Korruption in Österreich: Bestechende Aussichten

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Was andernorts eindeutig in die Kategorie Korruption fällt, wird hierzulande noch immer als geschickte Form der Geschäftsanbahnung bewundert. Transparency International vermutet in der öffentlichen Auftragsvergabe das zentrale Korruptionsproblem Österreichs.

Wenn britische Minister reihenweise zurückgetreten werden, weil sie Pornofilme, Tennisplatzverschönerungen, Maulwurfshügelentfernungen, Putzdienste und andere private Ausgaben den Steuerzahlern in Rechnung stellen, dann ist das vor allem einmal ziemlich peinlich und ein klarer Fall von Amtsmissbrauch. In Tagen platzender Börsenblasen und steigender Arbeitslosigkeit reagieren Menschen eben besonders empfindlich auf die „Sausen“ herrschender Eliten. Werden dann auch noch Pleitemanager reihenweise mit Millionenbeträgen verabschiedet, fällt das Vertrauen in „das System“ verständlicherweise in den Keller.

Laut der Antikorruptionsbehörde Transparency International sind Amtsmissbrauch und Bestechung in unseren Breiten zwar nach wie vor die Ausnahme. Allerdings wächst auch im „sauberen“ Norden das Misstrauen gegenüber Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Einer aktuellen Umfrage zufolge halten 37 Prozent der Österreicher politische Parteien für korruptionsanfällig, 28 Prozent vermuten bei Firmen und 17 Prozent bei Medien krumme Geschäfte.

Nun hat es freilich einen gewissen Charme, wenn ein Land der Schwarzarbeiter und Nachbarschaftshelfer eine gewisse Sensibilität gegenüber korrupten Politikern und Medienvertretern entwickelt. Was nichts daran ändert, dass es tatsächlich keinen schlanken Fuß macht, wenn sich Medienvertreter von Firmen zu Pressekonferenzen fliegen lassen (um gleich bei den Medien zu beginnen). Auch wenn die verfassten Berichte allen journalistischen Grundsätzen entsprechen, ist die Optik keine wirklich gute, weshalb wir intensiv an einer Behebung dieses Missstandes arbeiten. In der Hoffnung, dass uns andere Verlage folgen werden.


Geradezu verheerend ist freilich, dass hierzulande Personalentscheidungen in der staatsnahen Wirtschaft längst gefallen sind, wenn findige Vertreter des Staates damit beginnen, den Ausschreibungstext zu formulieren. Mit dem Vorteil, dass auf einflussreichen Posten auch garantiert „verlässliche“ Kandidaten landen. Womit wir auf jenem Boden angekommen wären, auf dem im großen Stil Aufträge verschoben werden. Nicht zuletzt an Firmen, die auch in harten Zeiten auf die Partei nicht ganz vergessen. Wenn es beispielsweise teure Wahlkampagnen zu sponsern gilt.

Auch Transparency International vermutet in der öffentlichen Auftragsvergabe das zentrale Korruptionsproblem Österreichs. Der daraus resultierende Schaden ist enorm, auch wenn er sich nicht exakt beziffern lässt. Bezahlt werden derartige Eingriffe in die Marktwirtschaft jedenfalls von den Steuerzahlern. Mit dem Übergehen der Bestbieter werden die Staatsausgaben künstlich aufgebläht, was wiederum höhere Steuerleistungen erfordert. Geschädigt werden zudem wettbewerbsfähige Firmen, die aufgrund manipulierter Auftragsvergaben nicht zum Zug kommen, weil nichtkonkurrenzfähige Unternehmen im Markt gehalten werden.


Auf Nebenschauplätze verlaufen. Während im Hintergrund milliardenschwere öffentliche Aufträge verschoben werden, dreht sich die Antikorruptionsdebatte der Parlamentarier seit Monaten um die Frage, wie denn nun zu verhindern sei, dass Unternehmen kleinen Beamten eine „Così fan tutte“-Karte zustecken. Wer sich mit solchen Zuwendungen „anfüttern“ lässt, muss künftig mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen.

Unklar ist freilich, wie viele schlichte Gemüter es in diesem Land gibt, die für derartig tolle Geschenke im Wert von ein paar hundert Euro tatsächlich die Vergabe millionenschwerer Aufträge manipulieren und damit ihren Rauswurf riskieren. Bemerkenswert ist, dass der Gesetzgeber seine Schäfchen mit harter Hand auf den Pfad der Tugend zurücktreiben will, sich selbst aber jede Menge Freiraum gewährt. Vom Nationalrat bis hinunter in die Gemeindestube finden die geplanten Bestimmungen für Politiker keine Anwendung.

Dazu passt, dass die Abgeordneten des Hohen Hauses ihre Nebeneinkünfte nicht lückenlos offenlegen und deren Parteien Großspenden von über 7260 Euro nur in aufsummierter Form veröffentlichen müssen. Eine Bestimmung, die über kleinere Stückelungen oder die Verteilung der Spenden auf Landesorganisationen leicht zu umgehen ist. Liefern Parteien falsche Angaben, passiert nichts. Die Nationalräte haben nämlich auf Sanktionsmöglichkeiten „vergessen“. So ein Pech aber auch.

Dabei könnte eine Liste mit den genauen Zuwendungen der Gönner heimischer Parteien überaus hilfreich sein. Allein zur Schärfung des Bewusstseins. Was in Skandinavien oder der Schweiz längst in die Kategorie schamloser Korruption fällt, wird hierzulande ja noch immer als geschickte Form der Geschäftsanbahnung bewundert. Womit wir vermutlich beim wirklich zentralen Korruptionsproblem des Landes angelangt wären.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2009)


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