Zyperns Alternativen: Staatspleite oder Vasall Russlands

Zypriotischer Euro
Zypriotischer Eurodpa/Oliver Berg
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Nikosia fühlt sich von EU-Partnern erpresst und sucht Alternativen zur Kontoabgabe.

Wien/Nikosia. „Wir fühlen uns so wie 1974, als die Türken einmarschiert sind“, sagte der Präsident der zyprischen Industrie- und Handelskammer, Philokypros Andreou, in einem Gespräch mit der „Welt“. Der Unterschied sei, dass diesmal statt Waffen Finanzinstrumente eingesetzt würden. Auch Staatspräsident Nikos Anastasiades machte am Dienstag deutlich, dass er sich von den Euro-Partnern erpresst fühle. Er rechnete mit einer Ablehnung der umstrittenen Zwangsabgabe auf alle Bankeinlagen durch die zyprischen Abgeordneten. „Da sie es als ungerecht empfinden“, so Anastasiades.

Gelingt es Zypern allerdings nicht, den Anteil von 5,8 Milliarden Euro für ein 15,8 Milliarden schweres Bankenrettungspaket aufzustellen, steht das Land vor dem Bankrott. Der einzige Ausweg, auf den auch Regierungsvertreter hinwiesen, ist eine Hilfe aus Russland. Der zyprische Präsident kündigte an, dass er Kontakt zu Vladimir Putin aufnehmen werde. Russland hat bereits einmal mit einem Kredit in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro ausgeholfen.

Zyperns Finanzminister Michael Sarris ist am gestrigen Dienstag nach Moskau gereist. Der staatsnahe russische Energiekonzern Gazprom dementierte indessen, dass es bereits ein Angebot an Zypern gebe, dem Land im Gegenzug für Förderrechte vor der Küste finanziell unter die Arme zu greifen. „Gazprom hat Zypern keine derartige Hilfe angeboten“, so der Sprecher des Konzerns, Sergei Kuprianov.

Während der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte, dass es allein die Entscheidung der zyprischen Führung gewesen sei, mit der Zwangsabgabe auch kleine Sparer zu treffen, wiesen Sprecher der zyprischen Regierung darauf hin, dass es überhaupt keine Alternative gegeben habe, um das Geld zusammenzubekommen. Würden lediglich alle Anleger mit über 100.000Euro Guthaben mit einer einmaligen Abgabe von 15,6Prozent belastet, würde das den Finanzmarkt auf der Insel für immer zerstören. Einen solchen Vorschlag hatten die Euro-Finanzminister entwickelt. Auch IWF-Chefin Christine Lagarde begrüßte diese Variante, mit der kleine Sparer ausgenommen würden. Sie betonte aber auch, dass die Zielrichtung sein müsse, den aufgeblähten Finanzsektor der Insel zu schrumpfen.

„Schaden bereits angerichtet“

Vertreter der Regierung in Nikosia wiesen im Gespräch mit der „Presse“ darauf hin, dass der Finanzsektor und sein Umfeld die Haupteinnahmequelle Zyperns sei. „Hier ist jetzt bereits ein großer Schaden angerichtet.“ In den vergangenen Jahren boomte das Geschäft zyprischer Banken, die mit hohen Zinsen und Diskretion Kunden aus Russland, Großbritannien und osteuropäischen Ländern anzogen. Die besonderen Konditionen, die Anlegern und Firmengründern gewährt wurden, haben dem Land allerdings den Vorwurf der Unterstützung von Geldwäsche eingebracht. Auch österreichische Firmen nutzen die Steuervorteile. Rund 100 heimische Unternehmen haben hier einen Sitz. „Ich wehre mich gegen die Vorstellung 'Konto in Zypern ist gleich Schwarzgeld und Geldwäsche'“, sagte der Wirtschaftsdelegierte für Griechenland und Zypern, Bruno Freytag, im Gespräch mit der APA.

Am Dienstag blieben im ganzen Land die Banken geschlossen. Gegen Abend beriet das Parlament in Nikosia über einen Kompromissvorschlag, die Zwangsabgabe erst ab einer Spareinlage von 20.000Euro einzuheben. Eigentümer von Konten mit Einlagen von 20.000 bis 100.000Euro sollten 6,75Prozent, jene, die über 100.000 besitzen, 9,9Prozent an den Staat abliefern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2013)


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