Ökostrom: EU will mehr Markt

Solar- und Windstrom
Solar- und Windstrom(c) APA/dpa/Roland Weihrauch (Roland Weihrauch)
  • Drucken

EU-Kommission präsentiert neue europaweite Leitlinien für die Förderung von Ökostrom und kommt dabei der europäischen Industrie entgegen.

Brüssel. Um den Umgang mit der Förderung erneuerbarer Energien zu erleichtern, ist Joaquín Almunia offenbar kein Aufwand zu groß. „Zwei Jahre Arbeit, drei öffentliche Konsultationen mit mehr als 5000 Beiträgen, zwei Treffen auf Regierungsebene, zwei interinstitutionelle Beratungsrunden sowie Dutzende und Aberdutzende bilaterale Gespräche“, zählte der EU-Wettbewerbskommissar auf, um zu verdeutlichen, dass seine am gestrigen Mittwoch vorgestellten Energie-Leitlinien ein großer Wurf seien. Almunias Fazit: „Politisch haben wir damit den bestmöglichen Ausgleich erzielt.“

Diese Schlussfolgerung kommt nicht überraschend, denn das Paket war im Vorfeld alles andere als unumstritten: So stimmte offenbar beim gestrigen Votum der EU-Kommissare ein Kollege Almunias gegen die Richtlinien, drei weitere enthielten sich der Stimme – ein seltenes Ereignis in dem sonst auf größtmögliche Zustimmung bedachten Kommissionskolleg. Und dabei ging es nicht einmal um einen neuen Gesetzesvorschlag, denn mit den Leitlinien legt die Brüsseler Behörde lediglich fest, wie sie bestehendes EU-Recht anwenden will – Rat und Europaparlament haben dabei folglich kein Mitspracherecht.

Kommt Zeit, kommt Markt

Die Leitlinien gelten ab 1.Juli 2014 bis 2020 – bis dahin soll Ökostrom in der EU einen Marktanteil von 20Prozent haben. Das Leitmotiv: Erneuerbare Energien sollen schrittweise an den Markt herangeführt werden. Die bisherigen Subventionsregimes hätten die Entwicklung von Ökostrom beschleunigt, betonte Almunia gestern, doch sei es nun höchst an der Zeit, Preissignale wirken zu lassen.

Erreicht werden soll dieses Ziel durch die schrittweise Einführung von marktorientierten Mechanismen auf dem EU-Energiemarkt: In den kommenden zwei Jahren soll im Rahmen von Pilotprojekten die Zuweisung von staatlichen Förderungen mittels Ausschreibungen erprobt werden, ab 2017 soll das Usus sein. Zweck des Unterfangens: Die Hersteller erneuerbarer Energie sollen um Förderungen rittern, auf dass der Beste gewinnen möge. Bereits ab 2016 soll es keine fixen Einspeisetarife für Ökostrom mehr geben, sondern lediglich Einspeiseprämien.

Es wäre allerdings nicht die EU, wenn es keine Ausnahmen von der Regel gäbe. 68 (vor allem energieintensive) Industriezweige sollen von der Verpflichtung zur Finanzierung der Energiewende entlastet werden– die Branchen werden nach einem komplexen Schlüssel, der unter anderem die Strom- und Handelsintensität der Betriebe erfasst, ermittelt. Aus Sicht der Umweltschützer und Konsumentenverbände bedeutet dies, dass die Endverbraucher die Kosten der Ökologisierung begleichen müssen.

Gänzlich umschifft wurde von der Brüsseler Behörde der heikle Aspekt Atomenergie – die Leitlinien würden nicht für eventuelle Zuschüsse für den Bau von Kernkraftwerken gelten, sagte Almunia gestern. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.