Zypern: Ende einer russischen Steueroase

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"Unfair und gefährlich": Putin tobt und fürchtet um russisches Geld in Zypern. Die Eurogruppe bekräftigte indes, dass Kleinsparer von der Zwangsabgabe verschont werden sollen.

Wien/Nikosia/Moskau. Russlands Präsident Wladimir Putin ist empört. Der Plan der EU-Troika und Zyperns, auch Bankkunden an einem Hilfspaket zur Rekapitalisierung der zypriotischen Banken zu beteiligen, sei „unfair, unprofessionell und gefährlich“, sagte ein Sprecher Putins am Montag nach einem Sondertreffen zum Thema. Premier Dmitrij Medwedjew sprach von einer „Konfiszierung fremden Geldes“. Der Kreml sorgt sich um die Vermögen reicher Russen, die ihr Geld in der Steueroase Zypern angelegt haben und um die Kredite russischer Banken an russische Firmen mit Sitz in Zypern.

Ende vergangenen Jahres hatten russische Banken laut der Ratingagentur Moody's 30 bis 40 Milliarden Dollar an Krediten an (russische) Unternehmen in Zypern ausständig – das entspricht etwa 15 bis 20 Prozent der Kapitalausstattung russischer Banken. Dazu kommen etwa zwölf Milliarden Dollar, die russische Banken bei zypriotischen Banken (wiederum vor allem Tochterfirmen russischer Institute) bunkern. Besonders betroffen von der Beteiligung der Bankkunden an einem Hilfspaket dürften russische Firmen und Privatleute sein, die laut Moody's rund 19 Mrd. Dollar auf zypriotischen Konten gelagert haben. Zypern hat mit niedrigen Steuern und Diskretion vor allem russische und britische Investoren angelockt.

Auch wenn die Abstimmung über die Beteiligung der Kunden am Hilfspaket im zypriotischen Parlament auf Dienstag verschoben wurde, weil der Regierung am Montag zwei Stimmen zur notwendigen Mehrheit gefehlt haben: Die Bankkunden müssen in jedem Fall 5,8 Mrd. Euro zu dem Hilfspaket beitragen. Das ist der Deal. Erst dann gibt es die übrigen 10 Mrd. Euro von EU und IWF.

Doch Ausnahmen für Kleinanleger

Die Euro-Länder wollen, dass die Kleinsparer in Zypern von der geplanten Zwangsabgabe verschont werden. Die Gruppe der Finanzminister erklärte am Montagabend nach einer Telefonkonferenz, Bankeinlagen kleiner Anleger sollten anders behandelt werden als die großer Investoren. Die Eurogruppe bekräftige daher ihre Auffassung, dass Einlagen unter 100.000 Euro komplett garantiert werden sollten.

Zuvor schon hatte es Hinweise gegeben, dass die zypriotische Regierung Kleinsparer schonen will und einen Freibetrag von 20.000 Euro einräumen könnte. Vermögen zwischen 20.000 und 100.000 Euro sollten mit nur drei statt der bisher 6,75 Prozent beteiligt werden. Vermögen über 500.000 Euro sollen statt mit zehn mit 15 Prozent belastet werden. „Es liegt in den Händen der Zyprioten, zu entscheiden", sagte EZB-Direktor Jörg Asmussen.

Die Banken in Zypern sollen vorerst bis Donnerstag geschlossen bleiben, um einen Ansturm, einen Banken-Run, zu verhindern. Russische Investoren haben allerdings bereits seit Anfang des Jahres massiv Gelder abgezogen: 1,7 Mrd. Euro laut zypriotischer Nationalbank. Einige reiche Russen waren am Montag dennoch schockiert. In Moskau ist von Schimpftiraden russischer Milliardäre die Rede. Manche hätten dort Konten über 100 Mio. Euro und würden zehn Mio. oder mehr verlieren, empört sich ein Investmentbanker. Auf dem Flughafen von Larnaka landeten am Montag den ganzen Tag über Privatmaschinen russischer Unternehmer. „Viele russische Firmen sind dabei, ihre Unternehmen abzuziehen“, hieß es in Nikosia.

Verhandlungen in Moskau

Mit einem originellen Vorstoß versuchte sich der halbstaatliche russische Energieriese Gazprom einzuschalten. Das Unternehmen will demnach die Restrukturierung des zyprischen Bankensektors finanzieren – und zwar ohne Beteiligung der Kunden. Im Gegenzug verlangt Gazprom „nur“ die Rechte, die bisher unangetasteten Gasfelder vor der Insel ausbeuten zu dürfen. Am Mittwoch werden Verhandlungen in Russland stattfinden, das Zypern 2011 einen Notkredit gewährt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2013)


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