Merkel in Portugal: Proteste und neue Hilfszusagen

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Die deutsche Kanzlerin lobte bei ihrem Besuch das "mutige Handeln der Regierung". Zentral sei es nun, das Wirtschaftswachstum zu fördern.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Portugal weitere Hilfe bei der geplanten Rückkehr an die Finanzmärkte zugesagt und zugleich einen langen Atem der Bürger gefordert. Das Land setze das mit den internationalen Gläubigern vereinbarte Reformprogramm in herausragender Weise um, sagte Merkel nach einem Gespräch mit dem portugiesischen Ministerpräsidenten Pedro Passos Coelho.

Sie sei sicher, dass Internationaler Währungsfonds, Europäische Zentralbank und EU-Kommission auch der Auszahlung der sechsten Hilfstranche zustimmen würden. Passos Coelho betonte, dass sein Land an den Reformen festhalten werde. "Es ist wichtig für uns und Europa, dass das Anpassungsprogramm funktioniert." Forderungen aus Portugal, über die Bedingungen erneut zu verhandeln, lehnte er ab.

Portugal will 2014 zurück auf Finanzmarkt

Portugal erhält von der internationalen Gemeinschaft Hilfskredite über 78 Milliarden Euro und plant, im Jahr 2014 zurück an die Finanzmärkte zu gehen. Die Euro-Partner hatten gerade zugestimmt, dass Portugal auch im kommenden Jahr ein höheres Haushaltsdefizit als geplant vorweisen darf.

Merkel, gegen deren Besuch in Lissabon auch Demonstrationen stattfanden, betonte: "Ich glaube, dass sich Portugals Bedingungen für Wachstum durch das Anpassungsprogramm und durch das mutige Handeln der Regierung sehr verbessert haben." Zentral sei es, nun auch das Wirtschaftswachstum zu fördern, sagte sie auch auf einer deutsch-portugiesischen Wirtschaftskonferenz. Sie bot deutsche Hilfe, etwa beim Aufbau eines Berufsbildungssystems, an.

Verhüllte Denkmäler und schwarze Kleidung

Anlässlich des Besuches hatten Gegner der Sparpolitik Denkmäler in Lissabon mit schwarzen Bändern verhüllt. Rund ein Dutzend Statuen im Zentrum der Hauptstadt sollten ein Zeichen der Trauer setzen. Eine Online-Kampagne rief alle Portugiesen auf, während des Besuchs schwarze Kleidung zu tragen. In Ländern wie Griechenland oder Portugal wird oft Deutschland für die mit den internationalen Gläubigern vereinbarten Sparmaßnahmen verantwortlich gemacht.

Während Merkel mahnte, ganz Europa müsse die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, bezeichnete sie es als deutsche Aufgabe, auch für Nachfrage zu sorgen. "Länder, die noch Spielraum haben, müssen versuchen, ihren Binnenkonsum anzukurbeln, damit Importe etwa aus Spanien oder Portugal kommen können."

Warten auf EU-Gipfel

Beide Regierungschefs betonten, wie wichtig die EU-Gipfel im November und Dezember seien. Zudem müssten die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen verbessert werden. Dafür sei eine gemeinsame Bankenaufsicht und eine spätere Rekapitalisierung der Banken aus dem Rettungsschirm ESM ein wichtiger Schritt, um internationale Investoren von verlässlichen Rahmenbedingungen zu überzeugen. "Das ist im Augenblick auch die größte Notwendigkeit." Zudem habe man über Möglichkeiten gesprochen, wie die Europäischen Investitionsbank in Zusammenarbeit mit den EU-Strukturfonds gerade kleinen und mittleren Unternehmen helfen könne. Merkel hatte bereits am Wochenende hohe Kreditzinsen für portugiesische Unternehmen als einen Grund für die Rezession genannt.

Passos Coelho und Merkel forderten außerdem, den Sondergipfel zum EU-Haushalt bis 2020 erfolgreich zu absolvieren. "Die Verlässlichkeit der zukünftigen Finanzierung ist so wichtig", mahnte Merkel. "Je früher jedes Land weiß, auf welche Mittel es zurückgreifen kann, desto klarer sind die Investitionsbedingungen." Auch Portugals Ministerpräsident mahnte eine Entscheidung an. "Wir brauchen einen Konsens."

Merkel sprach sich zugleich für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa aus. Die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit der Staaten sei ein Grund für die Krise des Euros, sagte die Kanzlerin.

(APA/Reuters)

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