Zypern: EZB droht mit Kappen von Notkrediten

Zypern droht Kappen Notkrediten
Zypern droht Kappen Notkrediten(c) AP (Thomas Lohnes)
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Ohne Hilfsprogramm könne nicht länger von einer Zahlungsfähigkeit ausgegangen werden, sagt EZB-Direktor Asmussen. DiePresse.com zeigt zudem vier mögliche Wege aus der Krise.

Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte Zyperns Banken die überlebenswichtigen Hilfskredite entziehen, wenn eine Einigung auf ein Hilfspaket für das Land nicht zustande kommt. Darauf hat Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen in einem am Mittwoch in Auszügen veröffentlichten Gespräch mit der Wochenzeitung "Zeit" hingewiesen. Die Zentralbank könne "Notfallliquidität nur solventen Banken gewähren", ließ sich Asmussen zitieren. Die Solvenz (Zahlungsfähigkeit) der zypriotischen Banken müsse aber "als nicht gegeben angesehen werden (...), wenn nicht bald ein Hilfsprogramm für Zypern beschlossen wird, das eine rasche Rekapitalisierung des Bankensektors gewährleistet."

Den Vorwurf, die EZB habe das Land unter Druck gesetzt, wies er zurück. Man habe lediglich "sachlich darauf hingewiesen", unter welchen Bedingungen die EZB ihre Hilfskredite vergeben könne.

Hoffen auf Russland

Indes ringt der zypriotische Finanzminister Michalis Sarris nach dem Scheitern des Rettungspakets im zypriotischen Parlament nun in Moskau um einen Ausweg aus der drohenden Staatspleite. Nach Gesprächen mit dem russischen Finanzminister Anton Siluanow traf Sarris am Mittwoch auch Vize-Regierungschef Igor Schuwalow, wie die Agentur Interfax meldete. Mit Siluanow habe es zunächst keine endgültige Einigung gegeben.

"Wir hatten sehr gute, sehr konstruktive Gespräche und ehrliche Verhandlungen", sagte Sarris nach dem Treffen mit seinem russischen Kollegen. Die Gespräche würden nun an einem anderen Ort in Moskau fortgesetzt, bis eine Lösung gefunden werde. Zypern hofft auf frisches Geld aus Russland, um die Staatspleite abzuwenden.

Wie geht es weiter? Mögliche Szenarien

Doch Zypern kann nicht nur die russische Karte spielen. Im folgenden vier Szenarien, wie es mit dem von der Pleite bedrohten Land weitergehen könnte:

  • Das bestehende Modell modifizieren
Zypern droht Kappen Notkrediten
Zypern droht Kappen Notkrediten(c) APA

Das bisherige Modell, das von Zypern einen eigenen Sanierungsbeitrag in Höhe von rund 5,8 Milliarden Euro einfordert, könnte überarbeitet werden. Denkbar wäre, dass sich das kleine Land dazu durchringt, die großen Bank-Guthaben viel stärker zu belasten. Darauf hoffen viele Politiker in Europa. Bisher sah die im Parlament durchgefallene Zwangsabgabe auf Bank-Guthaben bei Vermögen oberhalb von 100.000 Euro einen Satz von 9,9 Prozent vor. Werden die Reichen stärker in die Pflicht genommen, könnte die Masse der Sparer mit Summen bis zu 100.000 Euro geschont - und der Volkszorn beschwichtigt - werden. Eine solche Lösung hieße jedoch, dass das Land seinen Ruf als attraktive Steueroase für ausländische Investoren, insbesondere reiche Russen und Briten, verlieren würde.

Zypern könnte sich aber auch entscheiden, seinen eigenen Beitrag auf einem anderen Wege aufzubringen, etwa durch zusätzliche Privatisierungen oder Steuererhöhungen. Auch der Verkauf von Ausbeutungsrechten für große Rohstoffvorkommen des Landes wäre denkbar.

  • Die Euro-Geldgeber bewegen sich

Eine weitere Möglichkeit ist, den Eigenbeitrag Zyperns zu verringern. In diesem Fall müssten die Hilfen der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) für den zypriotischen Staat über die bisher vorgesehene 10-Milliarden-Euro-Marke ausgeweitet werden. Das würde allerdings die Schulden des Landes in die Höhe treiben, und zwar mittelfristig auf Werte von deutlich über 100 Prozent der Wirtschaftsleistung - ein kaum tragfähiges Maß. In diesem Fall könnte der IWF nicht mitziehen, was wiederum für viele Euro-Länder, nicht zuletzt Deutschland, eine Beteiligung ebenfalls sehr schwer machen würde.

  • Der russische Weg
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Zypern droht Kappen Notkrediten(c) APA

Als "weißer Ritter" könnte Russland auftreten und Zypern aus der Patsche helfen. Allerdings reichen die Streckung eines bestehenden Kredits über 2,5 Milliarden Euro sowie möglicherweise bessere Konditionen für das Darlehen nicht aus. Spätestens im Juni, wenn eine große Anleihe in Zypern fällig wird, braucht das Land noch mehr Geld. Ein neuer Kredit aus Russland könnte helfen, würde die Verschuldung des Landes aber ebenfalls in die Höhe treiben. Ein Ausweg könnte eine Art Verpfändung von Gasvorkommen an Russland sein, vielleicht auch an andere Investoren aus dem Ausland. Damit würde Zypern aber den Wohlstand von morgen verschenken.

  • Die Staatspleite

Das schlechteste Szenario: Zypern rutscht ungeordnet in die Staatspleite. Rechnungen im In- und Ausland würden nicht mehr beglichen, Anleihen nicht mehr bedient. Leidtragende wären alle, die Forderungen an den Staat und seine Banken hätten.

Zypern steht lediglich für knapp 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung der Eurozone. Manche Experten hoffen deswegen, dass eine Pleite verkraftbar wäre. So argumentieren auch viele Abgeordnete im deutschen Bundestag. Allerdings haben die maßgeblichen Akteure, allen voran der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, immer argumentiert, bei der Überwindung der Schuldenkrise gehe es vor allem um Vertrauen. Wenn nun aber mit dem Fall Zypern das Vertrauen in der Welt erschüttert wird, dass die Eurozone mit all ihren Mitgliedern stabil und verlässlich zusammensteht, könnte das an den Finanzmärkten Glaubwürdigkeit kosten. Und das würde wohl wieder höhere Zinsen, weniger Wachstum und mehr Arbeitslosigkeit bedeuten.

(APA/dpa-AFX/Reuters)

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