Hilfe für Zypern: Eurozone schließt erstmals eine Bank

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Der Bankrott ist abgewendet. Die überschuldete Insel erhält zehn Milliarden Euro, muss aber im Gegenzug die Laiki-Bank abwickeln und finanzkräftige Kontoinhaber schröpfen.

Brüssel. Am Ende hat Wolfgang Schäuble doch recht behalten. Als der deutsche Finanzminister Sonntagnachmittag vor dem Beginn des Krisengipfels in Brüssel nach seinen Vorstellungen zu Zypern gefragt wurde, fiel die Antwort denkbar knapp aus: Die Konditionen für die Rettung der überschuldeten Insel müssten jenen entsprechen, die seit gut einer Woche auf dem Tisch liegen. Und so kam es auch: Zypern bekommt von den internationalen Geldgebern nicht mehr als zehn Milliarden Euro und muss den Rest der benötigten Summe – die Rede war zuletzt von knapp sechs Milliarden – selbst auftreiben.

Die (wohl einzige) gute Nachricht für die zypriotischen Kleinsparer: Das in der Nacht auf Montag ausverhandelte Paket sieht vor, dass Kontoguthaben unter 100.000 Euro unangetastet bleiben. Stattdessen werden die finanzkräftigen Kontoinhaber bei den zwei größten Instituten, Bank of Cyprus (BoC) und Laiki, weit mehr zur Rettung der Insel beitragen müssen als ursprünglich vorgesehen.

Zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Schuldenkrise wird mit Laiki eine Bank auf Anweisung aus Brüssel abgewickelt. Das Haus wird in eine „gute“ und eine „schlechte“ Bank aufgeteilt. Alle Kredite, die bedient werden, sowie alle Kleinkunden übersiedeln in den guten Teil, der anschließend von der BoC übernommen wird. Alle Konten über 100.000 Euro bleiben hingegen bei der „schlechten“ Laiki-Bank – das Geld wird zum Stopfen der Finanzlöcher herangezogen.

Doch auch die Großkunden der Bank of Cyprus kommen nicht ungeschoren davon: Ihre Einlagen werden zu einem noch nicht feststehenden Anteil – die Rede war von 20 bis 40 Prozent – in Aktien der Bank umgewandelt. Mit dem so lukrierten Geld soll die Eigenkapitalquote der Bank auf neun Prozent erhöht werden. Ihren Beitrag leisten sollen auch die Eigentümer von Aktien und Anleihen der Bank. In Summe erhofft sich Nikosia rund 4,2 Milliarden Euro aus dem Umbau der Bankenlandschaft, der Rest der benötigten Quote soll über die bereits vereinbarten Privatisierungen sowie eine Erhöhung der Unternehmenssteuer von zehn auf 12,5 Prozent eingespielt werden.

Dramatische Verhandlungen

Dass die Verhandlungen dieses Mal so dramatisch waren, ging auf zwei Faktoren zurück: erstens die Drohung der EZB, Zyperns Kreditlinie am heutigen Montag zu kappen, sollte kein Kompromiss gefunden werden, und zweitens die Obstruktion der zypriotischen Verhandler. Staatschef Nikos Anastasiades hätte den Ernst der Lage nicht erkannt und bis zum Schluss gepokert, hieß es spätabends hinter vorgehaltener Hand. Und so verkam das Treffen in Brüssel zur Beschäftigungstherapie für die versammelten Finanzminister der Eurozone: Während die Ressortchefs in ihren Zimmern warteten, redeten EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman Van Rompuy, EZB-Gouverneur Mario Draghi und IWF-Chefin Christine Lagarde auf Anastasiades ein. Der Durchbruch gelang gegen Mitternacht, anschließend brauchten die Euro-Finanzminister zwei Stunden, um das Gesamtpaket zu schnüren.

Eine (nicht ausgesprochene) Grundvoraussetzung der internationalen Hilfstruppe scheint jedenfalls erfüllt zu sein: Dieses Mal kann das zypriotische Parlament nicht dazwischenfunken, denn die Abgeordneten haben am Freitag die Restrukturierung des Bankensektors bewilligt – und der „Haircut“ für die Kontoinhaber wird im Rahmen dieser Restrukturierung erfolgen. Eine Parlamentsabstimmung ist in Zypern nicht vorgesehen – anders als in Deutschland, wo der Bundestag nach den Osterferien über den Plan befinden wird. Auch in Österreich, Holland, Finnland, der Slowakei und Estland müssen Abgeordnete der Hilfe noch zustimmen.

Eine andere Unwägbarkeit betrifft die Wirtschaft. Die aktuelle Prognose für Zypern lautet minus 3,5 Prozent des BIPs, doch sie wird sich kaum halten lassen – und je stärker die Wirtschaft schrumpft, desto höher der staatliche Geldbedarf. Diese Entwicklung scheint bereits einkalkuliert worden zu sein, denn das Hilfsgeld fließt nun zur Gänze ins zypriotische Budget. Noch letzte Woche wurde die staatliche Finanzierungslücke mit sieben Mrd. beziffert.

Zypern als Vorbild?

Abseits dieser Details stellt sich allerdings die Frage, inwieweit das zypriotische Beispiel Schule machen könnte. Laut Jeroen Dijsselbloem kann die Abwicklung der Laiki-Bank als Modell für künftige Hilfsprogramme in der Eurozone dienen. Steuerzahler sollen in Hinkunft nicht mehr das finanzielle Risiko der Banken tragen, sagte der Euro-Gruppen-Chef gestern zur „Financial Times“. Nachdem das Interview für Nervosität an den Börsen gesorgt hatte, ruderte Dijsselbloem am Nachmittag zurück: Die Aussage sei aus dem Kontext gerissen worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2013)

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