Spaniens staatlicher Immobilienfriedhof

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Die Banken des angeschlagenen südeuropäischen Landes sollen die Möglichkeit erhalten, ihre faulen Immobilienwerte in eine staatliche Bad Bank abzuschieben. 15 Jahre wird es dauern, die Immobilien zu verwerten.

Madrid. Die Wunderwaffe, mit der Spanien seine Bankenkrise bekämpfen will, heißt „Sareb“. Dies ist der Name der neuen, vom Staat kontrollierten Bad Bank, in welche die wankenden Geldinstitute des Landes ihre faulen Immobilienwerte abschieben sollen. Eine Art Altlasten-Verwertungsgesellschaft für schlecht gewordene Bankwerte. Sareb hat den Auftrag, den durch riskante Immobilienoperationen in Schieflage geratenen Banken ihre verlustbringenden Objekte abzukaufen und diese auf dem freien Markt zu Dumpingpreisen zu verscherbeln. Spätestens Anfang 2013 soll die Abwicklungsgesellschaft stehen.

Mehr als 100.000 Immobilienobjekte sollen der Sareb, Spaniens neuem staatlichen Immobilienfriedhof, in den nächsten Monaten überschrieben werden. Vor allem von jenen vier Geldhäusern, die in den vergangenen Monaten mit öffentlichen Milliardenhilfen vor der Pleite gerettet und verstaatlicht werden mussten: die Großbank Bankia sowie die regionalen Geldhäuser Catalunya Caixa, Banco de Valencia und Novagalicia Banco. Der EU-Rettungsfonds muss allein diesen vier Banken mit 37 Mrd. Euro unter die Arme greifen, weil das verschuldete Spanien die Stützaktion allein nicht heben kann.

Immobilienpreise sinken weiter

Für potenzielle Immobilienkäufer in Spanien lautet die gute Nachricht, dass im Zuge dieser Bad-Bank-Operation die Preise für Wohnungen, Häuser und Grundstücke auf der iberischen Halbinsel wohl weiter purzeln werden. Auch wenn es sich bei den Bad-Bank-Objekten nicht um Ferienimmobilien, sondern meist um unattraktive Wohnungen in Trabantensiedlungen oder weit ab in der Provinz handelt. Doch die Schwemme von Sonderangeboten dürfte auf dem Markt, der ohnehin unter Druck steht, den allgemeinen Abwärtstrend verstärken.

Vor fünf Jahren platzte die Blase

Seit Beginn des Immobiliencrashs im Jahr 2007 sind spanische Immobilien im Schnitt um mehr als 30 Prozent billiger geworden. Marktexperten gehen davon aus, dass am Ende des Preisrutsches viele Objekte nur noch die Hälfte dessen kosten werden, was auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms, der in den Jahren 2005/2006 einen Gipfel erreichte, kassiert wurde. Das gilt auch für die Mittelmeerküste, wo sich vor allem ausländische Interessenten umschauen und wo bei Ferienimmobilien jetzt Schnäppchen locken.

Spaniens neue Abwicklungsbank, die vom Staat kontrolliert und von privaten Investoren mitfinanziert wird, soll den maroden Banken ihre „giftigen“ Immobilien zum Tiefstpreis, im Schnitt um ein Drittel des aktuellen Wertes, abnehmen. Die klamm gewordenen Banken werden so auf einen Schlag ihre allerschlimmsten Altlasten los und können ihre schiefen Bilanzen bereinigen. Die Abwicklungsanstalt soll derweil versuchen, den gigantischen Immobilienpark mit großen Preisnachlässen an Privatleute oder auch Großinvestoren zu vermarkten. Nach 15 Jahren soll dieser Immobilienberg abgewickelt sein und für die Auffangbank, so der fromme Wunsch, sogar ein Gewinn rausspringen. Die Sareb, sagt Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos voller Hoffnung, „ist unser mächtigstes Instrument, um den Finanzsektor zu sanieren“.

Die Zukunft wird zeigen, ob dieser Rettungsplan aufgeht. Im Euro-Krisenland Irland, wo die Bankenbranche sich ebenfalls mit Immobiliengeschäften übernommen hatte, wurde 2010 eine ähnliche Bad Bank ins Leben gerufen. Doch die irischen Banken erholen sich nur langsam von ihrem Beinahezusammenbruch und kämpfen immer noch mit Abschreibungen. Auch in Deutschland und den USA hat man versucht, über Auffanginstitute verschuldete Banken zu retten– mit unterschiedlichen Erfahrungen.

Reicht die Hilfe aus?

Die Kernfrage in Spanien lautet, ob der Einsatz der Bad Bank ausreichen wird, um die Banken von ihren „vergifteten“ Immobilienlasten zu befreien. Die Kaufkapazität der Auffangbank wurde zunächst auf 90 Mrd. Euro begrenzt. Die Banken haben laut Zentralbank faule Immobilienwerte von mindestens 180 Mrd. Euro in den Büchern.

Auf einen Blick

Seit dem Platzen der Immobilienblase sitzen Spaniens Banken auf milliardenschweren faulen Krediten, die mit Immobilien unterlegt sind. Nun soll eine staatliche Bad Bank als Abnehmer fungieren. Für Immobiliensuchende gibt es zahlreiche Schnäppchen, allerdings vor allem in schlechter Lage, am Stadtrand und in der Provinz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2012)

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