Von der ÖVP ins Schnitzelhaus: Die andere Seite der Politik

Herbert Paierl
Herbert Paierl(c) Jeff Mangione / picturedesk.com
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Selten ist ein Mann für so viele politische Topjobs gehandelt und wieder fallen gelassen worden wie Herbert Paierl. Jetzt macht er Schnitzelhäuser. Mit 64.

Er ist in einem Alter, in dem die meisten entweder in Pension sind – oder zumindest Pläne dafür schmieden. Herbert Paierl wird im Mai 64 Jahre alt. Doch von Ruhestand ist bei ihm keine Rede. Erst in den vergangenen Monaten hat er gleich zwei Unternehmen gegründet. „Ich bekomme keine Politikerpension“, sagt Paierl. „Das hält frisch.“

Stichwort Politik: Herbert Paierl galt lange Zeit als Zukunftshoffnung der ÖVP. Das lag einerseits daran, dass er das politische Einmaleins quasi von der Pike auf gelernt hat: Paierl war einst Mitarbeiter, dann Kabinettschef des steirischen Landeshauptmanns Josef Krainer. Später wurde er Vorstand des steirischen Energieversorgers Steweag – auch nicht gerade ein unpolitischer Job. Bester Beweis dafür: In der Folge wurde er mit dem Job des steirischen Wirtschafts- und Landesrats unter Waltraud Klasnic betraut.

Das mit der Zukunftshoffnung rührte andererseits aber auch daher, dass Paierl als Politiker durchaus für wirtschaftspolitisch frischen Wind sorgte: Der steirische Autocluster rund um den Kfz-Zulieferer Magna etwa ist auf Paierls Initiative zurückzuführen. Detto der steirische Holzcluster.

Lang ist's her, wir schreiben das Jahr 2016: Herbert Paierl hat vor Kurzem die Panther Gastro GmbH gegründet und im vergangenen Jänner – gemeinsam mit seinem Bruder – im steirischen Leibnitz sein erstes Schnitzelhaus in einem Einkaufszentrum eröffnet. Unter dem Motto „Back to the roots“, wie er lachend erzählt – seine Eltern hatten seinerzeit ein Gasthaus. Das Leibnitzer Restaurant gilt quasi als Pilotprojekt. Paierl sondiert in der Steiermark gerade Lagen für weitere Restaurants.

Die Sache ist natürlich nicht annähernd so glamourös wie die Politik oder wie Managementjobs, die Paierl in der Vergangenheit hatte. Er war in Kanada für den Magna-Konzern von Frank Stronach tätig. Er war Chef des Mittelstandfinanciers UIAG. Er war Vorstand des Garnherstellers Borckenstein.

Doch die Dinge sind nun einmal so, wie sie sind. Und Paierl glaubt fest an den Erfolg des Schnitzelhauses. Die Systemgastronomiekette wurde immerhin im September 2014 mit 38 Standorten von Christian Wimmer übernommen. Auch nicht irgendjemand: Wimmer war einst Chef von McDonald's Österreich. Schnitzelhaus wird im Franchisesystem geführt, Paierl ist nunmehr Franchisenehmer.

Und er bekommt mit einem Mal die andere Seite der Politik voll zu spüren. Neben der Gastronomie ist Paierl nämlich auch im Bereich Hotellerie tätig. Einerseits sitzt er in der Geschäftsführung des Thermenhotels seines Bruders in Bad Waltersdorf. Andererseits will er über seine ebenfalls neu gegründete PHIG Holding bei der Entwicklung von Hotelprojekten ins Geschäft kommen. Hotels und Gastronomie – das sind zwei Branchen, die von der jüngsten Steuerreform und von allerlei neuen Bestimmungen (Registrierkassenpflicht, Barrierefreiheit, Rauchverbot) voll getroffen werden. „Das sind Dienstleistungsbereiche, die nicht ins Ausland flüchten können“, sagt Paierl. „Da spüre ich täglich, wie schwierig es ist zu überleben.“

Herbert Paierl – einst Politiker, dann Manager – hat also die harte Tour gewählt. Nicht ganz freiwillig. Aus anderen Optionen ist eben nichts geworden. Im Klartext: Es gibt kaum jemanden im Lande, der so oft für politische Spitzenpositionen genannt – und postwendend so brüsk fallen gelassen wurde wie Herbert Paierl.
Ob er von der Politik enttäuscht ist? Nein, sagt Paierl. Wenn's nur wahr ist. Vielleicht ist er auch nur in gewisser Weise abgebrüht. Denn Paierls Erfahrungen vor allem mit seiner ÖVP waren nicht die besten. Und sie führten letztlich auch dazu, dass er vor einem Jahr seine Parteimitgliedschaft zurücklegte. Er bezeichnete es damals weniger als Affekthandlung denn als Endpunkt einer Entfremdung. „Es ist, als würde ein Nicht-Kirchengänger aus der Kirche austreten.“

Den Affekt hätte ihm jedenfalls keiner verübeln können.
Zum Beispiel nach den Ereignissen im Jahre 2008. Frischgebackener ÖVP-Chef war damals Josef Pröll. Nachdem dieser die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ zum Abschluss gebracht hatte, bekam Paierl einen Anruf: Er sei als ÖVP-Wirtschaftsminister auserkoren worden. Paierl setzte sich flugs ins Auto, um sich bei einer anberaumten Pressekonferenz präsentieren zu lassen. Noch im Auto wurde ihm beschieden, dass er umkehren könne. Nicht ein Steirer, sondern ein Oberösterreicher werde Wirtschaftsminister. Also Reinhold Mitterlehner.

Zum Beispiel im Jahre 2012. Da hatte Markus Beyrer den Job als Chef der Staatsholding ÖIAG nach nur einem Jahr hingeschmissen. Paierl wurden beste Chancen für den Job zugeschrieben, er bewarb sich in der Folge denn auch. An dem Tag, an dem sich die zur Debatte stehenden Kandidaten einem Hearing unterzogen, wurden Wirtschaftsjournalisten per Telefon informiert, dass Rudolf Kemler den Job bekommen würde. Da war Herbert Paierl noch gar nicht drangekommen.

Kurze Zeit später wurde Paierl als Aufsichtsratspräsident der Fimbag gehandelt. Das ist jene Gesellschaft, die für die Verwaltung der Bankenstaatshilfe zuständig ist. Auch daraus wurde nichts.

Die Jahre zogen ins Land, Paierl unternahm schließlich 2014 einen neuerlichen Versuch: Er bildete ein Konsortium zur Übernahme der staatlichen, zum Verkauf stehenden Kommunalkredit. Die Hypo Niederösterreich war dabei, ebenso der Industrielle Hans Peter Haselsteiner. Es war die einzige österreichische Bietergruppe. Freilich ohne augenscheinliche österreichische Unterstützung: Den Zuschlag bekam ein englisch-irisches Konsortium. „Das verstehe ich bis heute nicht“, sagt Paierl.
Aber bekanntlich muss man nicht alles verstehen. Dann geht man eben „back to the roots“. Auch mit 64.

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