Frankreich steht mit einem Bein in der Rezession

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Die Wirtschaft schrumpfte im vierten Quartal um 0,3 Prozent. Das Defizitziel ist in Gefahr. Die EU-Kommission will aber mehr Zeit zum Defizitabbau geben.

Frankreich steht mit einem Bein in der Rezession und kann daher beim Defizitabbau auf Milde der Europäischen Union hoffen. Die Wirtschaftsleistung sank nach einem Miniwachstum im Sommer im vierten Quartal 2012 um 0,3 Prozent, wie das nationale Statistikamt am Donnerstag mitteilte. Obwohl die Konjunktur nur halb so stark einbrach wie in Deutschland, sind die Aussichten düsterer.

Experten erwarten, dass sich die Talfahrt anders als in Deutschland zu Jahresbeginn fortsetzt. Die Regierung in Paris hat eingeräumt, dass sie wegen der Wachstumsschwäche ihr Defizitziel wohl verfehlen wird. Doch kann sie auf Entgegenkommen der Europäischen Kommission zählen, die Ländern in der Konjunkturflaute mehr Zeit beim Verkleinern ihrer Haushaltslöcher geben will.

Ein Jahr mehr Zeit für Schuldenabbau

Dies signalisierte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn in einem Schreiben an die Finanzminister: "Falls das Wachstum unerwartet einbricht, kann ein Land mehr Zeit zum Ausgleich seines überhöhten Defizits erhalten", heißt es darin. Allerdings macht die Brüsseler Behörde zur Bedingung, dass diese Länder ihre Hausaufgaben bei der Verringerung des strukturellen Defizits gemacht haben, das vom konjunkturellen Auf und Ab nicht beeinflusst wird. Eine Beurteilung der einzelnen Länder wird die Kommission erst bei Vorlage ihrer Winterprognose am 22. Februar vornehmen.

Finanzminister Pierre Moscovici hatte bereits angedeutet, dass Frankreich seine EU-Partner bitten könnte, dem Land ein Jahr länger Zeit zu geben, um die Schuldenobergrenze zu erreichen. Die Regierung hatte sich eigentlich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr die Neuverschuldung nicht über die Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen zu lassen. Sollte Frankreich diese Latte reißen, droht trotz der kulanten Haltung der Kommission eine harte Auseinandersetzung in der Eurozone. Etliche Euro-Partner haben intern bereits angedeutet, dass sie die strukturellen Reformen der Regierung des sozialistischen Präsidenten Francois Hollande für nicht ausreichend halten.

Deutschland reagiert abwartend

Das deutsche Finanzministerium reagierte zurückhaltend auf das Schreiben Rehns: "Es liegt an der Kommission zu bewerten, welche Schritte und Maßnahmen der einzelnen Mitgliedsstaaten innerhalb des Stabilitäts- und Wachstumspakts erforderlich und angemessen sind." Die sehr erfolgreiche Konsolidierungsstrategie in den Mitgliedsstaaten müsse konsequent fortgesetzt werden. "Wir wissen, dass die Kommission und die französische Regierung das genauso sehen", erklärte ein Sprecher des Ministeriums von Ressortchef Wolfgang Schäuble.

Die Staatsausgaben in Frankreich gehören mit 57 Prozent der Wirtschaftsleistung zu den höchsten in den Industrieländern. Das Verarbeitende Gewerbe ist zugleich auf dem absteigenden Ast, weil die Wettbewerbsfähigkeit des Landes sinkt. Die Verbraucher halten die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone hingegen trotz steigender Arbeitslosenzahlen weiter am Laufen: Die Ausgaben der privaten Haushalte stiegen zum Jahresende um 0,2 Prozent, während Investitionen in die Güterwirtschaft um 1,2 Prozent und Exporte um 0,6 Prozent sanken.

(APA/Reuters)


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