IWF-Experten legen "Fehler" in den Sparauswirkungen offen

(c) FABRY Clemens
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Die Effekte der Haushaltskonsolidierung in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal auf die Arbeitslosigkeit und Binnennachfrage wurden laut Experten des Internationalen Währungsfonds unterschätzt.

Wien. Wurde in Griechenland, Spanien und Portugal zu radikal gespart? Wer das Arbeitspapier der beiden IWF-Experten Oliver Blanchard und Daniel Leigh liest, könnte zum Schluss kommen, dass diese Länder zu stark unter Druck gesetzt wurden, ihre Haushaltsprobleme in den Griff zu bekommen. Denn Blanchard und Leigh schreiben: „Die Prognosen haben das Anwachsen der Arbeitslosigkeit und das Sinken der Binnennachfrage signifikant unterschätzt.“ Der negative Effekt der Sparpolitik, die allerdings von den beiden IWF-Mitarbeitern nicht infrage gestellt wird, war also deutlich größer gewesen, als dies der Internationale Währungsfonds, die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank vorab erwartet hatten.

Detailreich erklären die beiden IWF-Experten, wie der „Verstärkungseffekt“ durch eine geänderte Fiskalpolitik berechnet wird. Und sie schlagen für die Zukunft alternative Ermittlungsverfahren vor. Allerdings betonen Blanchard und Leigh auch, dass ihre Ergebnisse nicht als Argument für eine neue Fiskalpolitik herangezogen werden dürften.

IWF-Chefin Christine Lagarde hatte allerdings bereits Ende des vergangenen Jahres dazu aufgerufen, Griechenland mehr Zeit bei der Haushaltskonsolidierung zu geben. Die Arbeitslosigkeit ist durch die Sparanstrengungen auf mittlerweile 26 Prozent geklettert. Der Umsatz im Einzelhandel hat im vergangenen Oktober mit 18,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr einen Rekordeinbruch aufgewiesen. In diesem Jahr will die griechische Regierung erstmals ein positives Primärdefizit (öffentlicher Haushalt ohne Schuldendienst) ausweisen.

Poul Thomson, der IWF-Vertreter in der Troika, die alle Reformanstrengungen in Athen kontrolliert, hat bereits zu einer langsameren Budgetkonsolidierung aufgerufen. Er fordert ebenso wie seine Kollegen von der EU-Kommission und der EZB allerdings stärkere strukturelle Reformen im Land, um das Wachstum wieder anzukurbeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2013)


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