Vertreibung aus dem Möbelparadies

M�BELKETTE KIKA/LEINER
M�BELKETTE KIKA/LEINER(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Seit dem Erwerb von Kika/Leiner durch die Steinhoff-Gruppe gibt es vor allem Streit. Jetzt prozessiert Steinhoff gegen Verkäufer Herbert Koch. Es geht um dessen luxuriöses Penthouse.

Manche Deals, das muss einmal gesagt werden, stehen einfach unter keinem guten Stern. Sie bringen von Anfang an Zores und Zwietracht. Aber blöderweise weiß man das erst im Nachhinein.

Obwohl – vielleicht hätte Herbert Koch im Jahr 2013 doch auf seine innere Stimme hören sollen. Der langjährige Unternehmer, der vor Jahrzehnten in die Familie Leiner hineingeheiratet und die gleichnamige Möbelgruppe groß gemacht hatte, wollte sein Unternehmen ja ursprünglich gar nicht verkaufen. Doch Du-Freund Bruno Steinhoff ließ nicht locker. Steinhoffs Möbelimperium, das mittlerweile in Europa Nummer zwei nach Ikea ist, gierte geradezu nach einer Akquisition in Österreich. Und für ihn schien die Kika-Leiner-Gruppe mit 7500 Mitarbeitern und 73 Standorten in sieben Ländern genau das Richtige zu sein.

Herbert Koch ließ sich also überreden. Mit tatkräftiger Unterstützung seines Freundes, Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, wurde der Deal über die Bühne gebracht und Ende 2013 finalisiert. Rund 500 Millionen Euro ließ sich die Steinhoff-Gruppe, die ihren Hauptsitz in Südafrika hat, das Österreich-Engagement angeblich kosten. Die Familie Koch hat somit finanziell recht passabel ausgesorgt.
Doch Geld macht bekanntlich nicht unbedingt glücklich.

Erst recht nicht, wenn es Probleme am laufenden Band gibt. Und die gibt es – jetzt schon wieder. Beim Geschäftemachen hört sich für Steinhoff die Freundschaft offenbar auf. Das zeigte sich wenige Monate, nachdem der Kaufvertrag wirksam geworden war.
Zuvor war mantramäßig die notwendige „Kontinuität“ in der Möbelgruppe hervorgehoben worden, doch kurze Zeit später musste Unternehmersohn Paul Koch die Geschäftsführung verlassen. Die Abfindung wurde ihm freilich vorenthalten. Koch ging daraufhin zum Arbeitsgericht St. Pölten, der kolportierte Streitwert machte immerhin 700.000 Euro aus. Das Ende der Geschichte: Paul Koch gewann den Prozess.

Aber die ganze Geschichte ist damit noch keineswegs zu Ende. Was bis dato nämlich unter der Tuchent gehalten wurde: Ungefähr zur selben Zeit brachte Steinhoff wiederum Klage gegen Herbert Koch ein. Und in dieser Causa wird noch munter prozessiert. Für den kommenden Herbst wird ein erstinstanzliches Urteil erwartet.

Rechtsstreit Numero zwei ist recht delikat. Es geht um die Privatwohnung, die Herbert Koch seit 1992 mit seiner Frau bewohnt. Ein luxuriöses Penthouse, rund 450 Quadratmeter Wohnfläche plus Dachgarten und himmlischem Ausblick über die Wiener Innenstadt.
Der einzige Makel dieser Traumwohnung: Sie befindet sich auf dem Dach des Leiner-Kaufhauses in der Wiener Mariahilfer Straße. Und diese Immobilie gehört seit Ende 2013 der Steinhoff-Gruppe. Nicht, dass Herbert Koch nicht vorgesorgt hätte: Schon vor Jahren hat er das Wohnrecht auf Lebenszeit im Grundbuch eintragen lassen. Und: Als er Kika/Leiner an Steinhoff verkaufte, wurde ein ansehnlicher Betrag von der Kaufsumme abgezogen – eben für dieses (ansonsten kostenlose) Wohnrecht.

Doch Steinhoff ist das offenbar einerlei. Er will das Ehepaar Koch endgültig loswerden – und hat dafür juristisch gar nicht einmal so schlechte Chancen. Stichwort: verbotene Einlagenrückgewähr. Die ist im Aktien- und GmbH-Recht verankert und schützt jenes Kapital, das die Gesellschafter in ihr Unternehmen gesteckt haben. Und dieses darf, solange die Gesellschaft besteht, nicht wieder an die Anteilseigner ausgeschüttet werden. Ihnen stehen nur in der Bilanz ausgewiesene Gewinne zu, allerdings keine Zuwendungen aus dem Gesellschaftsvermögen. Gut möglich also, dass das Wohnrecht auf das Penthouse, das auf der Leiner-Immobilie thront, als verbotene Ausschüttung gesehen wird.

Diesfalls müsste sich Herbert Koch in einigen Jahren, wenn die Sache ausjudiziert ist, eine neue Bleibe suchen. Einen Armen trifft es eher nicht, aber ärgerlich wird's für ihn schon sein.

Bleibt nur die Frage, wieso Steinhoff so erpicht ist, das Penthouse zu bekommen. Zum Eigengebrauch? Oder geht es vor allem darum, den ehemaligen Chef des Hauses physisch vom großen Leiner-Einkaufstempel zu entfernen?
Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Die Stimmung im Haus soll schon einmal besser gewesen sein. Jedenfalls hat der neue Eigentümer schon von Anbeginn an mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. Und da ist wohl ein Ex-Eigentümer und Ex-Chef, der im Haus regelmäßig ein- und ausgeht, eher nicht erwünscht.

Schon im Jahr 2014 – da hatte Hermann Wieser vom Erzrivalen Lutz die Nachfolge von Paul Koch angetreten – musste der neue Kika/Leiner-Eigentümer Bekanntschaft mit der Gewerkschaft der Privatangestellten machen. Gerüchte machten die Runde, wonach die Möbelgruppe Hunderte Jobs abbauen würde, und das rief die Gewerkschafter auf den Plan. Sie kritisierten, dass Mitarbeiter des Unternehmens unter Druck gesetzt würden und forderten einen Sozialplan. Der guten Stimmung nicht wirklich förderlich war dabei auch der Umstand, dass Kika und Leiner plötzlich einen gemeinsamen Werbeauftritt hatten. Rasch machte sich Argwohn breit, dass dies die Vorbereitung auf das Ende einer der Marken sei.
Zu all dem ist es nicht gekommen. Aber die Probleme blieben.

Sowohl Kika als auch Leiner rutschten in die Verlustzone. Mittlerweile ist der Deutsche Gunnar George Chef der Gruppe – er muss versuchen, die an Lutz verloren gegangenen Umsätze zu retten. Vor Kurzem konnte er vermelden, dass es die Gruppe wieder in die Gewinnzone geschafft hat. Gerüchte in der Branche, wonach dies nur dank Sondererlösen möglich war, weist er empört zurück.

Trotzdem ist er auf der Suche nach neuen Einnahmequellen: Steinhoff plant in Österreich eine neue Billigschiene. Details über diesen neuen Möbeldiskonter werden allerdings nicht verraten.
Wenigstens mit solchen Problemen muss sich Herbert Koch nicht mehr herumschlagen. Zu seinem Problem, nämlich dem mit der Wohnung, will er allerdings gegenüber der „Presse“ auch nichts sagen. Kika/Leiner hält es ebenso. Immerhin: In dem Punkt herrscht zwischen beiden Parteien ungewöhnliche Eintracht.

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