Valencia: "Spaniens Griechenland" bittet um Rettung

Spaniens Griechenland bittet Rettung
Spaniens Griechenland bittet Rettung(c) Reuters (Heino Kalis)
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Valencia beantragt als erste Region Geld aus dem neuen Liquiditätsfonds der spanischen Zentralregierung. Aus dem einstigen Aushängeschild wurde ein Symbol der Misswirtschaft.

Als erste spanische Region hat Valencia die Zentralregierung in Madrid um "Rettung" gebeten. Die Regionalregierung des Konservativen Alberto Fabra (PP) bat Madrid am Freitag offiziell um Mittel aus dem erst in der vergangenen Woche ins Leben gerufenen Liquiditätsfonds, um die 2012 angehäuften Schulden bezahlen zu können.

Die ebenfalls konservative Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte den 18 Milliarden Euro schweren Liquiditätsfonds eingerichtet, um in akute Finanznot geratene Regionen zu unterstützen. An die Kredithilfe sind harte finanz- und budgetpolitische Auflagen gebunden.

Valencia Symbol der Misswirtschaft

Valencia wird nach Erhalt der Finanzspritze ohne die ausdrückliche Zustimmung der Zentralregierung keine eigenen Anleihen mehr auflegen oder im Ausland Kredite aufnehmen können. Zudem wird die Region dem spanischen Finanzministerium periodisch präzise Haushaltspläne vorlegen müssen. Sollte die Region die sich nicht an die vereinbarten Bedingungen halten oder die Budgetdisziplin verletzten, droht ihr eine direkte Intervention der Zentralregierung, die sie zur Einhaltung der Kriterien zwingen kann.

Einst Aushängeschild des spanischen Wirtschaftsbooms ist die Mittelmeerregion Valencia in den vergangenen Jahren zum Symbol der Misswirtschaft, Korruption und der Krise geworden. Dank des Immobilienbooms verzeichnete Valencia mit das höchste Wirtschaftswachstums Spaniens. In der gleichnamigen Mittelmeermetropole wurde die weltweit bedeutendste Segelregatta, der America's Cup abgehalten und auch die Formel-1 kam in die Hafenstadt.

Größenwahnsinnige, ruinöse Vorhaben

Doch ehemalige Prestigeprojekte wie der Bau des Flughafens in Castellón oder der architektonisch eindrucksvollen "Stadt der Künste und Wissenschaften" für 1,3 Milliarden Euro stellen sich im Zuge der Wirtschaftskrise mittlerweile als größenwahnsinnige, ruinöse Vorhaben heraus. Riesensummen an Steuergeldern wurden verprasst, eine weit verbreitete Korruption unter der Regionalregierung besorgte den Rest: Die Staatskassen sind leer und die Krise hält an.

Die Region ist praktisch pleite und zahlungsunfähig. Die Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand liegen bereits bei 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die spanischen Medien bezeichnen Valencia immer öfter als das "spanische Griechenland".

Spanien: Rezession dauert auch 2013 an

Aber nicht nur für die Region Valencia ist die Lage trist. Die spanische Regierung rechnet auch für 2013 mit einem landesweiten Andauern der Rezession. Spaniens Wirtschaft wird nach den Schätzungen im kommenden Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen, wie Finanzminister Cristobal Montoro am Freitag mitteilte. Ursprünglich war für 2013 ein geringes Wachstum von 0,2 Prozent prognostiziert worden. Erst für 2014 wird nun mit einem Wachstum gerechnet, das auf 1,2 Prozent veranschlagt wird.

Für 2012 erwartet die Regierung der viertgrößten Volkswirtschaft der EU einen Wirtschaftseinbruch von 1,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote wird den Regierungsprognosen zufolge am Jahresende bei 24,6 Prozent liegen. Für 2013 und 2014 werden Quoten von 24,3 und 23,3 Prozent erwartet. Spanien hat derzeit die höchste Arbeitslosenquote in der Europäischen Union.

Risikoaufschläge für Anleihen steigen wieder

Spanien habe noch nie in so kurzer Zeit zwei Rezessionen erlebt, erklärte Montoro. Spanien war Ende 2008 in eine Rezession gerutscht, die erst im Frühjahr 2010 überwunden wurde. Aufgrund der gestiegenen Staatsschulden werde Spanien im kommenden Jahr Zinsen in Höhe von neun Milliarden Euro schultern müssen, sagte Montoro. Öffentliche Dienste bereitzustellen, werde dadurch noch schwieriger.

Derweil stiegen die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen, das heißt, der Zuschlag, den der spanische Staat den Anlegern für seine Bonds im Vergleich zu den deutschen Anleihen zahlen muss, am Freitag erstmals über die Marke von 600 Basispunkten. Die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen Anleihen kletterte über die kritische Marke von sieben Prozent. Mit diesem Zinssatz könne Spanien seinen Haushalt nicht mehr lange finanzieren, fürchten Beobachter. Es drohe dann die Gefahr, dass das Land unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss.

Keine Beruhigung der Märkte

Weder der 65 Milliarden Euro schwere Sparplan, den die Regierung in Madrid vorige Woche beschlossen hatte, noch das am Freitag von der Eurogruppe abgesegnete Hilfsprogramm für die maroden spanischen Banken von bis zu 100 Milliarden Euro konnte die Märkte beruhigen.

Nach Angaben von Experten zweifeln die Investoren unter anderem daran, dass es die spanische Zentralregierung gelingen wird, die autonomen Regionen zu mehr Haushaltsdisziplin zu zwingen. Die ostspanische Region Valencia beantragte am Freitag als erste autonome Region Hilfe aus einem vor kurzem von der Regierung gegründeten Rettungsfonds. Die Regionen können bei gravierenden Finanzproblemen auf diesen 18 Milliarden schweren Fonds zurückgreifen.

(APA)

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