Die Macht des Netzwerks

Andreas Zakostelsky
Andreas Zakostelsky (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Andreas Zakostelsky ist ÖVP-Finanzsprecher, Kammerfunktionär und bald Chef der größten Pensionskasse. Die Hintergründe seiner rasanten Karriere sind nicht unumstritten.

Oft ist die Brisanz einer Nachricht auf den ersten Blick nicht erkennbar. Und so kam es, dass eine Meldung der Austria Presseagentur vom 15. Jänner von den Printmedien nicht entsprechend honoriert wurde. Der Titel „ÖVP-Finanzsprecher Zakostelsky ab April neuer Chef der VBV-Gruppe“ war offenbar keinem von ihnen eine Schlagzeile wert.

Das liegt vermutlich daran, dass zur besagten VBV-Gruppe zwar Österreichs größte Pensionskasse sowie die größte Vorsorgekasse gehören, aber – Hand aufs Herz – für Journalisten gibt es spannendere Storys.
Grobe Fehleinschätzung! Die Sache ist tatsächlich überaus spannend. Und das liegt an der Person des VBV-Generaldirektors in spe.

Das ist Andreas Zakostelsky. Der politisch interessierten Öffentlichkeit ist er spätestens seit dem Juni 2013 bekannt. Damals präsentierte ein gewisser Michael Spindelegger, zu der Zeit ÖVP-Chef, seine nigelnagelneue Bundesliste für die anstehende Nationalratswahl. Diese Liste barg viele Überraschungen – jedenfalls errangen einige Quereinsteiger „aus der Wirtschaft“ Spitzenplätze. Auf Platz sechs: Andreas Zakostelsky.

Mit dem tollen Listenplatz schaffte er es natürlich anstandslos in den Nationalrat. Und damit gelang seiner „Marke“ ein beachtlicher Höhenflug: Zakostelsky wurde Finanzsprecher der ÖVP, Obmann des Finanzausschusses im Nationalrat und war auch via Presseaussendungen sehr fleißig. Mal schrieb er: „Michael Spindelegger bereitet den Weg zum Nulldefizit“, mal schwärmte er: „Spindelegger hat im blauen Hypo-Debakel eine klare Entscheidung getroffen.“

Über die Akkuratesse dieser Meldungen lässt sich trefflich streiten, aber darum geht es an dieser Stelle gar nicht. Sondern darum zu illustrieren, wie nahe Zakostelsky und Spindelegger einander standen. Die Mitgliedschaft im Cartellverband verbindet halt. Und somit war es für Finanzminister Spindelegger überhaupt keine Frage, wen er als Experten in die Steuerreformkommission schicken würde. Erraten: Andreas Zakostelsky. Der Mann saß also in Windeseile an den Schalthebeln der Macht.
Ein Leben abseits der Politik hatte er freilich schon damals: Seit 2010 ist er Obmann des Pensionskassenfachverbandes. Und seit 2008 Chef der zu Raiffeisen gehörenden Valida-Holding – wie die VBV eine der Größen im Bereich betrieblicher Altersvorsorge.
Genau hier beginnt die Sache wirklich lustig zu werden: Anfang 2015 wurde Zakostelsky nämlich als Valida-Chef abgelöst. Er bekam einen Vertrag als Sonderbeauftragter des Unternehmens. Finanziell sollte ihm das nicht zum Nachteil gereichen: Zakostelsky gehört immer noch zum illustren Kreis jener Nationalratsabgeordneten, deren Nebenverdienst die Schwelle von 10.000 Euro pro Monat überschreitet.

Aber es ging bei seiner Ablöse ja auch um ein ganz anderes Thema: Zakostelsky habe seine operative Funktion bei Valida abgegeben, so hieß es offiziell, weil die Dreifachbelastung einfach zu groß sei. Politik, Fachverband und Konzernführung – das sei einfach zu viel des Guten.

Klingt einleuchtend. Dann aber stellt sich die Frage: Wieso kann Zakostelsky per 1. April Chef der noch größeren VBV werden? Gibt's da keine Dreifachbelastung?
Er selbst löst das Rätsel im Gespräch mit der „Presse“ so: „Es gibt manchmal berufliche Angebote, die so attraktiv sind, dass man nicht Nein sagen kann.“ Was natürlich jeder einsehen wird.

Trotzdem ist das nur die halbe Wahrheit. Fakt ist, dass der Grandseigneur der Wiener Städtischen Versicherung, Günter Geyer, ganz wild darauf war, dass Zakostelsky in den Chefsessel der VBV, an der die Wiener Städtische beteiligt ist, gelangt. Das hat wohl rein machtpolitische Gründe. Denn parteipolitisch kommen die beiden aus verschiedenen Welten – der eine (Geyer) aus der roten, der andere (Zakostelsky) aus der schwarzen. Doch parteipolitische Animositäten zählen offenbar nicht, wenn es um Macht geht. Und Zakostelsky ist eben ein höchst machtbewusster Mensch. Fachverband, ÖVP, Nationalrat, Raiffeisen – der Mann versteht zweifellos die hohe Kunst des Netzwerkens.

Fakt ist außerdem, dass Zakostelsky bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der Valida, nicht ganz unumstritten ist – um das einmal höflich zu formulieren. Schon 2014 drängte Valida-Aktionär Uniqa auf eine Ablöse Zakostelskys als Vorstand. Er, der ein sehr gutes Verhältnis zu Raiffeisen-Boss Walter Rothensteiner hat, durfte bleiben. Die diskrete Devise: Sich eines Mannes zu entledigen, der in der ÖVP gut angeschrieben ist – schlicht undenkbar.
Anfang 2015 eskalierte die Sache allerdings vollends: Zakostelsky, so wird in Eigentümerkreisen erzählt, war mit seinen Ko-Vorständen heillos zerstritten. Und diese sollen mit einer Strafanzeige gegen ihn gedroht haben, weil er Vertragsmodalitäten mit einem Manager im Alleingang vereinbart haben soll. Sie forderten ultimativ Zakostelskys Ablöse.

Es folgten Gutachten und Gegengutachten. Und eine salomonische Lösung: Zakostelsky sollte auf sein Vorstandsmandat verzichten. Er wurde stattdessen Sonderbeauftragter – mit Prokura, weil er sonst nicht seine Funktion als Obmann des Pensionskassenfachverbandes hätte ausüben können.
Zakostelsky bestreitet all diese Ereignisse im Gespräch mit der „Presse“ vehement: Mit Valida-Aktionär Uniqa hätte es nie Probleme gegeben, sagt er. Und bei den umstrittenen Vorgängen rund um die Bestellung eines Managers habe es Organbeschlüsse gegeben.

Trotzdem ist klar: Im Reich des Grünen Riesen Raiffeisen und vor allem bei der Valida sind viele erleichtert, das Thema Zakostelsky ein für alle Mal vom Tisch zu haben. Sagen wir es so: Beliebtheitswettbewerbe hätte der Manager dort keine gewonnen. Dazu ist er wohl zu konfliktfreudig. Und zu machtbewusst.

Tatsächlich scheinen Konflikte und Machtdemonstrationen seine ständigen Begleiter zu sein. Sogar beim Verein der Steiermärker in Wien, dessen Obmann er ist. Eine an sich spaßige Sache, würde man meinen. Doch Ende 2013 kam es dort zum großen Showdown: Mitglieder warfen Zakostelsky vor, Daten von Vereinsmitgliedern für seine Wahlwerbung missbraucht zu haben. Der berief daraufhin eine Generalversammlung ein, bei der Erzählungen zufolge Security anwesend war. Zakostelsky wurde als Obmann bestätigt.

Ein Mann mit einer bunten Geschichte also. Kein Wunder, dass bei VBV-Mitarbeitern aller erdenklichen Hierarchieebenen die Alarmglocken schrillten, als die Kunde vom neuen Chef die Runde machte.
Doch die Dinge nehmen ihren geplanten Lauf. Wir alle lernen daraus, dass in vielen arglosen Meldungen eine schöne Story steckt. Und dass sich für politisch gut vernetzte Personen bei aller Unbill hierzulande immer noch ein feiner Job findet.

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