Solarbranche zu Tode gefördert

Der deutsche Solarzellenbauer Solarworld hat seinen langen Überlebenskampf verloren. 3300 Mitarbeiter sind betroffen.
Der deutsche Solarzellenbauer Solarworld hat seinen langen Überlebenskampf verloren. 3300 Mitarbeiter sind betroffen.(c) Solarworld
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Mit Solarworld verschwindet der letzte deutsche Sonnenkönig. Die Schuldigen sitzen in Peking und Berlin. Ihre Milliardensubventionen haben mehr geschadet als genutzt.

Wien. Der letzte Sonnenkönig ist gefallen. Am Donnerstag musste Franz Asbeck, Chef von Solarworld, den deutschen Solarzellenbauer in Insolvenz schicken. Die Bedeutung der Millionenpleite geht weit über das Schicksal der 3300 Mitarbeiter hinaus. Sie ist auch ein Symbol für das Versagen einer (gut gemeinten) Förderpolitik, die Europas Energiebranche fast zwei Jahrzehnte lang geprägt hat.

Anfangs klang die Idee bestechend: Wer sich Solaranlagen auf das Dach schraubt, kann seinen selbst erzeugten Strom zu staatlich garantierten, überteuerten Preisen an die übrigen Stromkunden verkaufen. Das sollte das Klima retten und gleichzeitig eine Zukunftsbranche im strukturschwachen Osten zum Leben erwecken. Doch beide Ziele wurden klar verfehlt. Die deutschen CO2-Emissionen sind durch die Energiewende nur wenig gesunken. Und vom einstigen „Solar-Valley“ in Ostdeutschland ist nichts mehr übrig. Mit Solarworld verschwindet das letzte Schwergewicht von der Bildfläche. Die meisten Mitkämpfer haben bereits vor vier, fünf Jahren das Handtuch geworfen.

Berlin fütterte die Thronräuber selbst an

Der Schuldige war damals wie heute rasch gefunden: Die Billigkonkurrenz aus China habe seinem Unternehmen den Garaus gemacht, ließ Solarworld-Chef Asbeck wissen. Das ist nicht ganz falsch: Chinesische Solarzellen sind deutlich billiger als deutsche. Ganz richtig ist es aber auch nicht. Der schwarze Peter gehört in diesem Fall Berlin mindestens ebenso sehr wie Peking. Ohne staatliche Subventionen für die Erzeugung von Solarstrom in Europa hätten die asiatischen Thronräuber nie so schnell wachsen können. Der Plan, mit großzügigen Einspeisevergütungen gezielt die heimische Industrie zu stützen, ging nicht auf.

Auch die Tatsache, dass Deutschland – anders als Österreich – lange Zeit auf einen Förderdeckel verzichtet hat, dürfte der Branche letztlich mehr geschadet als genutzt haben. Der Staat trieb die Nachfrage künstlich in derartige Höhen, dass die Industrie blind expandierte – bis es sich die Zahler (in diesem Fall die deutschen Stromkunden) nicht mehr leisten konnten oder wollten. Aber auch China half mit, die Solarbranche in Deutschland kaputtzufördern. Peking fütterte „seine“ Solarhersteller so lange mit billigen Staatskrediten, bis die Deutschen aufgeben mussten.

Und in Österreich? Hier hat die Ökostromförderung weniger Kollateralschäden hinterlassen. Die Unternehmen, meist Zulieferer, sind nicht so stark vom Heimmarkt abhängig, sondern arbeiten längst mit den Asiaten zusammen. Und die Politik hat es immerhin geschafft, nicht gleich die gröbsten Fehler der Deutschen im eigenen Fördermodell zu kopieren. So gab es hierzulande von Beginn an eine Deckelung der Förderleistung. Doch die Österreicher haben sich lang genug darin gesonnt, die Energiewende etwas schlauer umgesetzt zu haben als die großen Nachbarn. Gefeit vor gefährlichen Übertreibungen ist die Branche auch bei uns nicht.

Aktuell steht etwa eine weitere Novelle des heimischen Ökostromgesetzes an. Während es ursprünglich nur um die (vergleichsweise billige) Rettung von ein paar Hundert Biogasanlagenbetreibern ging, dürfte es nun deutlich teurer werden. Vor allem die heimische Windbranche legt sich quer – solang sie sich nicht selbst ein weiteres dickes Stück vom längst verteilten Kuchen sichern kann.

Windparks ganz ohne Subventionen?

Vielleicht lohnt es sich, den Blick noch einmal nach Deutschland zu lenken. Dort hat sich die Regierung mit Jahresbeginn nämlich von der Praxis garantierter Abnahmepreise für Strom aus Solarenergie, Windkraft und Biomasse weitgehend verabschiedet. Stattdessen sollen die Projektwerber Anlagen bauen, die mit den niedrigsten Subventionen auskommen. Und siehe da: Plötzlich finden sich Unternehmen, die Windparks in der deutschen Ostsee errichten wollen – ohne dafür die Hand aufzuhalten. Vielleicht eine deutsche Regelung, die zum Kopieren taugt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2017)

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