Griechenland: Sind die Milliarden verloren?

Griechen Sind Milliarden verloren
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Die Gläubigertroika schlägt einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland vor. Österreich könnte das mehr als eine Milliarde Euro kosten. Gegen den Plan der Troika legen sich viele Länder in der Eurozone quer.

Wien/Höll. Die Hiobsbotschaften aus Griechenland reißen nicht ab: Die sogenannte Gläubigertroika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) empfiehlt laut Medienberichten einen weiteren Schuldenschnitt für das südeuropäische Land.

Der am Sonntag bekannt gewordene Vorschlag sieht vor, dass sich diesmal die öffentlichen Gläubiger an der Maßnahme beteiligen und auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten sollen. Damit würden vor allem die Steuerzahler in den Euroländern belastet. Auch Österreich müsste auf einen Teil der bislang geleisteten Zuschüsse verzichten. Die Höhe des Schuldenschnitts ist derzeit noch nicht bekannt. Finanzkreisen zufolge könnte Österreich mit bis zu 1,55 Milliarden Euro betroffen sein.

Telefonkonferenz am Mittwoch

Gegen den Plan der Troika legen sich viele Länder in der Eurozone quer. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich am Sonntag strikt gegen einen erneuten Schuldenerlass aus. Das sei „eine Diskussion, die wenig mit der Realität in den Mitgliedstaaten der Eurozone zu tun hat“, sagte er.

Die erste Teilentschuldung für Griechenland gab es im Frühjahr 2012. Damals waren in erster Linie private Investoren betroffen. Banken, Versicherungen und Investmentfonds, die griechische Staatsanleihen gehalten haben, verloren bis zu 80Prozent ihres Investments. Der österreichische Staat kam über die Bad Bank der Kommunalkredit ebenfalls zum Handkuss. Der Steuerzahler schoss dem Institut eine Milliarde Euro zu. Eine Sonderrolle nimmt bei den Programmen die Europäische Zentralbank (EZB) ein. Diese hält zwar griechische Staatsanleihen in der Höhe von 40 Milliarden Euro. Laut einem Bericht des „Spiegel“ müsste sich die EZB auch am zweiten Schuldenschnitt nicht beteiligen, weil ihr diese Form der Staatsfinanzierung verboten ist.

Am Mittwoch, den 31.Oktober werden die Finanzminister der Eurozone bei einer Telefonkonferenz darüber beraten, wie es mit Griechenland weitergehen soll. Themen sind die Verzögerung des griechischen Sparprogramms und offene Fragen der Finanzierung. Österreichs Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) wollte sich zu einer möglichen Teilentschuldung nicht äußern. Sie warte zuerst die Telefonkonferenz ab, hieß es am Sonntag im Finanzministerium.

Entscheidungen sind am Mittwoch aber nicht zu erwarten. Diese sollen erst beim nächsten Treffen der Minister am 12.November fallen. Denn Athen braucht bis Mitte November die nächste reguläre Finanzspritze von 31,5 Milliarden Euro. Das Land hat nur noch bis 16.November Geld. Die 31,5 Milliarden Euro sind Teil des zweiten Hilfsprogramms, das die Euro-Finanzminister im Frühjahr 2012 beschlossen haben und 130 Milliarden Euro schwer ist.

Athen erreicht Sparziel nicht

Doch nun stellt sich heraus, dass die 130 Milliarden Euro nicht ausreichen. Neben dem Schuldenschnitt wird daher auch über ein drittes Hilfsprogramm diskutiert. Die Regierung in Athen sagte ursprünglich zu, dass sich die Schuldenquote bis zum Jahr 2020 durch die Hilfsgelder und verschiedene Sparmaßnahmen von derzeit über 160Prozent der Wirtschaftsleistung auf 120 Prozent reduzieren soll. Aus einem Bericht des Internationalen Währungsfonds geht allerdings hervor, dass die 120 Prozent ohne zusätzliche Hilfen nicht zu erreichen sind. Die Rede ist von einer weiteren Finanzlücke von bis zu 30 Mrd. Euro. Kommt es zu keiner Teilentschuldung, müssen die anderen Euroländer wieder Geld zuschießen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2012)

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