Finanzministerium: Eine Dompteurin fürs Budget

Helga BERGER, Rechnungshof
Helga BERGER, Rechnungshof (c) Robert Newald / picturedesk.com (Robert Newald)
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Demnächst wird Finanzminister Hans Jörg Schelling entscheiden, wer die mächtige Budgetsektion in seinem Ressort leiten wird. Es sieht so aus, als würde es erstmals eine Frau sein.

In seiner (kurzen) Zeit als Finanzminister war Michael Spindelegger Niederlagen ja einigermaßen gewohnt. Jene vom Februar 2014 war aber besonders gravierend: Da kam ihm der langjährige Chef der Budgetsektion, Gerhard Steger, abhanden. Und zwar ganz plötzlich, mitten in der Budgeterstellung. Steger wechselte in den Rechnungshof, als Chefkontrollor für den Finanzbereich und die Banken.
Für Spindelegger waren das ganz üble Nachrichten. Das Finanzministerium war zu dem Zeitpunkt schon ziemlich angeschlagen: Unter Vorgängerin Maria Fekter hatten viele Topleute des Hauses das Weite gesucht. Doch Gerhard Steger war ein ganz besonderer Fall: Er war so etwas wie ein Urgestein im Finanzministerium. 33 Jahre lang hatte er dort gearbeitet, die Hälfte davon als Herr über das österreichische Budget. Und er war, so wird erzählt, nicht gerade der große Teamplayer – das Budget war quasi ausschließlich seine Sache. Keine Frage: Mit dem Verlust des mächtigen und versierten Sektionschefs war das Ministerium gleichsam waidwund.

Stegers Job übernahm dann sein langjähriger Stellvertreter Manfred Lödl. Wobei klar war: Eine dauerhafte Lösung kann das nicht sein, Lödl ist mittlerweile 64 Jahre alt. Und so wurde der Job erst kürzlich, Mitte Oktober, neu ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist ist vor wenigen Tagen zu Ende gegangen.

Jetzt wird es also spannend: Immerhin ist der Posten der mächtigste und wichtigste, den das Ministerium auf Beamtenebene zu vergeben hat. Für wen wird sich Finanzminister Hans Jörg Schelling entscheiden?

Die Gerüchteküche brodelt, seitdem die Ausschreibung veröffentlicht wurde. Auffallend ist jedenfalls, dass in dieser größter Wert auf einschlägige Berufserfahrung „auf EU-Ebene“ gelegt wird. Prompt machte das Gerücht die Runde, Margit Spindelegger werde den Job bekommen. Die Frau des Ex-Finanzministers ist ja seit vergangenem Jahr beim Europäischen Rechnungshof in Luxemburg. Doch mehr als ein Gerücht ist die Rochade nicht.
Vielmehr war die Ausschreibung für den Job des Sektionschefs sehr auf Thomas Wieser zugeschnitten. Wieser war einst Sektionschef im Finanzministerium, „flüchtete“ 2012 allerdings vor Ressortchefin Maria Fekter in Richtung Brüssel. Dort ist er Chef-Koordinator der Euro-Gruppe. Und er ist als Experte überaus angesehen. Große Überraschung: Er hat derzeit kein Interesse, nach Wien zurückzukehren.

Trotzdem wird Schelling Ende des Monats eine Entscheidung treffen müssen. Und da kristallisieren sich zwei Varianten heraus. Die eine Variante lautet: Herbert Kasser wird Sektionschef. Der ist seit 2007 Generalsekretär im Infrastrukturministerium. Davor war er Abteilungsleiter im Finanzministerium – in der Budgetsektion. Im Ministerium Schellings gibt es einige Befürworter Kassers – ob der allerdings tatsächlich wechseln will, ist eine andere Frage.

Die andere Variante geht so: Helga Berger bekommt den Job. Sie ist seit Jahren Sektionschefin im Rechnungshof und damit enge und wichtige Mitarbeiterin des blauen Rechnungshof-Präsidenten Josef Moser. Davor war sie Kabinettschefin von FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer.

Letzter Stand: Die Variante Helga Berger ist die wahrscheinlichste. Jedenfalls wird dies bereits im Rechnungshof munter hinter vorgehaltener Hand erzählt – Berger werde ins Finanzministerium übersiedeln, heißt es.
Der Budgetsprecher der Grünen, Bruno Rossmann, wundert sich zwar darüber, dass „Rechnungshof-Mitarbeiter so hoch im Kurs stehen für wichtige Funktionen im Finanzministerium“. Doch gar so ein Wunder ist das nicht. Vielmehr ergäbe die Sache durchaus Sinn. Fachlich und politisch.

Zunächst einmal ist es so, dass Josef Mosers Amtszeit als Rechnungshof-Chef 2016 endet. Gerhard Steger wird als sein Nachfolger gehandelt – weil er bei allen politischen Parteien höchstes Ansehen genießt.
Doch er kommt aus der roten Reichshälfte. Man muss also schon viel Fantasie haben, um sich eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Steger und Helga Berger vorstellen zu können. Schicksalshafterweise gibt es so etwas wie eine Achse zwischen ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, dessen Generalsekretär Peter McDonald und Josef Moser. Das schadet Helga Berger natürlich auch keineswegs.

Somit hätte also auch Hans Jörg Schelling – der ansonsten stark auf Distanz zur FPÖ geht – nichts gegen Helga Berger als wichtige Sektionschefin. Zumal er als Signal der Modernität erstmals eine Sektionschefin im Finanzministerium präsentieren könnte.
Und Berger passt auch von der Qualifikation total ins Bild: Sie hat politische und fachliche Erfahrung. Wenngleich es bei ihr ein wenig an der in der Ausschreibung verlangten „Berufserfahrung auf EU-Ebene“ hapert.

Dafür gilt sie als ausgesprochen tough. Genau das, was Schelling braucht, um frischen Wind in die Budgetsektion zu bringen – und den anderen Ministerien bei den Budgetverhandlungen Paroli bieten zu können.
Außerdem: Der derzeitige Sektionschef Manfred Lödl wird zwar Ende des Monats in Pension gehen. Er wird aber einen Konsulentenvertrag bekommen und also dem Haus – und seiner Nachfolgerin – mit seiner Expertise eine Zeitlang erhalten bleiben.

Dieser Tage wird Schelling seine Entscheidung über die Zukunft der Budgetsektion verkünden. Zeit wird's: Die Budgeterstellung für 2017 steht bereits an.

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