EU soll Wasserstoff-Vorreiter werden

Wenn es um Themen der weiteren Zukunft geht, herrscht bei den EU-Energieministern Einigkeit. Bei konkreten Fragen des aktuellen Marktdesigns sieht es anders aus.
Wenn es um Themen der weiteren Zukunft geht, herrscht bei den EU-Energieministern Einigkeit. Bei konkreten Fragen des aktuellen Marktdesigns sieht es anders aus.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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In einem Bekenntnis zur Zukunftstechnologie Wasserstoff sind sich die EU-Energieminister einig. Anders ist das bei konkreten Fragen wie Ersatzkapazitäten für Erneuerbare.

Linz. Er ist die Zukunftshoffnung der Energiewirtschaft: Wasserstoff. Das erste Element im Periodensystem. Hochreaktiv, weshalb er, sobald er in einer Brennstoffzelle mit dem Luftsauerstoff zusammengeführt wird, komplett emissionsfrei Strom erzeugt. Einziges „Abfallprodukt“ dabei: H2O – also Wasser.

Nur ein Problem gibt es beim Wasserstoff. Er kommt in der Natur nicht in Reinform vor – muss also künstlich erzeugt werden. Entweder durch die Aufspaltung von Erdgas (CH4), wobei CO2 anfällt. Oder durch Elektrolyse aus Wasser. Dabei gibt es zwar nur Sauerstoff als „Abfall“, jedoch braucht man viel Energie. Es gibt also eine Reihe von Gründen, warum schon seit Jahrzehnten am Wasserstoff geforscht wird, die Technologie in der Anwendung aber trotzdem noch in den Kinderschuhen steckt.

Wunsch nach mehr Forschung

Trotzdem hat die für Energie zuständige Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger den Wasserstoff als Kernthema für ihren Vorsitz der EU-Energieminister auserkoren. Beim informellen Rat der Energieminister war deshalb auch die von ihr initiierte Wasserstoff-Deklaration die Hauptausbeute. 25 EU- und Efta-Länder sowie die Kommission haben die Deklaration bereits unterschrieben, so Köstinger. Darin enthalten ist vor allem das Bekenntnis, an Wasserstoff als Speichertechnologie für erneuerbar erzeugten Strom zu forschen. „Es geht uns darum, das politische Thema Wasserstoff voranzutreiben. Es soll mehr in Forschung und Innovation investiert werden“, sagt Köstinger. Welche konkreten Schritte diesem politischen Bekenntnis folgen werden, ist allerdings offen. So heißt es am Ende des fünfseitigen Papiers auch konkret: „Durch dieses Dokument werden keine gesetzlichen Vorgaben oder Verpflichtungen erzeugt.“

Von der Wichtigkeit des Wasserstoffes für Europas Energiezukunft überzeugt ist jedoch auch EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete: „Nachhaltige Wasserstoffenergie hat großes Potenzial, eine emissionsfreie Energiebereitstellung und gleichzeitig eine Sicherstellung der Versorgungssicherheit zu ermöglichen. Die EU soll hier ein Vorreiter in dieser Technologie sein.“ Als Positiv-Beispiel verweist Cañete auf das Voest-Pilotprojekt H2Future, das seit Jahresbeginn in Zusammenarbeit mit dem Verbund und Siemens errichtet wird.

Dabei soll mittels Elektrolyse überschüssiger Ökostrom zu Wasserstoff umgewandelt und in weiterer Folge für die Stahlproduktion verwendet werden. Die sechs Megawatt-Anlage ist sicherlich ein imposantes Projekt, ein Blick auf die Zahlen zeigt allerdings auch die begrenzte Bedeutung. So hieß es bei der Voest im Vorjahr, dass man Strom im Ausmaß von 33 Terawattstunden pro Jahr bräuchte, um sämtliche verwendete fossile Energie zu ersetzen. Zum Vergleich: Der Jahresstromverbrauch von ganz Österreich beträgt rund 75 Terawattstunden.

Geld für fossile Kraftwerke?

Fossile Energieträger werden aber nicht nur in der Stahlproduktion noch länger eine Rolle spielen. Auch am Strommarkt sollen beispielsweise Gaskraftwerke als Ersatz bereit stehen, wenn die erneuerbare Erzeugung aus Wind, Wasser und Sonne nicht ausreicht. Da diese Vorsorgekapazitäten oft unrentabel sind, fordert die Energiewirtschaft schon seit längerem sogenannte Kapazitätsmärkte, in denen die Versorger auch für die Bereitstellung der Ersatzkapazitäten Geld erhalten.

In Linz wurde von den EU-Energieministern auch diskutiert, inwiefern diese Kapazitätsmärkte im „Clean Energy Package“, mit dem die Klimaziele von Paris in die Praxis umgesetzt werden sollen, Eingang finden. „Die Kommission hat vorgeschlagen, dass nur Kraftwerke für solche Kapazitäts-Zahlungen in Frage kommen sollen, die weniger als 550 Gramm CO2 je Kilowattstunde emittieren“, so Cañete. Damit soll verhindert werden, dass schmutzige Energieformen wie beispielsweise Kohle eine neue Subventionierung erhalten.

Doch hier gibt es Widerstand aus Ländern mit einer starken Kohleindustrie. „Viele Länder sind hier nicht dafür. Das ist sicher eine der heikelsten Fragen bei den Kapazitätsmärkten“, so Cañete. Das Thema soll aber dennoch in den kommenden Monaten geklärt werden. Denn das „Clean Energy Package“ soll noch unter österreichischer Ratspräsidentschaft fertig gestellt werden, so Köstinger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2018)

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