Schuldenländer: Die Regierungen in Lissabon und Dublin müssen hart reformieren, Nikosia verhandelt noch.
Lissabon/Nikosia/Dublin/Ag. Der Empfang war keineswegs freundlich: „Merkel raus!“, skandierten gestern zahlreiche Demonstranten im Vorfeld eines Besuchs der deutschen Kanzlerin in Lissabon. Bei einem Treffen mit Staatspräsident Anibal Cavaco Silva und der Regierung stand die finanzielle Lage Portugals im Mittelpunkt, das im Mai 2011 unter den Rettungsschirm schlüpfen musste.
Lange galt das Land bei der Sanierung der maroden Staatsfinanzen als Musterschüler. Im vergangenen Jahr konnte die Regierung das Haushaltsdefizit sogar von 9,8 auf 4,2 Prozent drücken. Schon für 2013 peilte Portugal im Gegenzug für das 78 Milliarden Euro schwere Hilfspaket die Drei-Prozent-Grenze des Maastricht-Vertrags an. Nach Massenprotesten musste die Regierung das Sparprogramm aber umbauen; auch das Defizitziel kann ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreicht werden. Die Troika verlängerte den Sanierungsplan daher bis 2014.
Etwas positiver stellt sich die Lage im zweiten Programmland Irland dar: Dublin konnte in den vergangenen zwei Jahren durch Einschnitte sein Budgetdefizit deutlich reduzieren. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft wieder um 1,5Prozent wachsen. Eine Hürde stellen aber die durch die Bankenrekapitalisierung erhöhten Staatsschulden von mehr als 105 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) dar.
Auch Zypern verhandelt seit einiger Zeit mit der Geldgebertroika über ein Hilfsprogramm. Im Juni hat die Regierung in Nikosia bereits Finanzhilfen beantragt, empfand die geforderten Reformen aber bisher als zu hart. Das Euroland leidet besonders an der engen Verflechtung mit der griechischen Wirtschaft.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)