Gas: Sensationsfund vor Ägypten

(c) Bloomberg (Andrey Rudakov)
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Das Erdgasfeld ist das größte im Mittelmeer. Europa wird es vorerst aber kaum etwas bringen.

Wien. Meldungen dieser Art sind selten. Umso größer ist daher das Aufsehen, für das der italienische Energiekonzern Eni mit seiner Erfolgsnachricht sorgt: Vor Ägypten wurde das bisher größte bekannte Erdgasfeld im Mittelmeer entdeckt. Das Zohr genannte Feld könnte sich sogar als eines der größten Vorkommen weltweit erweisen und dazu beitragen, den Energiebedarf des Landes auf Jahrzehnte zu decken, erklärte das italienische Unternehmen noch am Sonntag.

„Die historische Entdeckung kann das Energieszenario in Ägypten verändern“, sagte Eni-Chef Claudio Descalzi. Eni zufolge dürfte Zohr mit einer Ausdehnung von rund 100 Quadratkilometern nach ersten Erkenntnissen fast 850 Mrd. Kubikmeter Erdgas enthalten. Zur Einordnung: Österreich verbrauchte im Vorjahr sieben Mrd. Kubikmeter. Zohr könnte Österreich somit 121 Jahre lang versorgen.

Geduld ist gefordert

Freilich: Ob, wann und wie ägyptisches Gas jemals nach Europa gelangt, ist derzeit noch unklar. Zunächst nämlich brauche es rund drei Jahre, bis überhaupt die erste Förderung beginnen könne, erklärt Walter Boltz, Vorstand von E-Control, zur „Presse“: Bis zur massiven Ausbeutung seien fünf bis zehn Jahre zu veranschlagen.

In jedem Fall wird Ägypten selbst, das wegen des steigenden Verbrauchs in den vergangenen Jahren zum Energie-Importeur geworden ist, seinen Energiebedarf zunehmend aus dem neuen Feld decken und damit auch seine bisherige Öllastigkeit ökologisch vorteilhaft verringern.

In jüngster Zeit hatten Engpässe in der Versorgung immer wieder zu Stromausfällen geführt, die nicht nur die Industrie schädigten, sondern mitunter auch politische Unruhen auslösten.

Nur der Export bringt Geld

Dennoch kann auch Europa hoffen, einen Teil der dann zur Verfügung stehenden Volumina zu erhalten und damit einseitige Abhängigkeiten – vor allem von Russland – zu verringern. „Ägypten wird sicher auf den Export drängen“, so Boltz: „Nur so wird man westliche Energiekonzerne sowie Banken dazu bringen, die nötigen Investitionen in die Förderung zu tätigen und zu finanzieren.“

Auch andere Funde im Mittelmeer in den vergangenen Jahren haben in Europa die Hoffnung genährt, dass hier neue Bezugsquellen entstehen – vor allem das israelisch-zypriotische Gasfeld Leviathan, aus dem seit Kurzem nicht mehr nur Israel versorgt wird, sondern Gas auch exportiert wird. Bezeichnend, dass die Entdeckung des Zohr-Feldes bereits zu Diskussionen in Israel geführt hat. So warnte der israelische Energieminister, Juval Steinitz, sein Land drohe beim Erdgasexport ins Hintertreffen zu geraten.

Steinitz warf seinem Land am Sonntag vor, in der Energiepolitik „zu schlafwandeln“. Unterdessen „verändert sich die Welt vor unseren Augen – mit Implikationen für den Export“, erklärte er zu dem neuen Fund. Aus europäischer Sicht wäre es laut Boltz sinnvoll, Gas aus diesem Gebiet über eine Pipeline zu erhalten.

Angedachte Projekte jedoch kämen nicht voran. Durchaus denkbar sei daher, dass Ägypten eine Verflüssigungsanlage zur Herstellung von LNG (Flüssiggas) errichtet, um das Gas mit Tankern zu exportieren. Bis dahin ist der Weg weit. Nutznießer ist in jedem Fall der Eni-Konzern, der nicht nur generell in Afrika ausgiebig fördert, sondern auch konkret in Ägypten seit mehr als 60 Jahren aktiv ist und im Juni mit der Regierung in Kairo ein milliardenschweres Fördergeschäft vereinbart hat.

Seit Descalzi im Vorjahr bei Eni das Ruder übernommen hat, konzentriert sich der Konzern wieder verstärkt auf die Erkundung von Öl- und Gasfeldern. Dies ist Eni nach dem neuen Gasfördervertrag mit Ägypten nicht nur im Mittelmeer, sondern auch auf dem Sinai, im Golf von Suez und in Teilen des Nildeltas erlaubt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2015)

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