Griechenland: U-Ausschuss gegen Ex-Finanzminister?

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Das Parlament in Athen will schon kommende Woche darüber entscheiden, ob es wegen der mutmaßlichen Fälschung einer Steuersünderliste einen Ausschuss gegen Ex-Finanzminister Giorgos Papakonstantinou einleitet.

Wien/Athen/ag. Das griechische Parlament wird wohl schon in der kommenden Woche in einer Geheimabstimmung darüber entscheiden, ob ein Untersuchungsausschuss wegen Datenfälschung und Pflichtverletzung gegen den ehemaligen griechischen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou ermitteln soll. Einen entsprechenden Antrag stellten 71 Abgeordnete der Regierungskoalition aus Konservativen, Sozialisten und der Demokratischen Linken Anfang dieser Woche. Von einer Liste mit mutmaßlichen griechischen Steuersündern waren ausgerechnet Verwandte des Ex-Ministers verschwunden. Papakonstantinou bestreitet die Vorwürfe.

Für die Bildung des Untersuchungsausschusses sind 151 Stimmen des 300 Abgeordnete zählenden Parlaments nötig. Nach möglicher Aufhebung seiner Immunität würde anschließend ein Sondergericht entscheiden, ob Papakonstantinou schuldig ist. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Gefängnis.

Papakonstantinou wird vorgeworfen, die Namen von Verwandten aus einer Datei mit mutmaßlichen griechischen Steuersündern mit Geldeinlagen in der Schweiz gelöscht zu haben. Er leitete das Finanzressort im Jahr 2010, als die Datei erstmals von der damaligen französischen Finanzministerin Christine Lagarde an Griechenland übergeben wurde. Die Daten hatte ein Mitarbeiter der Bank HSBC in Genf entwendet.
Papakonstantinou behauptet, eine Kopie an den damaligen Chef der griechischen Steuerfahndung weitergeleitet zu haben; die ursprüngliche Datei verlor er nach eigenen Angaben. Die Steuerfahndung machte damals keinen Gebrauch von den Daten, weil sie nicht aus legalen Quellen stammten.

Die Liste verschwand anschließend im Labyrinth der Athener Bürokratie und tauchte erst Anfang Oktober wieder auf – allerdings in gekürzter Form, wie ein Abgleich mit einer zweiten Liste ergab, die unlängst erneut von Frankreich an Griechenland übergeben wurde. Hatte die ursprüngliche Lagarde-Liste noch 2062 Einträge, so waren daraus in Griechenland zwischenzeitlich 2059 Einträge geworden. Wie griechische Medien unter Berufung auf Kreise der Staatsanwaltschaft berichtet haben, betreffen die fehlenden Einträge eine Cousine von Papakonstantinou mit Ehemann sowie den Gatten einer zweiten Cousine. Während das eine Konto niemals benutzt worden sei, seien auf dem anderen gut 1,2 Millionen Dollar (925.000 Euro) verbucht worden. Unklar ist, ob das Geld versteuert wurde.

Papakonstantinou beteuert, es handle sich um ein „Komplott“ gegen ihn. Außerdem seien die Gelder ohnedies versteuert gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2013)

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