"Der Euro-Schwindel": Nicht nur die Griechen tricksten

EuroSchwindel Nicht Griechen tricksten
EuroSchwindel Nicht Griechen tricksten(c) AP (Johannes Eisele)
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Eine TV-Doku zeigt: Griechenland schönte Zahlen, aber auch Deutschland griff in die Trickkiste. "Das war beschämend", sagt ein früherer EZB-Banker.

"Ihr seid nicht dabei und ihr werdet auch nie dabei sein", sagte der deutsche Finanzminister Theo Waigel 1996 - sechs Jahre vor Einführung des Euro - zu seinem griechischen Kollegen Yannos Papantoniou. Dieser sagte daraufhin: "Lass uns wetten". Wer recht hatte, ist bekannt. Griechenland fand den Weg in die Eurozone. Am Montagabend beleuchtete der deutsche TV-Sender ARD in der Dokumentation "Der große Euro-Schwindel. Wenn jeder jeden täuscht", wie es zum Eurobeitritt Griechenlands kam.

Dass sich Griechenland den Eintritt mit geschönten Zahlen erschwindelt hat, ist bekannt. Dass griechische Hauptakteure nun aber in der TV-Doku offen darüber sprechen, verblüfft. Griechenland wird als rückständiges Land porträtiert, in dem es Ende der 1990er Jahre bei der Finanzverwaltung nicht einmal Computer gab. Von dem Rückgriff auf die US-Investmentbank Goldman Sachs, um Zahlen zu schönen, wird von den handelnden Personen mit einer überraschenden Selbstverständlichkeit erzählt.

Zweifel an Griechen politisch nicht gewollt

Zweifel an den von Griechenland vorgelegten Zahlen gab es. Doch politisch waren diese nicht gewollt, so die TV-Doku. Otmar Issing, Chefökonom der Europäischen Zentralbank (EZB), erinnert sich: "Sie sitzen vor den Zahlen und denken sich 'Mein Gott, wie haben die das geschafft?'". Von Seiten des neuen Finanzministers Hans Eichel gab es aber kein Interesse an einem kritischen Bericht der deutschen Bundesbank.

Ein Vorstoß des Bundesbankers Hans Reckers, der öffentlich Zweifel kundtat, sorgte bei den Griechen für Empörung. Reckers empfahl, die Aufnahme Griechenlands in die Eurozone um ein Jahr zu verschieben, weil das Land die entsprechenden Kriterien nicht erfülle. Eichel wies den Bundesbankchef an, Kritiker Reckers den Mund zu verbieten. "Bitte sorge dafür, dass keine Unzuständigen sich öffentlich äußern", sagte Eichel. Der Weg für die Mitgliedschaft Griechenlands in der Währungsunion war damit endgültig geebnet.

Auch Deutschland sündigte

Doch nicht nur Griechenland sündigte. Auch Deutschland hatte mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Die sogenannten Maastricht-Kriterien von maximal drei Prozent Neuverschuldung waren auch von den Deutschen nicht zu schaffen. Und das im Wahljahr 2002. SPD-Kanzler Gerhard Schröder wollte wiedergewählt werden. Eichel, den Mitarbeiter aus seinem eigenen Ministerium warnten, holte sich daher die Meinung von anderen Experten ein. Diese waren weniger skeptisch.

Die Wahrheit kam also erst kurz nach der Wahl an den Tag. Das Defizit lag bei 3,9 Prozent. Als Sanktionen und Strafzahlungen - wie von der EU geregelt - gegen Deutschland im Raum standen, tat Deutschland alles, um das zu verhindern. "Das war ein tödlicher Schlag für den Stabilitätspakt", sagt Issing. "Das war beschämend". Zudem sei dies in einer Zeit geschehen, in der zehn neue Länder in die EU drängten. "Da haben die zwei Großen, Deutschland und Frankreich, den Kleinen gezeigt, Regeln sind für euch, wir, die Großen machen im Grunde, was wir für richtig halten", so Issing.

"Nicht richtig, gleichzusetzen"

Die TV-Doku lässt wichtige Zeitzeugen zu Wort kommen und gewährt einen Blick hinter die Kulissen. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bezeichnet den Film aber auch als problematisch - vor allem die "Parallelisierung krimineller Aktivitäten mit den punktuellen und offen vorgenommen Änderungen am ökonomischen Regelwerk durch andere Regierungen, etwa in Deutschland und Frankreich". Der Kritikpunkt: "Es ist nicht treffend, wenn man beide Fälle gleichsetzt und dem Zuschauer suggeriert, cosí fan tutte, der Ehrliche ist der Dumme und die Politiker täten doch alle dasselbe und was dergleichen Klischees mehr sind."

(Red.)

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