täglich zwei Akkus vertelefoniert“. Damals ist er auch zum Entschluss gekommen auszusteigen.

Gerade rechtzeitig, unken viele in der Branche. Er wiederum sagt: „Hätte ich damals gewusst, wie schlimm die Krise wird, wäre ich wahrscheinlich geblieben. Weil das ist echt spannend.“

Über einen Mangel an Spannung wird er jetzt, als Selbstständiger, wohl auch nicht klagen können. Mit dem Unterschied, dass er nicht mehr „täglich im Flieger“ sitzt und nicht mehr an den öden Meetings teilnehmen muss. „Aktienhandel und Deal-Making haben mir immer am meisten Spaß gemacht“, sagt Hemetsberger.

In seinem Beitrag zum „68er“-Buch liest sich das so: Da fragt sich Hemetsberger: „Was treibt mich in diesem Spiel?“ Seine Antwort: „Einsatz und Belohnung müssen für mich erkennbar nahe beieinanderliegen.“

Ob die KPÖ Vöcklabruck das auch so sieht?

Zur Person

Willi Hemetsberger, Jahrgang 1958, gilt in der Finanzbranche ob seiner politisch tiefroten Vergangenheit als bunter Hund. Seiner Karriere hat das nicht geschadet: Zuletzt war er Bank-Austria-Vorstand. Vor einem
Jahr ist Hemetsberger ausgestiegen, jetzt macht er sich selbstständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2009)

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