Drittes Griechenland-Paket wird vernebelt

Wolfgang Schäuble
Wolfgang Schäuble (c) REUTERS (JOHN KOLESIDIS)
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Die von Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble erwähnten elf Milliarden Euro reichen nicht. Weitere Maßnahmen sind notwendig.

Athen. In Wahlkampfzeiten sind klare Aussagen zu unangenehmen Entwicklungen selten. So streiten denn auch in Deutschland derzeit Regierung und Opposition über das wahre Ausmaß des nächsten Griechenland-Hilfspakets. Während Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) von elf Milliarden Euro spricht, rechnet die SPD mit deutlich mehr.

Tatsächlich weiß derzeit noch niemand, wie hoch der Finanzbedarf der griechischen Regierung für die nächsten Jahre sein wird. Es gibt lediglich Berechnungen des IWF über eine Finanzlücke von 10,9 Milliarden für die Jahre 2014 und 2015, auf die sich Schäuble beruft. Doch damit könnte nur ein Teil des Problems gelöst werden. Außerdem beruhen sie auf einer relativ optimistischen Wirtschaftsprognose. Die Schuldentragfähigkeit wäre damit nicht erreicht.

Selbst wenn die Regierung wie angekündigt in diesem Jahr erstmals einen Primärüberschuss in ihrem Budget erwirtschaftet (Haushalt ohne Zinszahlungen), steigt die griechische Schuldenlast weiter. Vom Ziel, die Staatsverschuldung bis 2020 auf 124 und bis 2022 auf 110 Prozent des BIPs zu senken, ist das Land weit entfernt.

Der griechische Finanzminister, Giannis Stournaras, hat diese Woche in einem Interview mit dem deutschen „Handelsblatt“ im Rahmen eines mittlerweile dritten Hilfspakets die Senkung der Zinsen für die bisherigen Kredite und eine Streckung ihrer Laufzeit gefordert. Für eine solche Maßnahme soll es von mehreren EU-Regierungen bereits Zusagen geben. Die Erleichterung würde für die Gläubigerländer zwar den Gewinn aus den gewährten Krediten senken, im Gegenzug aber das Risiko eines Kreditausfalls verringern.

Stournaras argumentiert, dass mit derartigen Maßnahmen ein weiterer Schuldenschnitt verhindert werden könnte. Eine weitere Voraussetzung dafür sei aber eine rückwirkende Entlastung der Staatsschulden von der Rekapitalisierung der griechischen Banken in der Höhe von 50 Milliarden Euro. Diese Schulden sollen auf den Euro-Rettungsfonds ESM verlagert werden. Damit würde sich das Risiko für die Gläubigerstaaten, die Griechenland bisher mit 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen haben, weiter erhöhen. Berlin hat gegen eine solche Umschichtung der Schulden bereits Widerstand angekündigt.

Schuldenschnitt bleibt Thema

Klar ist: Auch wenn Athen durch einen weiteren Hilfskredit sein Finanzloch für 2014 und 2015 stopfen kann, bräuchte es danach weitere Unterstützung. Denn selbst bei einer erfolgreichen Privatisierung und weiteren Sparmaßnahmen schafft Athen keine ausreichende Reduzierung seiner überbordenden Staatsschulden. Der IWF hat deshalb vorgeschlagen, dass die Europartner dem Land nach 2015 einen Schuldenerlass von rund vier Prozent des BIPs gewähren. Damit wäre eine Reduzierung der Schulden erreicht, die eine Rückkehr der Finanzierung über die Märkte erlauben würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2013)

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