Die Bank, die nicht schillern durfte

Geschlachtetes Sparschwein
Geschlachtetes Sparschwein(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
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Die Ells Bank war ein echter Magnet für Ex-Politiker und Manager. Jetzt ist Schluss mit lustig.

Das Ende wird am kommenden Mittwoch besiegelt. In aller Stille. Die Aktionäre der kleinen Wiener Ells Bank werden an diesem Tag zur Hauptversammlung zusammenkommen und abstimmen. Die Privatbank wird entweder verkauft oder liquidiert.

Den österreichischen Bankensektor wird das nicht sonderlich erschüttern. Dazu ist die Ells Bank zu unbedeutend – zumal sie auch nur über eine eingeschränkte Bankkonzession verfügt. Und trotzdem ist es ihre Geschichte wert, erzählt zu werden. Immerhin waren Rechtsstreitigkeiten ihre ständigen Begleiter. Schillernde Namen österreichischer Polit- und Wirtschaftsprominenz ebenso.

Die kleine Privatbank gehört seit Jahren mehrheitlich dem Speditionsunternehmer Andrei Kotchetkov, einem aus Russland stammenden österreichischen Staatsbürger. Wirklich glücklich kann er mit der Bank, die seinerzeit Alizee Bank hieß, nicht gewesen sein – sie schrieb seit 2009 schön regelmäßig Verluste. Schon damals hatten die Aufsichtsbehörden, einigermaßen beunruhigt, ein wachsames Auge auf die Depotbank geworfen.
Doch die große Rettung zeichnete sich Ende 2011 ab: Über seine E & A Beteiligungs GmbH butterte Kotchetkov jede Menge Kapital in die Bank. Und der Mann hatte so etwas wie eine Glückssträhne: Im März 2012 waren etliche durchaus prominente Österreicher mit einem Mal Feuer und Flamme für ein Investment in die Alizee Bank.
Böse Zungen meinten damals schon, Kotchetkov gehe es mit seinen neuen Co-Investoren nur darum, seinem Institut mittels klingender Namen Integrität zu verschaffen. Und wohl auch politisches Wohlwollen. Aber das sind natürlich nur Mutmaßungen. Tatsache ist, dass plötzlich unerhört viel Prominenz aus Wirtschaft und Politik zu den Alizee-Miteigentümern gehörte. Ex-SPÖ-Innenminister Franz Löschnak zum Beispiel. Oder Ex-SPÖ-Finanzminister Andreas Staribacher. Oder Ex-OMV-Chef Richard Schenz, damals immerhin Kapitalmarktbeauftragter der Regierung. Oder Ex-Girozentrale-Boss Herbert Lugmayr. Oder SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Mit dabei waren gerüchteweise auch Ex-Spitzenpolizist Franz Schnabl und Novomatic-Gründer Johann Graf.
Warum eigentlich, fragten sich damals viele interessierte Beobachter. Franz Löschnak stand damals dem Nachrichtenmagazin „Profil“ Rede und Antwort: „Ich habe mit vielen Leuten zu tun, die schlicht und einfach mit der Behandlung bei großen Banken unzufrieden sind“, erklärte er. Privatpersonen, die wirklich viel Geld zu veranlagen hätten.

Und weil der SPÖler natürlich nicht aus purer Nächstenliebe investierte, fügte Löschnak hinzu: „Eine kleine Bank mit guter Kundenbetreuung hat durchaus Chancen in dieser Marktnische.“ Ähnlich sah es Richard Schenz: „Mich haben damals einige Leute auf die Möglichkeit eines Investments angesprochen“, sagt er der „Presse“. „Mir erschien das interessant, weil es auf Eigentümerseite ja auch gute Verbindungen bis nach Russland gab.“

Aus der Alizee Bank wurde also so etwas wie eine Promi-Bank. Perfekt abgerundet damit, dass niemand Geringerer als der einstige ÖVP-Finanzstaatssekretär Alfred Finz an die Spitze des Aufsichtsrates kam. Doch es nützte nichts. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) blieb unbeeindruckt. Mehr noch: Sie machte den Neo-Investoren das Leben so richtig schwer, wie diese immer wieder lautstark monierten.
Per 21. November 2012 – also nur ein halbes Jahr nach dem Einstieg der illustren Investoren – wurde der Alizee Bank die Bankkonzession entzogen.

Zeitungen berichteten damals, dass in der FMA und in der Nationalbank verdeckte Treuhandschaften vermutet wurden: Kotchetkov beziehungsweise seine E & A hätten mehr als die Hälfte der Transaktionen finanziert. Aber letztlich nur 26 Prozent der Anteile erworben. Hinzu kam, dass die FMA offenbar vorab nicht vom Eigentümerwechsel informiert worden war – dadurch wurde auch der erforderliche „Fit & Proper“-Test der neuen Bankeigentümer nicht durchgeführt. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell wurde ebenfalls vermisst.
Die Bank legte Rechtsmittel gegen den Konzessionsentzug ein. Und siehe da: Der Verwaltungsgerichtshof erkannte der Beschwerde der nunmehrigen Ells Bank im Februar 2013 sogar aufschiebende Wirkung zu. Zu spät: Die Bank war kurz davor aus der Einlagensicherung ausgetreten. Worauf die FMA einen teilweisen Konzessionsentzug verfügte. Die Bank konnte also nicht im klassischen Geschäft reüssieren.

So lässt es sich nur schlecht leben. Dem Vernehmen nach hat Kotchetkov seitdem regelmäßig jede Menge Geld in die Bank gesteckt. Doch jetzt ist offenbar Schluss damit. Er will nichts mehr nachschießen, aktuell ist allerdings eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von acht Millionen Euro notwendig. Aus Eigentümerkreisen verlautet, dass es eher unwahrscheinlich ist, dass es dazu kommen wird, weil die anderen Investoren den Betrag stemmen müssten. Am Mittwoch sollen sie also Farbe bekennen: Entweder sie machen sich auf die Suche nach einem westeuropäischen Käufer – oder die Bank muss liquidiert werden.
Doch wer ist immer noch bei der Ells Bank als Eigentümer dabei? Laut Firmen-Compass hält die E & A Beteiligungs Gmbh von Andrei Kotchetkov 15,08 Prozent an der Bank. 8,54 Prozent entfallen auf Maximilian Habsburg-Lothringen. Knappe fünf Prozent hält der in SPÖ-Kreisen sehr wohlgelittene Steuerberater Günther Havranek, Richard Schenz ist immer noch mit 6,7 Prozent dabei. Hannes Jarolim mit 8,7 Prozent.

Sonst werden „weitere private Investoren“ mit insgesamt 56,13 Prozent der Anteile angegeben. Wer sind sie? Franz Löschnak lässt ausrichten, dass er seine Anteile vor einem Jahr verkauft hat. Andreas Staribacher zieht es vor, eine entsprechende Frage der „Presse“ nicht zu beantworten. Recherchen ergaben allerdings, dass er rund acht Prozent der Anteile hält. Herbert Lugmayr kommt auf rund 14 Prozent.

Doch damit ist es ohnehin bald vorbei – so oder so. Weniger freuen dürfte das allerdings Miteigentümer Hannes Jarolim. Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete, der auch im Aufsichtsrat der Ells Bank sitzt, hat in den vergangenen Jahren über seine Anwaltskanzlei üppige Honorare im Rechtsstreit Bank vs. FMA kassiert. Jarolim war für „Die Presse“ nicht zu sprechen. Das hat er mit Staribacher gemeinsam – aber nicht nur das. Staribachers Kanzlei verdiente an der Bank anfangs ebenfalls gut – für allerlei Expertisen in wirtschaftlichen Belangen.
Aus und vorbei. Still und leise.

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