Energie: Brüssel geht gegen Stromfresser vor

Staubsauger-Vertreter
Staubsauger-Vertreter(c) FABRY Clemens
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Ab Montag wird die Wattleistung von Staubsaugern beschränkt. Weitere Haushaltsgeräte sollen folgen. Ziel ist eine höhere Energieeffizienz. Die Industrie sieht die EU-Pläne positiv.

Wien. Zuerst die Glühbirnen, nun die Staubsauger. Das neueste Vorhaben der EU-Kommission sorgt auf Leserbriefseiten und in Internetforen bereits für heftige Reaktionen: Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie wird ab kommendem Montag nämlich der Stromverbrauch von Haushaltsgeräten Schritt für Schritt reguliert – im ersten Schritt dürfen Staubsauger nur noch eine maximale Stromleistung von 1600 Watt aufweisen (jene, die bereits im Handel sind, dürfen noch verkauft werden); ab dem Jahr 2017 wird die Leistung sogar auf 900 Watt beschränkt. Ihnen sollen Wasserkocher, Kaffeemaschinen und Wäschetrockner folgen.

Grund für den Brüsseler Vorstoß ist das EU-Ziel, die Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu verbessern. Und eines nimmt die Kommission gleich vorweg: Die neuen Geräte sollen nicht weniger leistungsfähig sein als die alten, stromfressenden Modelle. Wesentlich sei nur, „wie effizient der aufgenommene Strom in Leistung übertragen wird“.

Werden Staubsauger teurer?

Kraftaufwand sparen etwa bessere Saugdüsen oder eine höhere Durchlässigkeit des Saugbeutels – technische Neuerungen, die sich auch im Preis niederschlagen dürften. In der Kommission will man das freilich nicht bestätigen. Ein Sprecher verweist auf Anfrage der „Presse“ darauf, dass die Preisgestaltung „Sache der Anbieter“ sei.

Und auch Peter Pollak, Geschäftsführer von Dyson Österreich und Sprecher des Branchenverbands der Hersteller von Elektrokleingeräten, sieht keinen Grund, warum jene Geräte teurer werden sollten, die die Anforderungen bereits erfüllen. Anders sehe dies jedoch bei Billigprodukten aus Asien aus. „Hier ist fraglich, ob sich die entsprechende Verbesserungen antun wollen“, so Pollak. Diese Geräte könnten entweder aus dem Markt fliegen oder – mit reduzierter Leistung – einfach schlechter werden. In Österreich lagen zuletzt mehr als 50 Prozent der Staubsauger über der neuen Schwelle von 1600 Watt, so Pollak. Dennoch befürworte die Branche in Summe die neue Regelung.

Zustimmung kommt auch vom Energieregulator. „Bei vielen Haushaltsgeräten hat die Industrie nicht die Leistungsfähigkeit, sondern den Energieverbrauch als entscheidendes Kriterium verkauft“, so E-Control-Chef Walter Boltz. Wichtig sei aber, wie stark ein Staubsauger sauge und nicht, wie viel Strom er aus der Steckdose ziehe.

Neue Kritik an Brüssel

Dennoch gibt es neu aufkeimende Kritik am „Brüsseler Bürokratentum“, das an der Lebensrealität der Menschen vorbei arbeite. Die Kommission wehrt sich dagegen mit dem Argument, dass die Regierungen das Energieeffizienzziel selbst beschlossen hätten und in alle Entscheidungen der Ökodesign-Richtlinie eingebunden gewesen seien. Wie die Regulierung von Haushaltsgeräten mit dem erklärten Ziel des designierten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zusammenpasst, der Behörde ein neues Image zu verleihen und im Sinne des Subsidiaritätsprinzips nur noch die „großen Projekte“ EU-weit zu regeln, steht aber auf einem anderen Blatt.

Ebenso die Frage, welche Geräte es als Nächstes trifft: Die Kommission hat kürzlich eine Studie in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob und wo noch Handlungsbedarf besteht. Das EU-Parlament ist bereits alarmiert: „Wir müssen aufpassen, dass uns nicht bald schon die nächste Ökodesign-Welle überrollt“, warnt Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU in der Bürgervertretung.

Laut „FAZ“ erwägt Brüssel eine ganze Serie neuer Vorhaben, darunter die Regulierung von Haartrocknern, Wasserkochern, Rasenmähern oder Smartphones. Energiekommissar Günther Oettinger betont zwar, dass zum jetzigen Zeitpunkt „noch nichts entschieden“ sei, hält sich ansonsten aber bedeckt. Lieber betont man in der Brüsseler Behörde, wie viel Strom die neue Staubsauger-Verordnung ab 2020 europaweit einsparen soll: Es sind 19 Terrawattstunden jährlich – das entspricht der Produktion von vier Atomkraftwerken.

AUF EINEN BLICK

Ab kommendem Montag dürfen neue Staubsauger in der EU maximal 1600 Watt haben. Beschränkungen für weitere Haushaltsgeräte sollen folgen. Sie werden künftig mit einem Energie-Label versehen, das dem Verbraucher Informationen über Energieeffizienz, Reinigungskraft, Staubemissionen und Lärmpegel gibt. Ziel ist eine höhere Energieeffizienz. Dennoch regt sich bereits Widerstand gegen die „Regulierungswut“ aus Brüssel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

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