Schuldenkrise: EU-Sparkommissar, nächster Versuch

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Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble weitet einmal mehr knapp vor einem EU-Gipfel mit einem radikalen Vorschlag den Spielraum für seine Kanzlerin, Angela Merkel, aus.

Brüssel. Wolfgang Schäuble hat wieder einmal das getan, was er stets tut, wenn seiner Meinung nach die Debatte über die Reform der Währungsunion in die falsche Richtung läuft: Er hat ein bisschen gezündelt. Auf dem Rückflug aus Asien zog der deutsche Finanzminister einmal mehr seine alte Idee eines EU-Sparkommissars hervor. Der jetzige Kommissar für Wirtschafts- und Währungspolitik solle ebenso im Alleingang über die Zulässigkeit von Budgetgesetzen der Euroländer entscheiden dürfen, wie das der Wettbewerbskommissar bereits tue. Denn, so sagte Schäuble den mitreisenden deutschen Journalisten: „Der Wettbewerbskommissar ist in der ganzen Welt respektiert und gefürchtet.“

Das wäre ein klarer Bruch mit der bisherigen Art und Weise, wie man sich in der EU über Haushaltspolitik verständigt. Zwar bekommt die Kommission seit zwei Jahren im Rahmen des „Europäischen Semesters“ stets im April die Haushaltspläne und nationalen Reformvorhaben der 27 Mitgliedstaaten zur Begutachtung überliefert. Sie versieht diese Willensbekundungen der Hauptstädte mit kritischen Anmerkungen, die dann nacheinander von den Finanzministern sowie den Staats- und Regierungschefs begrüßt werden.

Allergische Franzosen

Macht ein Land zu hohe neue Schulden, leitet die Kommission ein Defizitverfahren ein. Im Extremfall, wenn ein Land sein Budgetdefizit nicht und nicht unter die Drei-Prozent-Grenze prügeln will, kann das dann den Verlust von EU-Subventionen bedeuten. Ungarn ist heuer knapp an dieser Strafe vorbeigeschrammt. Am Prinzip, dass das Budgetrecht auch in der Währungsunion ein Königsrecht der nationalen Parlamente ist, ändert das aber nichts.

Darum ist Schäuble mit seinem Sparkommissar schon im November 2011 und im Februar 2012 abgeblitzt. Vor allem Frankreich reagiert allergisch. Denn der Sparkommissar würde jene Ideen von Haushaltsführung durchsetzen, auf deren Ablehnung Präsident François Hollande seine Wahlkampagne gegründet hat. Zudem ist Hollande geschwächt, da ihm die grünen Bündnispartner die Zustimmung zum Fiskalpakt verweigert haben.

Schäubles Vorschlag hat somit einen taktischen Zweck. Er soll seiner Kanzlerin Spielraum beim Gipfeltreffen am Donnerstag verschaffen. Wenn Angela Merkel hinter diese Absolutforderung zurücktritt, bleiben ihr Gewinne in Fragen, die sie für realistisch hält – wie jene nach einem eigenen Budget für die Eurozone, auch wenn das im Diplomatensprech „Mechanismus für fiskalische Solidarität“ heißt. Indirekt hat Schäuble das selbst eingestanden: „Die Kanzlerin ist noch ein bisschen vorsichtiger als ich. Deswegen ist sie auch ein bisschen erfolgreicher als ich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2012)

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