Kern kritisiert „Agrarlobbyismus“ im Strombereich

Bundeskanzler Christian Kern.
Bundeskanzler Christian Kern. (c) REUTERS
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Der Kanzler und SPÖ-Spitzenkandidat will künftig weniger Förderungen für Biogas und Biomasse. Davon sollen die Stromkunden profitieren. Gleichzeitig solle es aber schärfere Effizienzvorgaben für die Versorger geben.

Wien. In Österreich herrscht Wahlkampf. Das musste am Montag auch Fatih Birol, der Exekutivdirektor der Internationalen Energieagentur (IEA), hautnah miterleben. Denn eine gemeinsame Pressekonferenz von ihm und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wurde von innenpolitischen Themen dominiert. Konkret stellte Kern seine Ideen für die energiepolitische Gesetzgebung der kommenden Legislaturperiode vor. Nicht, ohne dabei heftige Kritik am Noch-Koalitionspartner ÖVP zu üben.

Zentraler Punkt bei Kerns Ausführungen war dabei der Umbau des Ökostromgesetzes, der noch für die aktuelle Regierunsperiode geplant war, aufgrund mangelnder Einigkeit der Koalitionspartner aber nicht zustande kam. „Die Österreicher zahlen 864 Mio. Euro für Ökostromförderung pro Jahr und erhalten dafür neun Terawattstunden“, so Kern. Laut Berechnungen der SPÖ könnte mit dem gleichen Förderbetrag ein Volumen von 33 Terawattstunden subventioniert erzeugt werden.

„Dafür müssen wir uns aber halt von jenen Technologien trennen, die zu teuer und zu wenig effizient sind.“ Konkret seien das Biogas und Biomasse. Diese beiden Energieformen würden nur mehr deshalb vom Ökostromregime unterstützt, weil es „zu viel Agrarlobbyismus“ gebe. „Wir wollen künftig aber die besten Technologien fördern und nicht jene mit den besten Lobbyisten“, so Kern, der mit dieser Kritik direkt auf die bäuerliche Stammwählerschaft der ÖVP zielt.

Aufgrund dieser höheren Effizienz in der Förderung soll die Ökostromförderung in Summe künftig auf dem heutigen Niveau von knapp unter 900 Mio. Euro pro Jahr gedeckelt werden. Da sich die damit erzielte Produktion dennoch vervierfachen werde, sei eine weitere Förder-Ausweitung nicht mehr notwendig. Die höhere Produktion heimischer Ökoenergie sei grundsätzlich jedoch notwendig, damit die Preise nach der erwarteten Aufhebung der gemeinsamen Stromzone mit Deutschland nicht zu stark steigen. Denn grundsätzlich werde die Trennung von Deutschlands Strommarkt zu höheren Preisen in Österreich führen. „Wenn wir weniger Strom aus Deutschland importieren können, dann müssen wir eben mehr Strom selbst produzieren“, so Kern.

Effizienz mehr als verdoppeln

Dadurch sei auch der zweite SPÖ-Vorschlag umsetzbar, ohne den Wirtschaftsstandort Österreich zu schädigen, so Kern. Der Kanzler will nämlich auch die Vorgaben für die Energieeffizienz deutlich verschärfen. Bisher mussten Energieversorger dafür sorgen, dass ihre Kunden jedes Jahr durch Effizienzmaßnahmen um 0,6 Prozent weniger verbrauchen. Künftig solle dieser Wert auf 1,5 Prozent steigen. Gleichzeitig soll aber auch der Maßnahmenkatalog deutlich durchforstet werden, sodass etwa Durchflussbegrenzer nicht mehr als Effizienzmaßnahme akzeptiert würden. Wie mehrfach berichtet, waren diese Durchflussbegrenzer etwa für Duschköpfe, die den Warmwasserverbrauch senken sollen, für viele Versorger das Mittel der Wahl, um die Vorgaben zu erreichen, weil sie sehr billig sind,und es reichte, dass sie an die Kunden versandt werden.

Der Großteil dieser Begrenzer sei allerdings nie eingebaut worden, so Kern. Er selbst habe einige davon zu Hause herumliegen. Bei der Energieeffizienz habe es bisher eine „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“-Strategie gegeben, so Kern. Das solle nach der Nationalratswahl geändert werden. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2017)

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