SuperMarkt: Fairness made in Austria

SuperMarkt Fairness made Austria
SuperMarkt Fairness made Austria(c) APA (WIRTSCHAFTSKAMMER OESTERREICH)
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Ausländer dürfen in Österreich künftig nur noch zu österreichischen Löhnen anbieten. Klingt ziemlich einleuchtend. Ist es aber nicht. Schließlich beraubt man die benachbarten Anbieter ihres einzigen Wettbewerbsvorteils.

Die Welt ist leider kein Ponyhof: Wohin man auch schaut, überall wird mit unfairen Mitteln gekämpft. Allerorts unterjochen die Stärkeren die Schwächeren, ziehen Schlauere die weniger Schlauen über den Tisch, und aus vielen Ecken dieser Erde werden tagtäglich von Kinderhand gefertigte Waren tonnenweise in den industrialisierten Westen verschifft, damit sich die kaufkraftstärkste Klientel der Welt günstig mit Textilien und Spielwaren eindecken kann. So sieht es in der kapitalistischen Weltordnung nun einmal aus, wie die Globalisierungsgegner von Attac seit vielen Jahren beklagen.

Glücklicherweise findet hin und wieder doch ein Lichtstrahl den Weg in die düstere Ausbeuterhölle. So hat etwa das kleine Österreich vergangenen Mittwoch korrigierend in das ungleiche Spiel der Märkte eingegriffen: Mit dem neuen Anti-Sozialdumping-Gesetz wird verhindert, dass Billiganbieter österreichische Kollektivverträge und damit Sozialstandards unterlaufen. Betroffen sind alle ausländischen Arbeitskräfte, gemeint sind in erster Linie jene aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Wenn beispielsweise ein slowakischer Tischler in Wien Kästen einbauen will, muss er das zu österreichischen Bedingungen tun, andernfalls drohen Geldstrafen von bis zu 20.000 Euro je Mitarbeiter.


Ein Beispiel für ganz Europa? Klingt irgendwie ganz vernünftig. Schließlich kann der slowakische Handwerker von österreichischen Löhnen, Pensionen, fünf bezahlten Urlaubswochen und kostspieliger Rundumversorgung in Hightech-Spitälern nur träumen, wodurch sein Chef auch deutlich günstiger anbieten kann als dessen Konkurrent in Österreich, der hohe Löhne und Sozialstandards auf den Märkten verdienen muss. Das neue Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping schiebe dem scheinbar ungerechten Treiben einen Riegel vor, garantiere fairen Wettbewerb und sei beispielgebend für Europa, wie SPÖ-Sozialsprecherin Renate Csörgits am Donnerstag frohlockte.

Klar. Während also die heimischen Verbraucher in ostasiatische Billigtextilien gehüllt über innerstädtische Einkaufsstraßen flanieren und mit in China zusammengebauten iPhones den nächsten Billigurlaub in einem der vielen kollektivvertragsbefreiten Feriendomizile checken können, dürfen ausländische Handwerker in Österreich nur zu österreichischen Preisen tätig werden. So etwas ist nicht nur reichlich schizophren, sondern in höchstem Maße protektionistisch. Schließlich beraubt man die benachbarten Anbieter ihres einzigen Wettbewerbsvorteils: günstigerer Löhne. Womit die Öffnung des europäischen Marktes für die neuen Mitgliedsländer zur Farce gerät.

Zum Glück haben die ärmeren Bewohner dieses Planeten eine gänzlich andere Vorstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen: Sie wissen, dass es ohne Teilnahme am globalen Handel keine Möglichkeit zu einem besseren Leben gibt, und dass sie nahezu ausschließlich über den Preis punkten können, was wiederum sukzessive zu vollen Auftragsbüchern, höheren Löhnen, wachsenden Steuerleistungen, gefüllten Staatskassen, besserer Bildung und sozialstaatlichen Segnungen führt.

In Österreich hat man das längst vergessen. Dabei stand ja auch hierzulande nicht Bruno Kreisky, sondern Billigtourismus und günstig hergestellte Massenwaren am Anfang des Wirtschaftswachstums. Heute fürchtet man sich im seit 66Jahren befriedeten Wohlfahrtsparadies Österreich offensichtlich vor günstigeren Anbietern aus ärmlichen Regionen, deren Bewohner nach bescheidenem Wohlstand streben. Diesen Menschen zu sagen, dass sie erst dann Zutritt zu unseren Märkten bekommen, wenn sie ihre Löhne auf österreichisches Niveau geschraubt haben, ist freilich sozialstaatlicher Zynismus in Reinkultur. Aber wie gesagt, das Leben ist kein Ponyhof. Auch nicht in Österreich, einem Land, in dem es angeblich ja besonders fair zugeht.

franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2011)


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