UNO fordert globale Energiewende

Windraeder vor Rapsfeld
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Die Welt muss dreimal mehr Energie aus Sonne, Wind und Atomkraftwerken gewinnen, um das Klima zu retten, sagt die UNO. Kosten soll das 0,06 Prozent des Wirtschaftswachstums.

Berlin. Die erste Nachricht, die am Sonntag von den 235 Klimaforschern aus Berlin an die Öffentlichkeit drang, zeugte von Optimismus: Die globale Klimakatastrophe sei noch zu stoppen, war die Kernbotschaft des ersten Berichts des Weltklimarats (IPCC) seit 2007. Die zweite Nachricht werden einige in Berlin schon etwas zögerlicher beklatscht haben. Denn als Lösung schwebt der UNO die weltweite Kopie jener Energiewende vor, die in Deutschland zuletzt zu heftigen Kontroversen und Belastungen für die Stromkunden geführt hat.

Gas, Öl und Kohle regieren

Bis Mitte des Jahrhunderts müssten die Treibhausgase um 40 bis 70 Prozent gedrückt werden, damit das Ziel, die Temperatur auf der Erde nicht mehr als zwei Grad über das Niveau vor der Industrialisierung steigen zu lassen, wieder erreichbar sei, so die Forscher. Derzeit ist die Welt davon weit entfernt. Erreicht werden könne das mit einer kompletten Wende in der Energieversorgung. Heute liefert das Verbrennen von Kohle, Erdgas und Erdöl noch mehr als 80 Prozent der weltweit verbrauchten Energie. Dieser Anteil müsse so bald als möglich drastisch schrumpfen.

Im Gegenzug müssten erneuerbare Energieträger, aber auch Atomkraftwerke drei bis bis vier Mal so viel Energie beisteuern wie heute, heißt es in den Empfehlungen des IPCC. Jede Verzögerung mache es schwieriger – und kostspieliger –, den Umstieg rechtzeitig bis ins Jahr 2100 zu schaffen. Diese Ansicht ist umstritten. Denn etliche Klimaforscher sehen schon heute keine Chance, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen und fordern, die (finanziellen) Kräfte dazu zu verwenden, sich an eine wärmere Erde anzupassen.

Für Ottmar Edenhofer, Ko-Vorsitzender des Weltklimarats, ist das kein gangbarer Weg. Die Chance sei groß, da die Technik für erneuerbare Energien ausgereift, verfügbar und halbwegs erschwinglich sei. „Ich sage nicht, dass Klimapolitik nichts kostet. Aber es kostet nicht die Welt“, sagte er.

Kumuliert würde der Umstieg bis 2030 vier Prozent der Wirtschaftsleistung kosten und 2100 rund elf Prozent. Auf das Jahr gerechnet wären das 0,06 Prozent des jeweiligen Wirtschaftswachstums. Die Ausgaben für Erneuerbare, Atomkraft und Carbon Capture and Storage, also das Speichern von CO2 unter der Erde, müssten um 147Mrd. US-Dollar (105,8 Mrd. Euro) steigen, jene für Energieeffizienz um 336 Milliarden Dollar.

Die Kosten des Nichtstuns

Schon im Vorfeld ernteten die Forscher viel Kritik dafür, dass sie es nicht geschafft haben, auszuweisen, welche Kosten sich die Länder dadurch ersparen bzw. was weiteres Nichtstun kosten würde. Schließlich gilt der Bericht als wissenschaftliche Grundlage für die Politiker, die im kommenden Jahr einen erneuten Versuch unternehmen, ein internationales Klimaabkommen zu schließen. Der Mangel an konkreten Zahlen spiele Ländern in die Hände, die skeptisch sind, beim Klimaschutz mitzumachen, sagten Kritiker mit Blick auf aufstrebende Schwellenländer wie China.

So bleibt Kosten-Nutzen-Rechnern auch nach dem jüngsten Weltklimabericht nur die acht Jahre alte Schätzung des früheren Weltbank-Ökonomen Nicolas Stern. Die konkreten Folgen des Klimawandels wie Überschwemmungen oder Wirbelstürme würden in den nächsten 200 Jahren die globale Wirtschaftsleistung im Schnitt um bis zu sieben Prozent vermindern, schrieb er. Inklusive aller indirekten Effekte rechnete er mit Kosten von einem Fünftel des weltweiten BIPs.

Überzeugt haben die Politiker auch diese Zahlen nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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