Die Liste jener Investoren und Anleger in Zypern, die ihr Geld rechtzeitig vor Verhängung der Zwangsabgaben ins Ausland schaffen konnten, enthält interessante Namen. Auch solche mit Österreich-Bezug. Insgesamt wurden 700 Millionen bis eine Milliarde Euro abgezogen.
Moskau. Je länger die Causa Zypern anhält, umso mehr fällt die Anonymität jener Bankkunden, die noch vor Verhängung der Zwangsabgaben ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen vermochten. Ob als juristische oder als physische Person: Auf der von griechischen Medien veröffentlichten Liste jener 132 Depotinhaber, die ihre Millionenvermögen unbeschadet und unvermindert ins Ausland transferiert haben, befinden sich nicht nur Familienmitglieder von Staatspräsident Nikos Anastasiadis, sondern auch eine ganze Reihe namhafter Figuren des osteuropäischen Establishments. Auch solche mit Österreich-Bezug.
Konkret Andrej Akimov, seines Zeichens Chef der drittgrößten russischen Bank, Gazprombank, die mehrheitlich zum Gasriesen Gazprom gehört. Wie die „Financial Times“ berichtet, soll Akimov schon am 6.März sein zwei Millionen Euro schweres Depot bei der zypriotischen Laiki Bank geschlossen haben. Auch mit seiner Gazprombank zeigte er Zypern wenige Tage später, als die zypriotische Staatsführung in Moskau rettende Käufer suchte, die kalte Schulter.
Aufstieg von Wien aus
Akimovs stiller, aber steiler Weg an die Spitze des Gazprom-Imperiums hatte seinen Ausgang übrigens in Wien genommen. Dort leitete er in den 1990er-Jahren – wohlgemerkt gemeinsam mit dem jetzigen Gazprom-Vizechef, Alexandr Medwedjew – die Wien-Filiale der Öl- und Finanzkompanie Imag. Es war die Zeit, als undurchsichtige Zwischenhändler im Gassektor immer stärker an den Gewinnen des Gazprom-Konzerns mitzuschneiden begannen und das auch lange durften. Intransparente Substrukturen der Gazprombank in Wien erregten später die Aufmerksamkeit russischer Gasexperten und sogar die der Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein. Konkret fokussierten die Ermittler die IDF Anlagegesellschaft und die Frage, wer vom Erdgasverkauf profitiert, der über die von der IDF Anlagegesellschaft gegründete österreichische Gashandelsfirma Centrex bzw. deren zypriotische Strukturen abgewickelt wird.
Nicht nur Akimov rettete sein Geld rechtzeitig aus Zypern, auch der lange Zeit reichste Ukrainer und Besitzer des Fußballklubs Schachtjor Donezk, Rinat Achmetov, zog noch in der ersten Märzhälfte 30 Millionen Dollar seiner auf Zypern registrierten Firmen ab. Und zwar angeblich wegen der Prognosen der Finanzexperten, nicht wegen etwaiger Insiderinformationen seitens der Präsidentenfamilie, deren juristische Dienstleistungen Achmetov immer gern in Anspruch genommen hatte.
Auch Putins engste Weggefährten (wie Juri Kowaltschuk) konnten Millionenbeträge vor dem Zugriff des zypriotischen Staates bewahren. Ebenso der Stahlbaron und Großaktionär des deutschen Reiseveranstalters TUI, Alexej Mordaschow.
Russische Banken nicht betroffen
Insgesamt sollen griechischen Medienberichten zufolge etwa 700 Mio. Euro vor Einführung der strengen Zwangsabgaben aus Zypern ins Ausland geflossen sein. Die „FAZ“ berichtete sogar von mehr als einer Mrd. Euro.
Manche Weitsichtige hatten das schon lange vor dem März erledigt. So Igor Zjuzin, Inhaber des in New York gelisteten Kohle- und Stahlunternehmens Mechel. „Sie müssen verrückt sein!“, hatte er auf die Frage von Reuters nach drohenden Verlusten in Zypern lächelnd geantwortet. Auch der Multimilliardär Michail Fridman hatte schon sehr bald auf der Website seiner auf Zypern registrierten Investmentfirma Alfa-Group klargestellt, dass sein Unternehmen in keiner Weise von Zwangsabgaben betroffen sein werde.
Aber obwohl einige Schwerreiche ihr Vermögen vor Verhängung der Zwangsabgaben und – Gerüchten zufolge – zum Teil auch noch danach unbeschadet retten konnten, der Großteil der in Zypern investierten Russen hat sein Geld noch dort. Und: Experten hatten tatsächlich im Vorfeld auch öffentlich gewarnt.
Außerdem bleiben viele verschont, weil sie ihr Geld nicht auf den zwei berüchtigten zypriotischen Großbanken Laiki und Bank of Cyprus deponiert haben, sondern so wie die meisten russischen Staatskonzerne auf der in Zypern registrierten Russian Commercial Bank. Als Tochter der russischen VTB Bank ist sie von der Bankenschließung nicht betroffen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2013)