Bitcoins: "Elektrizität wird in Geld verwandelt"

Bitcoin themed stickers stand attached to glass doors during the Inside Bitcoins: The Future of Virtual Currency Conference in New York
Bitcoin themed stickers stand attached to glass doors during the Inside Bitcoins: The Future of Virtual Currency Conference in New YorkREUTERS
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Die Jagd nach der virtuellen Währung ist sehr energieintensiv. Entsprechend einfallsreich müssen Bitcoin-Miner bei der Suche nach Billigstrom sein. Ein Österreicher nutzt das familieneigene Kraftwerk in Tattendorf.

Das Schürfen von Bitcoins ist sehr energieintensiv. In den fünf Jahren seit ihrer Entstehung hat die Jagd nach der virtuellen Währung genügend Strom verbraucht, um den Eiffelturm in Paris 260 Jahre lang zu beleuchten. Das so genannte Mining durch das Lösen komplexer Rechenaufgaben von Computern ist aufgrund des hohen Energieverbrauchs ohne Billigstrom kaum noch profitabel. Daher suchen die Schürfer im Rennen um das virtuelle Gold weltweit nach günstiger Elektrizität. Einer der zahlreichen Bitcoin-Miner hat sogar einen Weg gefunden, die Stromrechnung komplett zu umgehen: durch das familieneigene Kraftwerk.

Alex Wilhelm ist ein Auswanderer in Japan, der seine 30 Bitcoin-Server in einem alten Backsteinbau in Österreich per Fernzugriff kontrolliert. Sein Vater stiftet die Elektrizität aus einer Wasserturbine, die eine Bombardierung im Zweiten Weltkrieg überlebte und einst ganz Tattendorf mit Strom versorgte - das Dorf, in dem Wilhelm aufgewachsen ist. Während sein Mining-Betrieb verglichen mit anderen Bitcoin- Farmen recht moderat ist - dieses Jahr dürften unter dem Strich nicht mehr als 12.500 Dollar (rund 9000 Euro) rauskommen -, verdeutlicht es doch den Knackpunkt: wie wichtig die Stromkosten sind, um beim Bitcoin-Schürfen einen Profit zu machen.

Wilhelm zeigt auf Coinwarz.com, eine Website zur Berechnung der Mining-Profitabilität, warum er den Strom nicht lokal bezieht. Die Stromkosten in Tokio gehören zu den höchsten der Welt und liegen etwa beim 15-Fachen von Moses Lake. Hätte Wilhelm seinen zehn-Kilowatt-Betrieb in Tokio, würde er etwa 13 Dollar am Tag verlieren, aufgrund der 67 Dollar für Strom.

Steigt der Strompreis, geht die Rechnung nicht auf

"Im Grunde wird Elektrizität in Geld verwandelt", sagt Wilhelm vor seinem Flachbildschirm sitzend in Tokio. "Wenn der Strompreis steigt, dann geht die Rechnung nicht mehr auf."

Der 30-jährige Softwareingenieur drückt ein paar Tasten, woraufhin eine virtuelle Tour seiner Mine auf der anderen Seite der Welt startet. Die Videozuspielung zeigt reihenweise Platinen, die in einem höhlenartigen Raum wie Fledermäuse von Metallgerüsten hängen. Als er den Ton einschaltet, ist der Lärm der Lüfter hörbar, die die Computer kühlen - es klingt etwa so, als stünde man unter einem tosenden Wasserfall.

"Wenn Sie so etwas zuhause haben, dann wird Ihre Frau nicht sehr glücklich sein", sagt er. "Es ist einfach nur laut und heiß und teuer."

Aus genau diesem Grund suchen auch Miner in anderen Teilen der Welt nach Billigstrom - beispielsweise in Moses Lake im US- Bundesstaat Washington. Die ruhige Kleinstadt im Nordwesten des Landes, die mehr Kühe als Einwohner hat, bietet die zweitniedrigsten Strompreise in den USA nach Minot in North Dakota und könnte damit zum Mekka der Bitcoin-Miner werden.

Der Stromverbrauch war schon immer der Knackpunkt bei Bitcoins, erklärt Kryptograph Philipp Gühring in Wien. Einer Schätzung zufolge hat das Mining mehr als 150.000 Megawattstunden Strom verbraucht, seit Bitcoins 2009 von einem Programmierer oder einer Programmierer-Gruppe unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto in Leben gerufen wurden. Das würde ausreichen, um in den USA 14.000 Durchschnittshaushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen - oder den Eiffelturm für mehr als zwei Jahrhunderte.

"Ja, man braucht Hardware und man braucht Software, aber Elektrizität ist das Herzstück, das Bitcoins antreibt", sagt Gühring, der 2011 eine Abhandlung zur Rolle von Energie im Mining von Bitcoins verfasst hat. "Es wird sich dorthin bewegen, wo Strom am günstigsten ist."

Island attraktiv

Darum also Tattendorf oder Moses Lake - oder Island, wo sich einige gewiefte Unternehmer die günstige geothermische Energie der Vulkane zunutze machen, um eine der weltgrößten Bitcoin-Farmen zu betreiben. Die Gewinnmarge ist angesichts der starken Preisschwankungen bei Bitcoins ziemlich volatil - und umso höher, je günstiger der Strom ist.

Der Bitcoin-Preis ist von etwa 13 Dollar auf mehr als 1100 Dollar im Jahr 2013 nach oben geschnellt. Die virtuelle Währung hat in den vergangenen Monaten allerdings ein paar Rückschläge einstecken müssen, nachdem China den Banken Transaktionen mit der virtuellen Währung verboten und die US-Regierung rückwirkend Steuern auf die Krypto-Währung erhoben hatte. Auch die Insolvenz der Bitcoin-Handelsplattform Mt. Gox in Tokio versetzte dem Kurs einen Schlag. Laut Bitcoin-Preisindex von CoinDesk kostete ein Bitcoin zuletzt etwa 480 Dollar.

(Bloomberg)

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