SuperMarkt: Die Börsen-Pompfüneberer

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Die SPÖ macht Dampf in Sachen Börsensteuer. Große "Spekulanten" werden darüber milde lächeln. Weniger lustig wird die Sache für Kleinanleger. Freilich gibt es auch gute Argumente für eine Börsenumsatzsteuer.

Obwohl die Verhandlungen über das nächste Belastungspaket noch nicht einmal richtig begonnen haben, stehen die ersten Verlierer bereits fest. Das sind nicht so sehr die rücksichtslosen Spekulanten, die ihr Geld steuerschonend im alpinen Österreich arbeiten lassen, um in entlegenen Südsee-Domizilen arbeitsfrei die wärmenden Sonnenstrahlen genießen zu können. Die großen Verlierer der staatlichen Geldbeschaffungsaktion sind vielmehr die vielen Kleinanleger, die ihr Geld heimischen Unternehmen anvertraut haben, um im hohen Alter noch flüssig zu sein. Falls sich das staatliche Pensionssystem doch nicht als jenes Fort Knox erweisen sollte, als das es von der Politik so gern gepriesen wird.

Offen ist nur noch, wie stark der „Haircut“ für die Kleinanleger ausfallen wird. Geht es nach der SPÖ, wird von der Haarpracht nicht viel übrig bleiben. Einem jüngst im „Standard“ kolportierten Vorschlag zufolge sollen Aktienverkäufe künftig nämlich generell mit 25 Prozent Steuer belegt werden. Damit hier niemand etwas missversteht: Nicht die Kursgewinne sollen einer derart hohen Steuer unterworfen werden. Sondern die Verkaufserlöse. Das wiederum führte dazu, dass der Staat auch Kursverluste besteuern würde. Wer etwa von seinem versteuerten Arbeitseinkommen vor Jahren Aktien um 500 Euro erworben und diese nun mit 450 Euro verkauft hat, müsste trotz des eingefahrenen Verlustes dafür 125 Euro Steuer zahlen.


Seit drei Jahren kein Börsegang. Anlegern stünde es laut dem SPÖ-Plan natürlich frei, die „Verluststeuer“ beim nächsten Steuerausgleich vom Finanzamt zurückzuholen. Toll, so haben wir uns eine unbürokratische Stärkung des Wiener Finanzplatzes immer schon vorgestellt. Bemerkenswert am geplanten Beutezug durch die Depots der Kleinanleger ist nicht zuletzt der Zeitpunkt. Morgen, Montag, ist es nämlich genau drei Jahre her, dass sich das bisher letzte Unternehmen auf das Parkett der Wiener Börse gewagt hat. Kein einziger Börsegang seit dem 18. Oktober 2007. Hinzu kommt, dass zahlreiche Titel vom Kurszettel verschwunden sind, darunter die Schwergewichte Bank Austria und AUA. Seit Oktober 2007 sind die Handelsumsätze an der Wiener Börse auch um zwei Drittel eingebrochen. Der Wert der in Wien gehandelten Firmen ist auf 77 Milliarden Euro geschrumpft. Das ist ein Minus von ziemlich genau 50 Prozent.

Womit die großen Verlierer der Finanzkrise keineswegs die Arbeitnehmer sind, deren Entgelte im selben Zeitraum um inflationsbereinigte 1,7 Prozent zulegen konnten – sondern die Aktionäre, die in Wien in nur drei Jahren die Hälfte ihres veranlagten Vermögens verloren haben. Das hält die SPÖ allerdings nicht davon ab, über die Wiedereinführung einer „Börsenumsatzsteuer“ zu debattieren. Begründet wird dieser Vorstoß nicht zuletzt damit, dass schon andere Länder auf diese Steuer zurückgegriffen haben.

Nicht so gern gesprochen wird über die Erfahrungen mit dieser Steuer. In Schweden beispielsweise war deren Einführung in den 1980er-Jahren ein Flop. Das deshalb, weil 85 Prozent der Aktien, 90 Prozent der Derivate und 95 Prozent der Anleihen plötzlich an Börsen im Ausland gehandelt wurden. Die erhofften Mehreinnahmen lösten sich in Luft auf – und mit ihnen auch der professionelle Aktienhandel, der nach London abgezogen war.


Eine Steuer für Oma und Opa. Freilich gibt es auch gute Argumente für eine Börsenumsatzsteuer. Etwa jenes der Gleichbehandlung. So greift der Staat ja auch beim Verkauf der berüchtigten Wurstsemmel gnadenlos zu. Das ändert nur leider nichts daran, dass Aktien, Anleihen und Derivate mit einem einzigen Klick an der nächstbesten Börse gehandelt werden können. Zum Beispiel in Frankfurt. Weshalb eine Börsenumsatzsteuer vorzugsweise von älteren Damen und Herren abgeführt wird, die von den zahlreichen Umgehungsmöglichkeiten nichts mitbekommen. Man braucht schon jede Menge Fantasie, um eine Besteuerung dieser Klientel als „gerecht“ zu qualifizieren.

In jedem Fall wird es ein gutes Lehrbeispiel dafür sein, wie man mit einer kleinen Maßnahme, die dem Staat kaum Geld bringen wird, den größtmöglichen Schaden anrichtet. Aber vielleicht wirft ja noch einer der zahlreichen Budget-Verhandler das Argument in die Runde, dass eine Aktie keine Wurstsemmel ist.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2010)


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