Milliardenhilfe für Zypern: Gibt Berlin Widerstand auf?

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Deutschland hätte gern an der Mittelmeerinsel Zypern ein Exempel statuiert. Doch daraus wird nichts. Der Druck der Euro-Partner, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank sei zu groß gewesen.

Berlin/Ag./Wb. „Welches Land ist für den Euro systemrelevant?“ Diese Frage stand seit Wochen unter den EU-Finanzministern im Raum. Und allen Beteiligten war klar, dass es dabei nicht um eine theoretische Frage ging, sondern darum, ob sich die Euroländer leisten können, die kleine 1,2-Millionen-Insel Zypern fallen zu lassen. Deutschland dürfte dem Vernehmen nach dafür, einige andere Länder dagegen gewesen sein. Doch jetzt hat Berlin laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ eingelenkt. Der Druck der Euro-Partner, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank sei zu groß gewesen, heißt es. Schon im März könnte das Hilfspaket für Zypern, das laut bisherigen Berechnungen 17,5 Milliarden Euro schwer sein wird, beschlossen werden.

Nikosia hat bereits im vergangenen Sommer um finanzielle Hilfe gebeten. Die Banken des Landes leiden unter den Auswirkungen der griechischen Krise. Seit damals wurde zwar viel diskutiert, aber keine Entscheidung getroffen. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble zeigte in der Euro-Gruppe Willen, an Zypern ein Exempel zu statuieren. Zum einen hätte das der deutschen Regierung erspart, kurz vor den Neuwahlen im Herbst erneut ein Hilfsprogramm durch den Bundestag zu boxen. Zum anderen wäre damit klargestellt, dass es Grenzen bei der Rettung verschuldeter Staaten gibt. Der Druck, die Sparpolitik fortzusetzen, hätte sich auch bei den restlichen Problemländern verstärkt.

Konflikt Schäuble gegen Draghi

Anfang vergangener Woche kam es dann zu einer Auseinandersetzung beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, widersprach offen den Einschätzungen Schäubles, dass Zypern nicht systemrelevant sei. Draghi soll gesagt haben: Die Frage, ob Zypern systemrelevant sei oder nicht, sei keine, die Juristen beantworten könnten. Das sei Sache von Ökonomen. Schäuble ist promovierter Jurist. Nicht ganz so scharf, aber inhaltlich ähnlich reagierte der Luxemburger Premierminister Jean-Claude Juncker. Er warnte davor, das Problem Zypern zu „unterschätzen“. Die Zeit dränge. „Wenn wir den Problemfall Zypern nicht entschlossen lösen, geht selbst von dieser sehr kleinen Volkswirtschaft eine Ansteckungsgefahr aus“, sagte Juncker in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“.

Voraussetzung: Kampf gegen Geldwäsche

Das Image zypriotischer Banken, die nun durch die Euroländer und durch den IWF gerettet werden sollen, ist freilich nicht besonders gut. Es besteht der Verdacht, dass sie russischen Investoren zur Geldwäsche dienen. Berlin und auch weitere Euro-Regierungen wollen deshalb eine Hilfe an Maßnahmen gegen die Geldwäsche knüpfen. Die zypriotische Führung zeigte sich zuletzt bereit, dass internationale Experten die Vorwürfe der Geldwäsche im Land prüfen sollen. Die OECD kam kürzlich zwar zum Schluss, dass Nikosia die erforderlichen Gesetze gegen Geldwäsche erlassen habe. Doch war der Organisation unklar, ob diese Gesetze auch ausreichend umgesetzt werden. Darüber hinaus wurde kritisiert, die Regierung lasse weiterhin zu, dass Firmen das auf der Insel geltende britische Unternehmensrecht ausnutzen, um die wahren Eigentümer zweifelhafter Gesellschaften zu vernebeln.

Russland hat sich aktiv in die Problemlösung eingeschaltet und Zypern mit einem günstigen Kredit bereits einmal unter die Arme gegriffen. Nun könnte Moskau dem Land mehr Zeit für die Rückzahlung des Kredits in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro gewähren. Damit könnte Zypern zwar länger liquid bleiben, das Problem seiner Banken wäre so aber nicht gelöst. Experten auch in der Euro-Gruppe gehen davon aus, dass der Bankenmarkt auf der Insel bereinigt werden müsste, um eine nachhaltige Lösung zu finden. Es wird deshalb damit gerechnet, dass Zypern im Gegenzug zu Hilfskrediten den Bankensektor reduzieren muss.

Auf einen Blick

Zypern könnte im März von den Euro-Partnern und dem IWF einen Hilfskredit erhalten, um seine Banken zu retten. Nach bisherigen Berechnungen ist ein Volumen von 17,5 Milliarden Euro notwendig. Deutschland hat sich bisher gegen die Hilfe gestellt, dürfte aber wegen des Drucks der EU-Kommission, der EZB und einiger Euro-Partner nun doch eingelenkt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2013)

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