Eurokrise: Griechen! Raucht nicht, produziert!

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Während sich Irland, Spanien oder Portugal mit Exporten aus der Krise hieven, bleibt Griechenland zurück. Das Land wurde zwar billiger, aber nicht produktiver.

Wien/Auer. An guten Tipps mangelt es Griechenland nicht. Und an schlechten schon gar nicht: Um die Wirtschaft des Landes wieder auf Trab zu bringen, sollen die Griechen aufhören, Zigaretten zu rauchen, forderte etwa der maltesische EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg kurz vor seiner Stippvisite in Athen. 40 Prozent der griechischen Bevölkerung greifen zum Glimmstängel, und das „senkt die Produktivität und schadet der Volkswirtschaft“, so Borg.

Ein Viertel weniger BIP als 2008

Ganz ernst gemeint kann die Empfehlung wohl nicht gewesen sein. Denn mit gesunden Lungen allein wird die griechische Wirtschaft sicher nicht genesen. Der Optimismus, den etwa Nationalbankchef Giorgos Provopoulos verbreitet, ist aber mindestens ebenso unangebracht. „Das Schlimmste ist vorüber“, verkündete er Ende Jänner. Viele Ökonomen hat er mit dieser Einschätzung nicht auf seiner Seite. „Griechenland ist nicht über den Berg“, schreibt etwa Wifo-Chef Karl Aiginger in einem aktuellen Arbeitspapier über das hoch verschuldete Mittelmeerland. Im Gegenteil: Der Aufholprozess der vergangenen Jahre habe sich sogar umgekehrt. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch die Ratingagentur Standard & Poor's in ihrem jüngsten Bericht. Während es europäische Krisenländer wie Irland, Spanien oder Portugal etwa geschafft hätten, sich mit Exporten langsam aus der Talsohle zu hieven, hinke Griechenland demnach weit hinterher.

Zwar hat sich Athen bemüht, etwa die Lohnstückkosten wieder unter den europäischen Durchschnitt zu senken. Allein im Vorjahr fielen die Lohnstückkosten um neun Prozent. Doch wirklich wettbewerbsfähiger ist das Land dadurch nicht geworden. Denn erreicht wurde die Senkung der Arbeitskosten durch Massenentlassungen und eine Kürzung der Mindestlöhne um 22 Prozent. An der seit Jahren stagnierenden Produktivität hat sich hingegen nichts geändert. Heuer wird das Land ein knappes Viertel weniger Wirtschaftsleistung erzielen als 2008, errechnet das Wifo.

Wifo fordert Kurswechsel

Ohne Kurswechsel in der Konsolidierungspolitik und ohne stärkere Investitionshilfen und Direktinvestitionen wird sich daran nicht viel ändern, so Aiginger: „Es ist ineffizient, finanzielle Unterstützung über Kredite und Haftungen von Staatsanleihen zu geben und gleichzeitig die aktive Komponente der Reformen dadurch zu verhindern, dass Strukturmittel nicht ausgeschöpft werden.“ Nach einer Studie der Harvard University wurden 2012 von den für Griechenland reservierten Mitteln des Europäischen Investitionsfonds 13Mrd. Euro nicht verwendet. Das entspricht drei Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2013)

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