Zypern: Banken bleiben doch noch länger geschlossen

(c) REUTERS (YANNIS BEHRAKIS)
  • Drucken

In der Nacht gab Zypern bekannt, dass die Banken bis Donnerstag geschlossen bleiben. In Nikosia herrscht die Angst vor, dass keine Pensionen und Gehälter mehr ausbezahlt werden können.

Nikosia. Knapp am Abgrund vorbei. Buchstäblich in letzter Minute machte die Einigung über ein Hilfspaket mit der Euro-Gruppe in der Nacht auf Montag die seit neun Tagen geschlossenen zypriotischen Banken wieder flüssig. Die Bankomaten des größten Geldinstituts im Land, der Bank of Cyprus, hatten am Montag für einheimische Karten nur noch 100 Euro ausgespuckt. Inhaber ausländischer Karten hatten es da besser: Sie bekamen ihr Geld bis zum normalen Behebungslimit.

Bis Donnerstagfrüh wird die Situation unverändert bleiben. War man am Montag zunächst noch davon ausgegangen, dass die Banken am Dienstag wieder öffnen werden, gab die Zentralbank spätabends bekannt, dass die Geldinstitute doch noch zwei Tage länger geschlossen bleiben. Wenige Stunden davor war noch verkündet worden, dass nur die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, die im Rahmen des Rettungspakets umstrukturiert beziehungsweise abgewickelt werden, bis 28. März geschlossen bleiben sollten. Die Öffnung der restlichen Banken sei dann ebenfalls auf Donnerstag verschoben worden, um zu garantieren, dass das gesamte System wieder funktioniere, erklärte die Zentralbank laut der Nachrichtenagentur Reuters. Ursprünglich sollten die meisten Banken - bis auf die Bank of Cyprus und die Laiki Bank (Cyprus Popular Bank) - am Dienstag wieder öffnen. Die Geldinstitute sind aus Angst vor einem Ansturm der Kunden bereits seit mehr als einer Woche geschlossen.

Die Debatte um die Öffnung zypriotischer Banken soll zu einem heftigen Streit zwischen dem Präsidenten der Mittelmeerinsel, Nikos Anastastiades, und dem Notenbankchef Panikos Demetriades geführt haben. Anastasiades soll dem Zentralbankchef vorgeworfen haben, er werde mit der Öffnung nur einiger Banken erst Recht Verwirrung stiften, berichteten zypriotische Medien am Montagabend.

Offenbar Streit

Viele Zyprioten sahen dem ersten Arbeitstag nach der Vermeidung des Bankrotts am Montag trotz Feststimmung wegen des lokalen Feiertages mit Angst entgegen. Zwar stürmten Horden von Schülern nach der traditionellen Parade in ihren Uniformen vergnügt die Altstadt von Nikosia, kauften sich ihr Eis und freuten sich über den schulfreien Tag, doch ihre Eltern, die sich in der warmen Wintersonne in den Cafés niederließen, diskutierten die Verluste auf ihren Bankkonten und machten ernste Gesichter. In der Vereinbarung der Euro-Gruppe finden sich Grauzonen, die die Zukunft unsicher machen.

Begrenzungen im freien Kapitalverkehr

Das größte Problem nach Ansicht der nationalen Ökonomen: die neun Milliarden Euro neuen Schulden, die die Bank of Cyprus von der abzuwickelnden Laiki-Bank übernehmen muss – das ist die Summe der Notkredite, die die Bank von der EZB bisher erhielt, vor allem auch für ihr griechisches Netz. Denn niemand kann derzeit sagen, wie unter diesen Umständen der Eigenkapitanteil der Bank of Cyprus von neun Prozent erreicht werden soll. Sicher ist nur, dass die Aufstockung durch eine „Stutzung“ von Aktionären, Anleihenkäufern und Inhabern von Bankguthaben durchgeführt werden muss. Die Höhe – unbekannt. Manche sprechen von einem Anteil bis zu 40 Prozent, mehr jedenfalls als die kolportierten 30 Prozent (siehe Seite 1). Um Panikabhebungen zu vermeiden, müssen weiters Begrenzungen im freien Kapitalverkehr beschlossen werden. Die EU hat das explizit erlaubt. Die Frage ist, inwieweit Firmen Zugang zu ihren Konten haben werden. Mit einer schwerwiegenden Drosselung des Handels ist in jedem Fall zu rechnen.

Die größten Probleme für die Sparer und Angestellten: Die Guthaben über 100.000 Euro, die bei der Laiki und der Bank of Cyprus lagern, werden eingefroren und entweder, wie bei der Laiki, gegen eine noch offene Entschädigung „abgewickelt“ oder, im Falle der Bank of Cyprus, über 30 Prozent gestutzt. Aber neben den russischen Geldern sind auch viele zypriotische Pensionskassen, Versicherungen und Firmengehaltskonten durch dieses Prozedere auf Eis gelegt. Bisher gibt es keinerlei Regelung zu ihrer Ausnahme aus dem Paket. Viele Leute haben also einfach Angst, dass sie Ende des Monats kein Gehalt bekommen werden, keine Pension, kein Krankengeld. Die zypriotische Zentralbank muss schnellstens handeln, wenn sie eine Panik vermeiden will.

Außerdem haben viele Zyprioten sich ihre Pensionen auszahlen lassen und deshalb große Summen Geld auf dem Konto lagern. Dieses Geld wird nun im schlimmsten Fall für Jahre eingefroren. Laut Gesetz kann die Auflösung der „schlechten“ Laiki bis zu fünf Jahre in Anspruch nehmen. Von den 68,4 Milliarden Euro, die auf Zyperns Banken insgesamt lagern, gehören an die 48 Milliarden den Zyprioten, über 20 Milliarden Bürgern und Firmen aus Ländern außerhalb der EU.

Tausende Jobs bedroht

Weiters sind tausende Jobs von Bankangestellten der nun schrumpfenden Banken bedroht – allein in Zypern beschäftigen die beiden Banken zusammen um die 5000 Personen. Bereits vergangene Woche gab es wütende Demonstrationen. Vorerst werden sie jedoch zur Arbeit erscheinen, denn es gibt noch keine konkreten Pläne zur Entlassung von Personal. Eventuelle Streikaktionen hat sich die Bankangestelltengewerkschaft für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten.2013 wird ein hartes Jahr für Zypern, mit einer geschätzten Rezession von bis zu zehn Prozent. Die Arbeitslosigkeit wird von 15 Prozent weiter steigen. Die an Wohlstand und Ordnung gewohnten Zyprioten werden tiefe Einschnitte hinnehmen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2013, APA/Reuters)

Mehr erfahren

A person with an umbrella featuring the symbol of the European Union walks towards the interim facility of Germany's high constitutional court  in Karlsruhe
Home

Euro-Rettungsschirm ESM segnet Zypern-Hilfe ab

In einer Telefonkonferenz hat der ESM-Gouverneursrat dem Zypern-Paket zugestimmt. Neun der zehn Milliarden kommen vom Euro-Rettungsschirm.
Innenpolitik

Nationalrat: Zypern-Hilfe und FPÖ-Plan für den Schilling

Die Zypern-Hilfe wurde bei der Sondersitzung beschlossen. Die Freiheitlichen fordern eine Volksabstimmung über den Euro.
NATIONALRAT SONDERSITZUNG: FEKTER / KOGLER / SCHIEDER
Innenpolitik

Nationalrat segnet Zypern-Hilfe ohne Opposition ab

Mit den Stimmen der Koalition wurde die Zustimmung zum rund zehn Mrd. Euro schweren Rettungspaket beschlossen. Die Opposition übt Kritik.
A worker paints a wall above a branch of Bank of Cyprus in Bucharest
Home

Zypern: Auch Versicherer und Hilfsgruppen sollen zahlen

Die Institutionen sollen eine Abgabe von 27,5 Prozent auf Spareinlagen bei der Bank of Cyprus zugunsten privater Sparer geleistet werden.
Cypriots walk pass a Cypriot bank on the island's capital Nicosia
Home

Schäuble: Zypern-Modell als Vorbild für ähnliche Krisen

Die Beteiligung von Eigentümern und ungesicherten Anlegern muss der Normalfall sein, wenn eine Bank in Schieflage gerät, sagte der deutsche Finanzminister.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.