Die EVN verdient kräftig am Schlamassel rund um die deutsche Energiewende. Die fossilen Kraftwerke der Niederösterreicher sind bis Winter 2018 zur Stabilisierung der Netze ausgebucht.
Wien. Der europäische Energiemarkt ertrinkt in billigem Strom aus geförderten Wind- und Solaranlagen, die Preise sind seit Jahren im Keller. Trotz dieser miserablen Bedingungen hat der niederösterreichische Versorger EVN im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015/16 um ein Fünftel mehr Strom produziert als noch im Jahr zuvor. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Endkunden der EVN plötzlich so viel mehr Strom verbraucht hätten – konkret ging der Verkauf an Endkunden sogar um fünf Prozent zurück.
Vielmehr entwickeln sich die Netzbetreiber aus Deutschland und Österreich zu den besten Kunden des Unternehmens. Sie brauchen die gut planbare Erzeugung der fossilen Kraftwerke, um ihre Netze angesichts des steigenden Anteils von erratisch erzeugtem Ökostrom stabil halten zu können. Im vergangenen Winter wurden die EVN-Kraftwerke Theiß und Korneuburg etwa jeden zweiten Tag als Reservekapazität für den süddeutschen Raum abgerufen. „Heuer läuft es noch besser“, sagte EVN-Vorstandschef Peter Layr am Dienstag am Rand der Bilanzpressekonferenz in Wien. Im Oktober und November seien die thermischen Kraftwerke der EVN bereits 130-mal zur Netzstützung gebucht worden. Damit profitieren just die fossilen Kraftwerke der EVN von der deutschen Energiewende. Oder besser gesagt davon, dass der Netzausbau mit dem Ausbau der Erneuerbaren nicht Schritt halten konnte. Die Stromerzeugung aus Wärmekraftwerken stieg bei der EVN um 38,3 Prozent.
„Müssen stützend eingreifen“
Bis in den Winter 2017/18 sind die Kapazitäten der EVN von den Netzbetreibern der beiden Länder bereits ausgebucht. Selbst die drohende Trennung der gemeinsamen Strompreiszone von Deutschland und Österreich könne dieses Geschäft nicht gefährden, ist Layr überzeugt. Selbst wenn es so weit kommt und ein künstlicher Engpass an der deutsch-österreichischen Grenze geschaffen würde, „müssten wir weiter stützend eingreifen. Die Physik richtet sich zum Glück nicht nach dem Gesetzgeber“, so der EVN-Chef.
In Summe trug dieser Handel mit Reservekapazitäten maßgeblich zur Steigerung des operativen Ergebnisses (Ebitda) um 3,6 Prozent auf 604,4 Millionen Euro bei. Das Betriebsergebnis (Ebit) verringerte sich wegen Wertminderungen von Erzeugungsanlagen um 2,9 Prozent auf 260,4 Mio. Euro, der Umsatz sank um 4,2 Prozent auf gut zwei Milliarden Euro. Unter dem Strich stieg das Konzernergebnis um knapp sechs Prozent auf 156,4 Millionen Euro. Die geplante Dividende bleibt unverändert bei 42 Cent je Aktie.
Erste Smart Meter schon 2017
Ein ähnliches Ergebnis erwartet das Unternehmen auch für das neue Geschäftsjahr. In Niederösterreich will die EVN heuer die letzten Millionen aus ihrem Ein-Milliarden-Investitionspaket vorrangig für den Ausbau der Netze ausgeben.
Im Frühjahr 2017 wird der niederösterreichische Versorger auch mit der Auslieferung der ersten 10.000 Smart Meter beginnen. Läuft alles glatt, soll Anfang 2018 der flächendeckende Roll-out starten. Ziel ist, bis ins Jahr 2020 zumindest acht von zehn EVN-Kunden (das wären 700.000 Zähler) mit einem intelligenten Stromzähler auszustatten. Die Kosten beziffert die EVN mit unter 200 Mio. Euro. In ganz Österreich werde die umstrittene Einführung der Smart Meter rund eine Milliarde Euro kosten. Das ist um die Hälfte weniger, als die Branche bisher geplant hat. Entsprechend schwächer sollten auch die Gebühren der Stromkunden steigen, die die gesetzlich vorgeschriebene Einführung der intelligenten Zähler bezahlen müssen. Prinzipiell hat jeder Kunde die Möglichkeit, sich gegen den Einbau eines Smart Meter auszusprechen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2016)