Zypern: EZB droht mit Einstellung der Nothilfe

GREECE CYPRUS ECONOMIC CRISIS
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Wenn bis kommenden Montag kein Rettungsplan für Zypern steht, stellt die Europäische Zentralbank ihre Nothilfe ein. Eurogruppenchef Dijsselbloem warnt unterdessen vor einem Russen-Kredit.

Die Europäische Zentralbank (EZB) garantiert ihre Nothilfe für zypriotische Banken nur bis kommenden Montag (25.3.). Danach würden die Gelder nur noch fließen, wenn ein Rettungsplan von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Kraft sei, der die Solvenz der Banken sichere, teilte die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt mit.

Die zwei größten Banken des Inselstaates sollen faktisch zahlungsunfähig sein und werden nur in Erwartung auf Hilfen am Tropf gelassen. Die EZB hält das Finanzsystem mit Notkrediten (ELA) am Laufen. Das zypriotischen Bankensystem gilt mit Einlagen von 70 Mrd. Euro - bei einer Wirtschaftsleistung in Zypern von nur rund 18 Mrd. Euro - als extrem aufgebläht.

"Systemisches Risiko"

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sieht in der Krise in Zypern eine Gefahr für den Euro. "Die aktuelle Situation stellt definitiv ein systemisches Risiko dar", sagte Dijsselbloem am Donnerstag in Brüssel vor Abgeordneten des Europaparlaments. "Die Unruhe der letzten Tage hat das bewiesen."

Dijsselbloem hat Zypern vor der Aufnahme von Krediten bei Russland gewarnt. "Das würde die Schuldentragfähigkeit nicht fördern", sagte der niederländische Finanzminister am Donnerstag bei seiner ersten Anhörung im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments. Das Kreditvolumen müsse auf die bereits vereinbarten zehn Milliarden Euro begrenzt bleiben, damit die Staatsverschuldung wieder unter Kontrolle gebracht werden kann. Russland habe ohnehin signalisiert, dass sie keine neuen Kredite an Zypern vergeben wollten. Im Gespräch sei nur die Verlängerung des bestehenden Kredits sowie niedrigere Zinsen.

Suche nach "Plan B"

EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hatte in einem am Mittwoch im Voraus veröffentlichten "Zeit"-Interview gewarnt: Ein Hilfsprogramm müsse bald beschlossen werden, sonst müsse die EZB den Banken die Überlebenshilfe entziehen.

Nach dem Nein des Parlaments in Nikosia zum Euro-Rettungsplan will der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades den Parteivorsitzenden noch heute, Donnerstag, einen sogenannten "Plan B" vorlegen. Der Staatschef werde die Parteienvertreter im Präsidialpalast empfangen, berichtete das zypriotische Fernsehen am Mittwochabend weiter. Der Plan könnte demnach eine Zwangsabgabe für Bankguthaben von mehr als 100000 Euro enthalten. Eine Maßnahme, die bereits von Vertretern der Eurogruppe gefordert wurde. Sollte der Plan auf Zustimmung stoßen, werde er dem Parlament unterbreitet, hieß es weiter.

Entscheidung noch heute

Die zypriotische Nachrichtenagentur CNA meldete unterdessen, Anastasiades habe beim Verlassen des Präsidentenpalasts gesagt, "eine Entscheidung über den Rettungsplan für Zypern muss spätestens am Donnerstag fallen".

Angesichts der drohenden Staatspleite bleiben die Banken des Landes noch bis kommenden Dienstag geschlossen, teilte die zypriotische Zentralbank am Mittwochabend in Nikosia mit. Die Banken hätten eigentlich am Donnerstag wieder öffnen sollen, doch das Parlament in Nikosia lehnte am Dienstagabend ein mit der Eurozone ausgehandeltes Rettungspaket ab.

5,8 Milliarden Euro Eigenleistung

Zypern bemühte sich unterdessen nach dem vorerst gescheiterten EU-Rettungsplan um Hilfen aus Russland. Entsprechende Verhandlungen in Moskau brachten zunächst aber kein Ergebnis. "Es gab keine Angebote, nichts Konkretes", sagte Zyperns Finanzminister Michael Sarris am Mittwoch nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Anton Siluanow.

Der Druck auf Präsident Nikos Anastasiades wächst. Er muss aus Sicht der EU ein neues Konzept vorlegen, nachdem das Parlament in Nikosia ohne eine einzige Ja-Stimme einen eigenen Sanierungsbeitrag durch eine Zwangsabgabe auf Sparguthaben abgelehnt hat. Zypern muss laut Plan 5,8 Milliarden Euro aus nationalen Mitteln aufbringen, um 11 Milliarden Euro von EU und IWF zu erhalten.

Russland wartet auf EU

In Russland hofft die zypriotische Regierung vor allem auf die Verlängerung eines Kredits über 2,5 Milliarden Euro bis 2021. Zudem wurde um einen Zinsnachlass und ein neues Darlehen über 5 Milliarden Euro gebeten. Russland will seine Hilfe für das vom Staatsbankrott bedrohte Zypern aber vom weiteren Vorgehen der Europäischen Union abhängig machen. Zypern habe Russland mehrere Vermögenswerte zum Kauf angeboten, sagte der russische Regierungschef Dmitri Medwedew in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Zuerst aber müsse die EU neue Pläne zur Lösung der Krise in ihrem Mitgliedsland vorstellen. "Danach werden wir unsere Vorschläge machen", sagte Medwedew der Agentur Interfax sowie weiteren Medien.

Viele Russen - und Ukrainer - haben angesichts niedriger Steuern und hoher Zinsen ihr Geld auf Zypern angelegt oder Teile ihrer Unternehmen dort angesiedelt. Kritiker vermuten, dass über diesen Weg auch Geldwäsche betrieben wird. Angesichts der hohen Investments wären viele Russen von der angedachten Zwangsabgabe betroffen, die das Parlament in Nikosia nach heftigen Protesten allerdings vorerst abgeschmettert hat. Präsident Wladimir Putin hat die Auflagen aus Brüssel scharf kritisiert.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sieht den Ball weiterhin im Feld der Zyprioten. Sie erwarte einen neuen Vorschlag an die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). "Zypern ist unser Partner im Euro-Bereich. Deshalb sind wir verpflichtet, gemeinsam eine Lösung zu finden", sagte Merkel in Berlin. Wichtig sei, dass sich Kunden zypriotischer Banken mit einem Guthaben von mehr als 100.000 Euro an der Sanierung beteiligten. Ähnlich hatte sich zuvor schon der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, geäußert.

Keine Details zu Zyperns "Plan B"

Bisher gibt es zu dem viel zitierten "Plan B" der Regierung Zyperns keine Details. An der Börse sorgte Händlern zufolge ein griechischer Medienbericht für Aufsehen, wonach die Cyprus Popular Bank an russische Investoren verkauft werden soll. Die zypriotische Regierung dementierte den Bericht allerdings. Ein solcher Deal könnte für Zypern eine Lösung sein, ohne die Schulden zu erhöhen, wie es bei Hilfen der EU oder neuer Kredite aus Russland der Fall wäre.

Alternativ könnte Zypern aus der Misere kommen, indem mehr Unternehmen privatisiert, die Steuern erhöht oder Rechte zur Ausbeutung von Rohstoffvorkommen - insbesondere Gasvorkommen - veräußert werden. Dabei könnte Russland ebenfalls eine Rolle spielen. Auch der zypriotische Energieminister hielt sich in Moskau auf.

(APA/dpa/AFP)


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