Die Rückkehr des billigen Öls

A worker walks past oil tanks at the Total refinery in Grandpuits
A worker walks past oil tanks at the Total refinery in GrandpuitsREUTERS
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Seit Sommer hat sich der Ölpreis halbiert, nun ist er unter 50 Dollar gesunken. Die alten Ölscheichs aus Saudiarabien wollen das nicht ändern – die neuen aus den USA können es nicht.

Eigentlich kann es so weitergehen. Erstmals seit Jahren machte tanken in diesen Feiertagen wieder einmal so richtig Spaß. Zusammen mit dem Ölpreis sind auch die Preise an der Zapfsäule nach unten gerasselt. Seit Sommer hat sich der Preis für ein Fass Erdöl (159 Liter) der Marken Brent und WTI mehr als halbiert und kostet derzeit nicht einmal mehr 50 US-Dollar. Für die Wirtschaft vieler ölimportierenden Staaten wirken die niedrigen Energiepreise (auch Strom ist an Europas Börsen so billig wie zuletzt 2004) wie ein gigantisches Konjunkturpaket. Und ein Ende des billigen Erdöls ist vorerst nicht in Sicht.

An der Geschichte hinter dem Verfall des Ölpreises hat sich wenig geändert: Die Welt schwimmt immer noch in Erdöl. Seit die Amerikaner ihr Öl selbst aus amerikanischem Schiefergestein pressen können, werden jeden Tag rund 1,5 Millionen Fass Erdöl mehr aus der Erde geholt, als die Welt verbraucht. Auch Russland und der Irak liefern trotz niedrigster Preise ungebremst. Und Saudiarabien, das Königreich mit den weltgrößten Ölvorkommen, denkt trotz aller Kritik der anderen Opec-Mitglieder nicht daran, die Produktion zu drosseln.

Saudi-Scheichs vs. Texas-Boys

Doch mit 50 Dollar ist mehr gefallen als nur eine psychologische Marke. Ab diesem Preis wird die Produktion in etlichen Förderländern unrentabel, rechnet die US-Bank Morgan Stanley vor. Nicht nur die amerikanische Schieferölindustrie bekommt Probleme, auch für Russland seien die Kosten der Förderung derzeit etwa so hoch wie die Einnahmen. Für das Land, dessen Wirtschaft ohnedies schon durch die westlichen Sanktionen ins Straucheln geraten ist, wird es also nicht unbedingt leichter.

Auch die Ölscheichs aus Saudiarabien rechnen angesichts des niedrigen Ölpreises im kommenden Jahr mit einem Milliardendefizit. Grund genug, den Ölhahn zuzudrehen, ist das allerdings nicht. Das Königreich will die Fehler aus den 1980er-Jahren vermeiden. Damals drosselte es die Produktion stark, um die Preise zu stützen, musste aber Marktanteile abgeben. Das kann und will sich Saudiarabien nicht noch einmal leisten.

Oelpreis - Entwicklung seit 2010
Oelpreis - Entwicklung seit 2010APA

Mit dem Aufstieg zum größten Ölexporteur hat Amerika das alte Machtgefüge in der Ölwelt erschüttert. Es ist aber fraglich, wie lange die Branche den niedrigen Ölpreis noch durchhalten kann. Denn Erdöl mittels Fracking aus Schieferstein zu pressen ist deutlich teurer, als es aus dem Wüstensand zu pumpen. Saudiarabien will die Preise daher niedrig halten, um die amerikanischen Schieferölproduzenten aus dem Markt zu drängen. Dafür ist das Land zu vielem bereit: Auch ein Preis von 20 Dollar je Fass sei kein Problem, sagte der saudiarabische Erdölminister, Ali al-Naimi, in Interviews. Anders als in den USA liegen die Öl-Förderkosten in seinem Land unter diesem Preis.

Das große Ölscheich-Mikado

Doch das Ölscheich-Mikado könnte noch eine Weile andauern. Denn selbst wenn US-Schieferölproduzenten angesichts niedriger Preise das Erdöl besser im Boden ließen, können sich viele genau das nicht leisten. Sie haben ihre Schulden seit 2010 um mehr als die Hälfte auf 200 Mrd. US-Dollar aufgeblasen, berichtet das „Wall Street Journal“. Heute müssen sie zumindest so viel verdienen, um die Zinsen dafür begleichen können. Saudiarabien will die Produktion also nicht drosseln, und die Amerikaner können es sich nicht leisten.

Indes mehren sich jedoch Anzeichen für eine unfreiwillige Bereinigung in der Branche. Etliche Erdölkonzerne in den USA haben bereits angekündigt, dass sie ihre Investitionen bis auf Weiteres auf Eis legen wollen. Erste kleinere Schieferölfirmen sind bereits in den Konkurs geschlittert. So wird allgemein erwartet, dass in der zweiten Hälfte des Jahres etliche amerikanische Ölproduzenten zumindest zeitweise aus dem Markt gehen werden.

Das würde den Ölpreis zumindest ein wenig heben. Doch es genügt schon, wenn es bei den Atomgesprächen des Westens mit dem Iran zu ernsthaften Annäherungen kommt und die Sanktionen gelockert oder gar aufgehoben werden, und schon wäre auch das wieder Makulatur. Der Iran allein könnte jeden Tag rund eine halbe Million Fass Erdöl an die Welt liefern, schreiben die Analysten von Morgan Stanley.

Es sieht also ganz so aus, als könnten wir noch eine Weile billig tanken.

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