EU-Gipfel: Halbe Billion für kaputte Banken nötig

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Woher das öffentliche Geld für die Abwicklung insolventer Kreditinstitute kommen soll, bleibt mit Rücksicht auf die deutschen Wahlen im Herbst 2013 vorerst offen.

Brüssel. Wieder einmal hat Angela Merkel einen EU-Gipfel als Siegerin verlassen. Die deutsche Kanzlerin setzte beim Europäischen Rat vom Donnerstag und Freitag erstens durch, dass jegliche auch noch so vage Bezugnahme auf eine Vergemeinschaftung von Staats- oder Bankschulden mindestens bis nach den nächsten Europawahlen im Juni 2014 vom Tisch ist. Zu den Akten gelegt sind zweitens auch Überlegungen, ein eigenes Budget für die Eurozone zu schaffen. Stattdessen soll Herman Van Rompuy, der Präsident des Europäischen Rates, beim Gipfeltreffen im Juni 2013 einen Vorschlag für „Solidaritätsmechanismen“ präsentieren. Dieser Geldtopf von jährlich „10, 15, 20 Milliarden Euro“ (Zitat Merkel) soll Euroländern, die zum Beispiel den Kündigungsschutz auf dem Arbeitsmarkt lockern, die Kosten der zunächst höheren Arbeitslosigkeit tragen helfen. Diese Hilfe zur Selbsthilfe gibt es aber nur bei vertraglicher Verpflichtung gegenüber der Europäischen Kommission.

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Drittens hat Merkel neun Monate vor den Bundestagswahlen einen innenpolitischen Sprengsatz fürs Erste entschärft. Zwar beauftragten die Staats- und Regierungschefs die Kommission, im Laufe des kommenden Jahres einen Vorschlag zur Abwicklung insolventer Banken aus der Eurozone vorzulegen. Die Banken sollen die Kosten dafür zwar letzten Endes selber tragen. Am Anfang allerdings sollen sie „öffentliche Unterstützung“ erhalten. Und wer die leisten soll, das bleibt vorerst auf deutschen Druck im Beschluss der EU-Chefs offen.

Wenn die Banken wieder krachen

Auch auf Nachfragen, woher dieses Geld kommen solle, blieben am Freitag die Lippen der Brüsseler Vollstrecker von Merkels Willen eisern verschlossen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso las bloß den Gipfelbeschluss vor. Van Rompuy erklärte, das sei „eine Frage für spätere Verhandlung und Entscheidung“.

Klar ist allerdings: Die koordinierte Abwicklung kaputter Banken im Euroraum wird sehr, sehr teuer. Die Kommission schätzt, dass ein „systemischer Schock“ (sprich: ein Bankenkrach) 350 bis 650 Milliarden Euro kosten könnte. Der Thinktank „Open Europe“ schätzt vor diesem Hintergrund die Kosten eines einheitlichen Mechanismus zur Abwicklung von Banken auf mindestens 500 Milliarden Euro. Diese Summen zeigen, dass der 500 Milliarden Euro schwere Eurowährungsfonds ESM mit den Kosten der Abwicklung von Banken beim nächsten Krach schnell überfordert wäre. Denn der ESM muss ja auch die Rekapitalisierung von kriselnden, aber grundsätzlich lebensfähigen Banken stemmen.

Von den Amerikanern lernen

Der Abwicklungsmechanismus soll „mittelfristig haushaltsneutral sein“, wie es im Beschluss der EU-Chefs heißt. Sprich: Die öffentlichen Gelder sollen nachträglich von den Banken durch Abgaben zurückgezahlt werden. Ein Vorbild für die Europäer könnte die amerikanische „Federal Deposit Insurance Corporation“ (FDIC) sein, hat Anne Sibert von der University of London im heurigen März in einer Studie für das Europaparlament vorgeschlagen. Sie wickelt todgeweihte Banken rasch und seit mehr als 75 Jahren ohne Kosten für den US-Steuerzahler ab. Alle Banken müssen dazu eine Pflichtversicherung bezahlen.

Bundeskanzler Werner Faymann sagte nach dem Gipfel, er wolle die österreichische Bankenabgabe für diesen Zweck binden. Allerdings fällt sie mit jährlich rund 500 Millionen Euro eher bescheiden aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2012)

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