Wohnen: Energiesparend in die "Rosa Zukunft"

(c) Salzburg AG
  • Drucken

In einer Wohnanlage in der Salzburger Rosa-Hofmann-Straße wird erprobt, wie die Energieversorgung von morgen funktionieren könnte – und das für Jung und Alt.

In nur zehn Minuten gelangt man aus Salzburgs Altstadtkern mit dem öffentlichen Bus in den Stadtteil Salzburg-Taxheim – und doch fühlt es sich hier beinahe wie auf dem Land an. Großzügige Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten reihen sich aneinander, Radfahrer schlängeln sich gemütlich durch die fast autoleeren Gassen und auch den Greißler findet man hier noch ums Eck.

Angekommen in der Rosa-Hofmann-Straße überrascht der Blick auf eine moderne Wohnhausanlage: Die sogenannte Rosa Zukunft ist eines der beiden großen Projekte in Salzburgs Smart-Grids-Modellregion (>> Köstendorf: Erste Smart Grids Gemeinde Österreichs) und damit auch Vorreiter in Europa. Dort wird erprobt, wie Haushalte den eingespeisten Strom von der Fotovoltaikanlage der Wohnanlage nicht nur selbst nutzen, sondern auch an andere Verbraucher weiterleiten können. E-Carsharing sowie die bewusste Einbindung der Bewohner ins selbstständige Energiesparen standen bei der Planung im Fokus, außerdem wurde auch das Thema Generationenwohnen berücksichtigt. In der Rosa Zukunft gibt es sowohl betreutes Seniorenwohnen als auch Mietkauf- und Eigentumswohnungen für Jüngere.

Gemeinschaft aus Jung und Alt

„Damit das Land hier in Bauland umgewidmet werden konnte, gab es eine Bedingung: Es sollten dort sowohl ältere als auch jüngere Menschen Platz finden“, erklärt Roland Wernik von der Salzburg Wohnbau. „Deshalb verzichtete die Stadt zugunsten der Diakonie auf die Vergabe der Wohnungen. Die Diakonie wählte aus den zahlreichen Bewerbern aus und stellte einen Mix aus Alt und Jung zusammen. Die Gemeinschaft und das gegenseitige Helfen stehen in dieser Wohnanlage im Zentrum.“ Außerdem sollte die Rosa Zukunft auch in technologischer Hinsicht neue Standards setzen. Deshalb wurden in die Anlage Smart Grids eingebaut: „Unter Smart Grid versteht man ein intelligentes Netz, das alle Akteure – also Erzeuger, Speicher und Verbraucher – miteinander vernetzt“, so der Geschäftsführer der Salzburg AG, Michael Strebl. „Wir glauben, dass die Energieversorgung in zehn bis 20 Jahren nur mehr so funktionieren wird.“

Seit Dezember 2013 wird die Anlage mit insgesamt 130 Wohnungen bewohnt, 34 davon sind sogenannte Monitoring-Wohnungen. „In diesen Modellwohnungen wurde ein Energie-Feedback-Paket installiert, das den Bewohnern dabei helfen soll, besonders sparsam mit Energie umzugehen“, erklärt Projektleiter Bernhard Strasser. „Dazu zählen zum Beispiel ein Eco-Button im Eingangsbereich, mit dem man beim Verlassen der Wohnung alle Stand-by-Geräte abschalten kann, oder ein Sensor, der die Raumtemperatur und die CO2-Konzentration misst. Die Bewohner haben dafür ein Tablet (siehe Info-Kasten) bekommen, das anzeigt, wann gerade Strom besonders günstig ist.“

Intelligentes Netz verteilt Strom

Die Stromerzeugung erfolgt über die Fotovoltaikanlage der Anlage, die sich automatisch nach dem Sonnenstand ausrichtet. Weiters sind Wärmepumpen eingebaut, ein Pufferspeicher sowie ein Blockheizkraftwerk auf Biogasbasis.Ist beispielsweise ausreichend Strom im öffentlichen Netz vorhanden, werden die anderen Energieerzeuger in der Wohnanlage zurückgefahren. „Mit diesem intelligenten Netz werden zehn bis 15 Prozent Energie eingespart“, so Wernik.

Familienvater und Bewohner der Rosa Zukunft Alexander Schuh hat sich gemeinsam mit seinen Schwiegereltern für das Projekt beworben – beide bekamen eine Wohnung, seine Schwiegereltern sogar eine Monitoring-Wohnung: „Uns gefiel die Idee des Generationenwohnens genauso wie der ressourcenschonende Umgang mit Energie. Durch das soziale Konzept lebt man hier außerdem nicht so anonym wie in anderen Wohnanlagen.“

In jeder der 34 Monitoring-Wohnungen der „Rosa Zukunft“ befindet sich ein Tablet mit der installierten Smart Center App. Diese zeigt an, wann der Strom besonders günstig ist. Grün steht für billig, Rot für teuer.
In jeder der 34 Monitoring-Wohnungen der „Rosa Zukunft“ befindet sich ein Tablet mit der installierten Smart Center App. Diese zeigt an, wann der Strom besonders günstig ist. Grün steht für billig, Rot für teuer. (c) Salzburg AG

Als Schnittstelle fungiert die Wohnkoordination der Diakonie vor Ort: „Es wird versucht, die Menschen länger in ihren vier Wänden zu halten: Das ist volkswirtschaftlich von Bedeutung und steigert auch das Selbstwertgefühl im Alter“, so Wohnkoordinatiorin Rafaela Janta-Beyer. Sie selbst arbeitet 40 Stunden in der Anlage und ist zuständig für die seniorengerechten Wohnungen, führt mit allen über 60-Jährigen regelmäßig Einzelgespräche und vernetzt die Bewohner untereinander. „Senioren sollen sich hier nicht einsam fühlen, aber dennoch ihre Privatsphäre wahren können“, so Janta-Beyer.

Herzstück der Anlage ist ein Gemeinschaftsraum, in den sich aber auch Vereine von außen einmieten können. Beim Bauen wird es künftig nicht nur darum gehen, ressourcenschonend zu wohnen oder um die bauliche Integration der Anlage, sondern vor allem auch um gesellschaftliches Miteinander. „Beim Wohnen darf keine Ausgrenzung stattfinden, sondern eine Inklusion aller Bevölkerungsschichten.“ Auf die Frage, wie die Zukunfts des Wohnens aussehen könnte, antwortet Janta-Beyer mit „hoffentlich bunt, durchmischt und offen“ – also durchaus „rosig“.

LEXIKON

Smart Grids sind intelligente Stromnetze, die über ein Kommunikationsnetz Erzeuger, Speicher und Verbraucher miteinander vernetzen. Im Fall der „Rosa Zukunft“ in Salzburg-Taxham wird die Sonnenenergie mit einer eigenen Fotovoltaikanlage, die sich automatisch nach dem Sonnenstand ausrichtet, produziert – und über das intelligente Netz verteilt.

Smart Meter, sogenannte intelligente Stromzähler, wirken als Bindeglied zwischen Verbrauchern und Stromnetz.

Mehr auf: diepresse.com/energie

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wissenschaft

Einbindung: Smart Cities brauchen die Bürger

Es reicht nicht, innovative Energiesysteme zu implementieren. Smart Cities funktionieren nur, wenn ihre Bürger mit ins Boot geholt werden.
Solarenergie und Elektroautos

Köstendorf probt Energiezukunft

Koestendorf
Energie

Energieversorgung: Waschen nur bei Sonnenschein

Der Salzburger Ort Köstendorf ist Österreichs erste „Smart-Grids-Modellgemeinde“. Dort wird erprobt, wie die Energieversorgung von morgen funktionieren könnte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.