Donald Trumps Pläne für Fed, Dollar und Geldsystem

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FILES-US-ECONOMY-BANK-RATEAPA/AFP/KAREN BLEIER
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Bis 2018 wird Trump auf Janet Yellen und billiges Geld setzen. Aber sein Team hat auch das Geldsystem im Auge.

„Sie sollte sich schämen!“ Donald Trump macht kein Geheimnis daraus, dass er die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve unter der Vorsitzenden Janet Yellen extrem kritisch sieht. Gelinde ausgedrückt.

Trump sieht Yellen als „zu politisch“. Er hat ihr vorgeworfen, die Zinsen „künstlich niedrig zu halten, um die Wirtschaft zu stützen, damit Obama sagen kann, dass er einen guten Job gemacht hat. Dabei haben wir eine schlechte Wirtschaft, eine falsche Wirtschaft“. Auch seine Diagnose der Finanzmärkte fällt vernichtend aus: „Wenn die Zinsen wieder raufgehen, wird das nicht hübsch. Es ist eine große Bubble.“

Nun hat Trump im Wahlkampf viele Sachen gesagt. Oft hat er sich dabei selbst widersprochen. Aber dieser eine Satz sollte hängenbleiben. Vergessen wir nicht: Wir befinden uns im zweitlängsten Bullenmarkt aller Zeiten. Aber wie hat der angefangen? Mit einer Krise, die das Finanzsystem an den Rand des totalen Zusammenbruchs gebracht hat. Und mit der Reaktion der Notenbanken darauf – dem größten geldpolitischen Experiment aller Zeiten. Allein die Fed hat neben ihrer Nullzinspolitik vier Billionen Dollar in den Markt gepumpt.

Trumps Team ruderte am Tag nach der Wahl rasch zurück, um die Märkte nicht nervös zu machen. Nein, der neue Präsident werde Fed-Chefin Yellen nicht feuern, sagte die Trump-Beraterin Judy Shelton. Das wäre auch ein extremer Schritt gewesen. Zwar hat der US-Präsident theoretisch die Macht dazu – aber keiner von Trumps Vorgängern hat jemals einen Fed-Chef rausgehauen. Allerdings werde Trump Janet Yellen auch nicht erneut nominieren, wenn ihr Mandat im Februar 2018 ausläuft. „Er will jemanden, der besser zu seinem Denken passt“, sagte Shelton. Wer das sein könnte, ist offen.

Trump plant offenbar in zwei Richtungen gleichzeitig. Einerseits ist seine Kritik an Yellens niedrigen Zinsen eher scheinheilig. Kaum eine Branche profitiert so stark von billigem Geld wie jene, in der Trump groß geworden ist: der Immobilienmarkt. Auch seine Beraterin Shelton sagt: „Trump gibt gern zu, als Immobilienentwickler mag er niedrige Zinsraten.“ Billiges Geld kann Trump auch bei all seinen Vorhaben zur Ankurbelung der Wirtschaft helfen.

Aber gleichzeitig schuldet Trump seinen Wählern eine Kursänderung in der Geldpolitik. Die Haushaltseinkommen der Mittelschicht fallen seit vielen Jahren, während die der Reichsten steigen. Seit der Finanzkrise hat die experimentelle Geldpolitik diesen Trend noch verstärkt. Trump selbst hat noch am 12. September in einem Interview mit CNBC gesagt: „Die Menschen, die das am schlimmsten getroffen hat, waren diejenigen, die ihr ganzes Leben gespart haben und geglaubt haben, sie können von den Zinsen leben. Diese Menschen werden total zerstört.“ Diese Kritik an der Geldpolitik und der wachsenden Kluft zwischen den Superreichen und dem Rest der Welt teilt auch die englische Premierministerin Theresa May.


Sie kritisierte Anfang Oktober die eigene Zentralbank. „Menschen mit Assets sind reicher geworden. Menschen ohne Assets mussten leiden. Leute mit Hypotheken wurden entlastet. Leute mit Ersparnissen sind jetzt ärmer.“ Das seien „schlechte Nebeneffekte der extrem niedrigen Zinsen und von Quantitative Easing“.

Es gibt eigentlich nur einen Weg, wie das Weiße Haus unter Trump seine scheinbar widersprüchlichen Ziele erreichen kann: den der kleinen Schritte. Den ersten hat Trump bereits getan, indem er an Yellen festhält. Tatsächlich – das geben sogar führende US-Notenbanker zu – passen Trumps Infrastruktur-Ideen der Fed gerade gut ins Konzept. Denn niemand weiß besser über die unguten Nebenwirkungen der eigenen Politik Bescheid als die Notenbanker selbst.

Nicht nur in den USA, sondern auch in Großbritannien und Europa würden sie nichts lieber machen, als das Geldexperiment der vergangenen Jahre zum Erfolg zu erklären und die Zinsen wieder auf ein normales Niveau zu heben. Allein: Sie haben Angst, einen Marktcrash auszulösen. Nur wenn es gelingen kann, monetären Stimulus durch stärkeren Konsum und staatliche Investitionen auszugleichen, könnte ein Crash verhindert werden. Theoretisch.

Vielleicht ist das Platzen der von Trump angesprochenen Bubble aber gar nicht zu vermeiden. In diesem Fall bekäme der neue US-Präsident sogar die Gelegenheit etwas nachzuholen, woran seine Vorgänger gescheitert sind. Das wäre der zweite Schritt: die längst überfällige Neuordnung des internationalen Geldsystems.

Team Trump hat diese Frage auf dem Radar. Man braucht sich nur die Beraterin anzuschauen, die die Märkte in Sachen Yellen beruhigt hat. Judy Shelton arbeitet sich seit Jahren am internationalen Geldsystem ab. Oder am „Anti-System“, wie es ehemalige IWF-Chef, Jacques de Larosière, genannt hat.

Shelton argumentiert, dass Trump gar kein Freihandels-Gegner sei – es aber keinen fairen Freihandel geben könne, solange jedes Land seine Währung nach Belieben manipulieren könne, um sich im Handel Vorteile zu verschaffen.

Sie beruft sich auf den Nobelpreisträger Robert Mundell und den ehemaligen Fed-Chef Alan Greenspan – und schlägt etwas vor, das es seit mehr als 50 Jahren nicht mehr gegeben hat: ein System stabiler Wechselkurse. „Wir brauchen eine fundamentale Evaluierung der globalen Geldordnung“, so Shelton. Und genau wie Greenspan, Mundell und der ehemalige Weltbankchef Robert Zoellick hat sie ein bestimmtes Asset als neues altes Zentrum des monetären Universums im Auge: Gold. „Es ist neutral und universell. Es transzendiert Zeit und Grenzen. Die meisten wichtigen Länder halten ihre Reserven bis heute in Gold. Ich will nicht zuviel reinlesen – aber das beweist, dass Gold kein Relikt ist“, so Shelton. Auch Trump selbst hat sich mehrmals positiv zu Gold geäußert.

Nun wollen wir es Shelton aber gleichtun und nicht zuviel reinlesen. Denn während fast alle sich einig sind, dass das Geldsystem reformiert werden muss, reagieren viele beim Thema Gold noch immer allergisch. Sei's drum. Halten wir zumindest fest: Donald Trump hat das Geldsystem im Auge. Und wir ihn. Im Februar 2018, wenn Trump einen neuen Fed-Chair nominiert, wissen wir, wohin die Reise geht.

E-Mails an: nikolaus.jilch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2016)

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