Hoffnungsschimmer für das Klima

Smog in Peking BEIJING CHINA OCTOBER 19 A girl wearing masks walks in the smog on October 19 20
Smog in Peking BEIJING CHINA OCTOBER 19 A girl wearing masks walks in the smog on October 19 20(c) imago/China Foto Press (imago stock&people)
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Erstmals stagnieren die CO2-Emissionen trotz wachsender Weltwirtschaft. Grund: China und die USA verbrennen weniger Kohle. Für das Zwei-Grad-Ziel ist das freilich zu wenig.

Wien. Ein Anfang ist gemacht: Der globale CO2-Ausstoß nimmt zumindest nicht mehr zu. Schon 2014 flachte sich die steile Kurve deutlich ab. 2015 stagnierten die Emissionen. Das ist das Fazit des heurigen Berichts des Forschungsverbunds Global Carbon Project.

Die Entwicklung könnte der Wendepunkt sein, auf den viele Wissenschaftler gehofft haben. Die Weltwirtschaft ist in den vergangenen Jahren gewachsen, anders als 2008, als die Emissionen krisenbedingt sogar zurückgegangen sind. Es gelingt also weltweit eine „Entkoppelung“ von Wachstum und Emissionen. Hochentwickelte Staaten schaffen das schon seit 1990 – allerdings auch deshalb, weil sie schmutzige Industrien in Schwellenländer ausgelagert haben. Nun gibt es auch dort eine Wende, zumindest in China.

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Der weltweit größte Emittent (mit 29 Prozent Anteil), der seit der Jahrtausendwende seinen Ausstoß verdreifacht hat, weist erstmals seit einem halben Jahrhundert einen leichten Rückgang auf. Sicher spielt auch die nachlassende Wachstumsdynamik eine Rolle. Entscheidend dürften aber das Bemühen Pekings, von der Kohle wegzukommen, und die angepeilten Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur sein: weniger Exportindustrie, mehr Dienstleistungen.

Schon seit einigen Jahren geht der CO2-Ausstoß in den USA zurück. Öl und Gas verdrängen beim zweitgrößten Emittenten (15 Prozent Anteil) die Kohle. In der amerikanischen Stromproduktion spielen nun auch Wind- und Sonnenenergie eine Rolle. In Europa hingegen hat der Ausstoß zuletzt leicht zugenommen, der langfristige Trend zeigt aber klar nach unten. Sorgen bereitet die Entwicklung in Indien, das weiterhin voll auf Kohle setzt: plus fünf Prozent, wie schon in den Jahren zuvor.

Nicht fünf Grad, aber drei

Was bedeutet das alles für die Erderwärmung? Schreibt man den Trend fort, erscheinen zumindest die schlimmsten Szenarien des Weltklimarats – mit einem Temperaturanstieg von vier bis fünf Grad Celsius – nun weniger realistisch. Freilich: Für das Zwei-Grad-Ziel, das in Paris festgeschrieben wurde, reicht es bei Weitem nicht. Der Planet marschiert in Richtung drei Grad Erwärmung. Das entspricht auch den Ergebnissen von Paris: Die dort fixierten nationalen Zusagen und Pläne werden laut Studie zurzeit eingehalten, reichen aber in Summe nur für den Drei-Grad-Entwicklungspfad. Das war freilich auch den Verhandlern bewusst.

Deshalb haben sie eine Verschärfung der Ziele alle fünf Jahre vereinbart – ein diplomatischer Trick, um überhaupt zu einem Klimavertrag zu kommen. Bei der aktuellen Konferenz in Marrakesch sollten die nächsten Weichen gestellt werden. Doch dann machte der Wahlsieg Donald Trumps viele Hoffnungen zunichte. Der kommende US-Präsident hät den Klimawandel für „einen Schwindel“ und verspricht der amerikanischen Kohleindustrie ein Comeback. Für die globale Klimapolitik verheißt das nichts Gutes. Vor allem dann nicht, wenn ein Dominoeffekt eintritt und die Chinesen wieder die Zügel lockern, um im Wettbewerb mit den USA nicht zurückzufallen.

Die Forscher vom Global Carbon Projekt, die seit 2001 die Treibhausgasemissionen quantifizieren, üben sich dennoch in Optimismus. Für Koautor Glen Peters sollte auch ein Präsident Trump die Entwicklung nicht aufhalten können: Erdgas und erneuerbare Energien seien in den USA dank neuer Technologien und niedriger Preise einfach attraktiver als Kohle. Die Entkoppelung zeigt sich auch an den Emissionen pro produzierter Einheit. Sie gehen schon lang zurück. Stark in China, das aber von einer extrem hohen Intensität ausging und das westliche Niveau noch nicht erreicht hat. Indien weist relativ niedrige Werte auf, weil es auf dem Subkontinent weniger Schwerindustrie gibt. Deshalb steigt die Kurve der Emissionen dort trotz starken Wachstums bei Weitem nicht so steil wie bis vor Kurzem in China an. Dennoch: Die Zukunft des Weltklimas wird nicht nur in Washington und Peking entschieden, sondern auch in Neu-Delhi.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2016)

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