Der Ostboom ist für längere Zeit vorbei

Ostboom fuer laengere Zeit
Ostboom fuer laengere Zeit(c) Reuters
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Die Wirtschaft wächst langsam, die Konjunktur bleibt "verletzlich", die Risken für in Osteuropa tätige Banken bleiben hoch. Österreichs Banken sind aber vergleichsweise gut aufgestellt, meint die Ratingagentur S&P.

Wien/Ju. Die Wirtschaft Osteuropas wird sich langsam erholen, die hohen Wachstumsraten der Boomjahre sind aber Geschichte und werden in absehbarer Zeit nicht mehr erreicht werden. Das prognostiziert die Ratingagentur Standard & Poor's in einer gestern, Donnerstag, in Wien präsentierten Studie. Die „relative Stabilität“ der Reformstaaten hat für S&P-Chefanalyst Moritz Kraemer freilich einen Schönheitsfehler: Die Risken für die in dieser Region tätigen Banken bleiben hoch. Österreichische Geldinstitute sind in Osteuropa besonders stark vertreten.

Die Konjunkturerholung in Osteuropa hängt, so Kraemer, sehr stark von der Entwicklung in Westeuropa ab: Zuletzt war fast ausschließlich die Nachfrageerhöhung in der Eurozone dafür verantwortlich. Demgemäß profitieren vorzugsweise jene Volkswirtschaften, die stärker mit der deutschen Wirtschaft verzahnt sind, etwa die tschechische oder die polnische. Die Konsumstimmung habe sich, so Kraemer, stabilisiert.

Allerdings seien die osteuropäischen Volkswirtschaften weiterhin sehr stark von Kapitalzuflüssen abhängig – und deshalb sehr „verletzlich“. Das trifft vor allem auf Bulgarien, Kroatien, Ungarn und Serbien zu. Am abhängigsten von externer Finanzierung ist freilich die (von S&P zu den osteuropäischen Emerging Markets gezählte) Türkei, die derzeit gerade in ernste wirtschaftliche Probleme schlittert.

Insgesamt, so der S&P-Analyst, sei der wirtschaftliche Ausblick für die Region trotz der leichten Erholung „schwach“. Das stelle zusammen mit einem relativ hohen Level an Problemkrediten und strikteren Regulierungen die in der Region tätigen Banken vor größere Herausforderungen.

Ein Punkt ist für die in der Region tätigen österreichischen Banken, die in den vergangenen Jahren den größeren Teil ihrer Gewinne in Osteuropa erzielt haben, besonders bitter: Niedrigzinsen und die deutlich verschlechterte Asset-Qualität drücken immer stärker auf die Profitabilität der Osttöchter der Geldinstitute. Es werde einige Zeit dauern, bis die „Exzesse“ der Vergangenheit (etwa bei der Vergabe von Fremdwährungskrediten) überwunden seien.

Allerdings sind die Bankenrisken in Osteuropa nicht gleichmäßig verteilt: Tschechien und die Slowakei verfügen laut S&P über sehr starke Bankensysteme, die fast dem westeuropäischen Niveau entsprechen. Polen liegt in der Mitte ungefähr auf dem Level der Türkei oder Chinas. Auf sehr schwachen Beinen stehen die Banken in Slowenien und Ungarn. Hier seien die Risken am Größten.

Geldinstitute gut aufgestellt

Trotz der wachsenden Risken in Osteuropa und trotz des hohen Ostexposures der österreichischen Banken hält S&P die heimischen Geldinstitute für sehr gut aufgestellt: Nach globalen Standards sei das Risiko in den österreichischen Banken niedrig. Die Kapitalausstattung der Großbanken sei allerdings noch verbesserungswürdig. Die Ertragslage wird nicht nur von Osteuropa, sondern auch von Entwicklungen im Inland belastet. So erwarten die S&P-Analysten anhaltenden Druck auf die Erträge durch die enormen Überkapazitäten im Banksystem. Dieser könnte noch steigen, denn eine Wirtschaftsabschwächung könnte die jetzt schon intensive Konkurrenz unter den Instituten noch verschärfen. Das könnte die Banken dazu verleiten, höhere Risken einzugehen, fürchten die Analysten der Ratingagentur.

Keine Gefahr sieht S&P für „Asset Bubbles“, also etwa für eine Immobilienblase: Trotz kräftiger Immobilienpreissteigerungen vor allem in den Ballungsgebieten seien Immobilien international gesehen noch nicht teuer. Auch mit ihren Kreditkunden können die heimischen Banken zufrieden sein: Das Kreditausfallsrisiko ist im Inland mit 2,5 Prozent außerordentlich niedrig.

Rosen streut die Ratingagentur der heimischen Wirtschaft insgesamt: Diese sei international durchaus wettbewerbsfähig. Mit einem BIP pro Kopf von 47.159 Dollar sei Österreich das drittreichste Land in der EU 27.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2013)

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