Dänen halten an Nein zum Euro fest

Denmark's PM Thorning Schmidt arrives at the European Union council headquarters for an EU leaders summit in Brussels
Denmark's PM Thorning Schmidt arrives at the European Union council headquarters for an EU leaders summit in BrusselsREUTERS
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Dänemark steht im Vergleich zu vielen Ländern in der Währungsunion gut da. Ein Referendum zum Eurobeitritt würde auch heute negativ ausfallen.

Kopenhagen. Eigentlich sollte in Dänemark jetzt Wahlkampf herrschen. Als die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt im Herbst 2011 die Regierungsmacht eroberte, stand eine Volksabstimmung über den Euro etwa zur Mitte der vierjährigen Wahlperiode in ihrem Drehbuch. Doch Politik ist unberechenbar, und die Ministerpräsidentin hat einsehen müssen, dass ein Votum über die Gemeinschaftswährung zurzeit wenig Sinn ergibt, wenn man ein Ja erhofft. „Die Eurokrise hat zu viel Unruhe geschaffen“, räumt Thorning-Schmidt ein, „das Referendum muss warten.“

Am 18. Mai  ist es 20 Jahre her, dass eine Volksabstimmung den dänischen Sonderstatus in der EU besiegelte. Da stimmten die Dänen zwar dem Vertrag von Maastricht zu, den sie ein Jahr davor verworfen hatten, aber mit entscheidenden Ausnahmen: An der überstaatlichen Justiz- und Militärzusammenarbeit nehmen sie seither nicht teil, und auch in die letzte Phase der Währungsunion traten sie nicht ein. Im Jahr 2000 versuchte die damalige Regierung, das Nein zum Euro umzustoßen, was gründlich misslang: In einem weiteren Referendum sprachen sich 53,3 Prozent der Wähler dagegen aus, die Krone gegen die neue Währung zu tauschen.

Von der Krise nur gestreift

Das haben die Dänen nicht bereut. Als eine Umfrage im Auftrag der Danske Bank kürzlich die Haltung zum Euro maß, sprachen sich nur 15 Prozent für dessen Einführung aus, 57 Prozent sagten klar nein, der Rest zweifelt. „Das hat natürlich mit der Schuldenkrise zu tun“, begründet Steen Bocian, der Chefökonom der Bank, die negative Haltung. In einem Land mit Ordnung in den Staatsfinanzen wollen die Leute nicht für die Misswirtschaft anderer haften.

Die Finanzkrise ist auch an Dänemark nicht vorbeigegangen, doch mit einer Inflation unter einem Prozent, Staatsschulden von nur 27 Prozent des BIPs und einem Haushaltsdefizit, das in diesem Jahr wieder unter die kritische Marke von drei Prozent gedrückt wird, steht das skandinavische Land im europäischen Vergleich gut da. So gut, dass die Nationalbank von ausländischen Anlegern, die ihr Geld sicher parken wollen, Negativzinsen von 0,1 Prozent verlangen kann: Statt Zinsen zu kassieren, müssen sie also eine Prämie zahlen.

Das hatte anders geklungen, als die meisten Politiker und Wirtschaftskapitäne einst vor einem Nein zum Euro warnten. Dänemark würde durch höhere Zinsen und langsameres Wachstum bestraft werden, behaupteten sie, und der Aufsichtsratsprofi Asger Aamund, einer der meist zitierten Auguren, sah sein Land als kommendes „Freilichtmuseum“ verwittern, während Kapital und Produktion anderswohin flüchten würden. Stattdessen verdoppelten sich die Auslandsinvestitionen im Jahrzehnt nach dem „Nej“.

Als Beweis, dass es sich abgekoppelt vom Euro besser wirtschaften lässt, taugt das dänische Beispiel allerdings nicht. „Dänemark hat den Euro, wir nennen ihn nur Krone“, pflegt Finanzminister Bjarne Corydon zu scherzen. Die dänische Währung ist so eng an den Euro gebunden, dass die Nationalbank nur Schwingungen von 0,25 Prozent zum Mittelkurs akzeptiert, ehe sie interveniert.

Eurobeitritt frühestens 2023

Auch den Vorgaben des Finanzpaktes folgt Kopenhagen bis hinters letzte Komma. Das sichert den Dänen den doppelten Vorteil: die Kursstabilität des Euro und die Freiheit, die Rettungspakete für krisengebeutelte Euroländer nicht mittragen zu müssen. Der Nachteil: Man ist nicht dabei, wenn die Eurozone Entscheidungen zum weiteren Vorgehen in der Krise trifft.

Das jedoch erscheint den meisten Dänen als geringer Preis für die Bewahrung der Krone. Nationalbankpräsident Lars Rohde meint zwar, dass der Euro Dänemark „reicher machen“ würde: Er glaubt an einen Wachstumsschub von einem halben Prozent bei einem Beitritt, zudem würde der Einfluss Kopenhagens in den entscheidenden Organen der EU wachsen. „Die Mitgliedschaft im Klub der 17 Euroländer hätte wirtschaftliche, politische, aber auch ganz praktische Vorteile“, sagt Rohde.

Doch auch er weiß, dass dies auf lange Sicht gesehen werden muss. „Ich kann mir vorstellen, dass Dänemark in zehn Jahren den Euro hat, kurzfristig aber mit großer Sicherheit nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2013)


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