Schellings „Firma“, das XXXFinanzministerium

MINISTERRAT: SCHELLING (�VP)
MINISTERRAT: SCHELLING (�VP)(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Hans Jörg Schelling führt sein Ressort wie eine Firma. Es gibt Projektmanagement, Evaluierung – und Sparpotenzial.

Sein erstes Kalenderjahr als Finanzminister geht dem Ende zu. Es war ein anstrengendes, ereignisreiches Jahr für Hans Jörg Schelling. Lichtblicke? Fragen wir besser nicht.
Spannender ist ohnehin die Frage, wie sich Schelling als Finanzminister denn so tut. Wohl kaum ein Regierungsmitglied ist mit so viel Vorschusslorbeeren bedacht worden wie er. „Endlich ein Manager an der Spitze des Finanzministeriums,“ tönte es von allen Seiten, nachdem Schelling am 1. September 2014 den Job übernommen hatte. Er war ja einst Chef der Möbelkette XXXLutz.

Die Monate gingen ins Land, und irgendwie kam es zu einer gewissen Ernüchterung. Die Begeisterung über die Steuerreform ist jedenfalls endenwollend, auch in der eigenen Partei. Sein Plan, die Casinos Austria voll zu verstaatlichen und hernach an die Börse zu bringen, ist gescheitert. Bei der von ihm betriebenen Finanztransaktionssteuer geht auch nicht wirklich viel weiter. Und: Zuhören sei auch nicht gerade Schellings Stärke, heißt es immer wieder.

Was also ist vom „Wunderwuzzi“ Schelling geblieben?
Sagen wir es so: Im eigenen Haus, im Finanzministerium, wird Schelling seinem (guten) Ruf durchaus gerecht. Dort kann er ja auch allein Regie führen. Sprich: Da redet ihm inner- und außerhalb der Partei niemand drein.
Schelling, so wird im Finanzministerium erzählt, agiert in seinem Ressort als „Mann der Wirtschaft“. Heißt: Er führt sein Ressort wie ein Unternehmen. Was darf man sich darunter vorstellen? Antwort: Im „Unternehmen Finanzministerium“ herrscht straffes Projektmanagement.

Das hat Schelling schon mit seinem Amtsantritt eingeführt: Sämtliche Projekte werden minuziös schriftlich festgehalten – vor allem aber: ihr Fortschritt wird wöchentlich evaluiert. „Es gibt kein Projekt, das kein genau definiertes Ziel hat“, lautet das Credo. Rund 130 Seiten dick ist dieser Projektfahrplan, Schelling studiert ihn gewöhnlich im Auto bei der Heimfahrt nach St. Pölten.
Ein Projekt, das Schelling besonders am Herzen liegt, ist bereits voll im Plan: Die „Firma Finanzministerium“ wird gerade auf Vordermann gebracht. Zeit wird's. Denn unter seinen Vorgängern wurde vieles liegen gelassen – nicht nur das Problem Hypo. Und Experten liefen dem einst prestigeträchtigen Ministerium scharenweise davon.

Schelling hat für sein Projektmanagement zunächst einmal personalpolitische Weichen gestellt: Vor wenigen Monaten wurde Eduard Müller als Präsidialchef ins Ministerium zurückgeholt – Müller war seinerzeit unter Finanzministerin Maria Fekter gegangen und zum Linde-Verlag gewechselt.
Als Präsidialchef wird Müller die Transformation der Organisation wesentlich mitgestalten. Er wird auch demnächst eine/n Abteilungsleiter/in zur Seite gestellt bekommen, der/die ausschließlich für das ressortübergreifende Projektmanagement zuständig ist.
Ein großes, ressortinternes Projekt ist bereits in die Wege geleitet worden: Sämtliche in den vergangenen Jahrzehnten vom Finanzministerium ausgegliederten Unternehmen werden einem Effizienztest unterzogen.

Agenden wie Beschaffungswesen oder Buchhaltung waren ja seinerzeit aus budgetären Gründen ausgegliedert worden. Heute sind die Bundesbeschaffungsgesellschaft, die Buchhaltungsagentur, das Bundesrechenzentrum, die Bundesfinanzierungsagentur oder die Bundespensionskasse (um nur einige zu nennen) das Ergebnis dieser Herauslösung. Ob sie aber wirtschaftlich auch tatsächlich optimal dastehen, wurde niemals eruiert.
Schelling soll darob einigermaßen konsterniert sein – in der Wirtschaft sind ja ständige Evaluierungen durchaus üblich. In der Politik hingegen gibt man sich mit der Schlagzeile zufrieden. Was danach passiert, juckt niemanden.

Eine erste Evaluierung der Strukturen und Kosten der ausgegliederten Gesellschaften brachte jedenfalls schon Erfreuliches zutage: Einsparungspotenzial in zweistelliger Millionenhöhe wurde bereits geortet. Beim Personal, bei strukturellen Doppelgleisigkeiten.
Zuständig für die Analyse der ausgegliederten Einheiten ist Hannes Hofer. Er war im Sommer als Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft verabschiedet worden. Eine höchst elegante Lösung für Schelling: Den Job bei der Bundesbeschaffung bekam nämlich der langjährige Präsidialchef im Finanzministerium, Gerhard Zotter. Ein ehemaliger Gendarm, den weiland Maria Fekter zur Karriere verholfen hatte.
Hannes Hofer wurde stattdessen Chef der Monopolverwaltung. Eine eindeutige Aufwertung: Hofer gilt als zentrale Drehscheibe zwischen Finanzministerium und ausgegliederten Unternehmen.

Hofer hat auch ein wachsames Auge auf die Staatsholding ÖBIB. Dort ist Martha Oberndorfer seit Juni Chefin. Und es gibt einiges zu tun: Die 16 Mitarbeiter werden erstaunlicherweise nach dem Bergbau-Kollektivvertrag entlohnt – offenbar ein Relikt aus alten Verstaatlichtenzeiten. Das führt dazu, dass sie (je nach Job) um hundert bis 200 Prozent über dem Branchendurchschnitt bezahlt werden.
Bisher sind bereits fünf (!) Bereichsleiter (allesamt mit Prokura) gekündigt worden – ihre finanziellen Ansprüche laufen allerdings noch bis Mitte 2016. Oberndorfer selbst verdient dem Vernehmen nach 240.000 Euro im Jahr, weniger als die Hälfte ihres Vorgängers.

Hannes Hofer hat also jede Menge zu tun. Und es wird tendenziell nicht weniger werden: Da Schelling via ÖBIB 33 Prozent an den Casinos Austria erworben hat, wird der Finanzminister im ersten Quartal 2016 einen Gesetzesentwurf einbringen. Dessen Inhalt: Die Aufsicht über das österreichische Glücksspiel soll in Hinkunft nicht mehr dem Finanzministerium obliegen. Weil dies unvereinbar ist mit der Tatsache, dass die ÖBIB selbst Anteilseigner an den Casinos Austria ist. Die Aufsicht soll an die (weisungsfreie) Monopolverwaltung des Hannes Hofer übertragen werden, wie Schelling der „Presse“ erklärt.

Schelling gibt also offiziell Macht ab – sie bleibt aber in seinem Umfeld. Womit klar ist: Den Politiker Schelling gibt es schon auch.

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