Euroland: Banken und Firmen stecken im Teufelskreis

Euroland Banken
Euroland Banken (c) REUTERS (JONATHAN ERNST)
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Die IWF warnt, die Banken in Südeuropa schleppen milliardenschwere faule Firmenkredite mit sich. Grenzen der nationalen Finanzmärkte müssten fallen.

Washington. Alle Jahre wieder legt der Internationale Währungsfonds (IWF) seinen Bericht über die Stabilität des weltweiten Finanzsystems vor. Und alle Jahre wieder mahnt er die Euroländer, endlich die Grenzen zwischen ihren nationalen Finanzmärkten niederzureißen und eine Bankenunion unter dem Schirm der Europäischen Zentralbank zu gründen.

Dieses Jahr allerdings legen die Ökonomen des Fonds einige Zahlen auf den Tisch, die der Botschaft der europäischen Politiker zuwiderläuft. Denn anders, als es von Lissabon bis Brüssel und von Berlin bis Rom aus den Finanzministerien und Staatskanzleien tönt, ist die europäische Bankenwelt noch lange nicht aus dem Gröbsten heraus. Der Teufelskreis zwischen angeschlagenen Banken und angeschlagenen Unternehmen, die durch faule Kredite aneinandergekettet sind, ist nicht durchbrochen – da können die Entscheider in den Hauptstädten noch so oft das Gegenteil behaupten.

Die prekäre Peripherie

In der glatt polierten Sprache des IWF heißt das dann so: „Die finanzielle Zersplitterung hält weiterhin an, was in den gestressten Volkswirtschaften zu einer nachteiligen Rückkoppelung zwischen Banken, Unternehmen und Staaten führt. Schwache Banken haben die Probleme von schwachen Unternehmen verstärkt, während schwache Unternehmen den Druck auf schwache Banken erhöht haben.“

Das Ergebnis dieses Teufelkreises sind die ungebrochen hohen Zinsen, die Unternehmen in den betroffenen Staaten Italien, Griechenland, Slowenien, Spanien und Portugal für Bankkredite zahlen müssen. Weil Europas Unternehmen stark kreditfinanziert sind, kann schon die Verweigerung eines neuen Betriebskredites durch die Hausbank die Insolvenz einer Firma auslösen. Wenn das vermehrt passiert und somit alte Kredite „faul“ werden, bekommt die Bank ein Problem. Woraufhin sie zwar nicht zusperren muss – kaum jemand in Europa wagt es, Banken geregelt abzuwickeln –, aber im nächsten Quartal noch weniger Kredite vergibt beziehungsweise höhere Zinsen oder Sicherheiten verlangt. Und so weiter, und so fort.

Bankenkäse im Bel Paese

Die Ökonomen des IWF haben zu erfassen versucht, welchen Umfang diese faulen Unternehmenskredite in den Bilanzen der südeuropäischen Banken haben. Im ungünstigsten Szenario – und von diesem muss man angesichts der bisherigen Erfahrungen mit den politischen Aktionen zur Rettung der Währungsunion und ihrer Banken rechnen – drohen Spaniens Banken weitere Verluste von bis zu 104 Milliarden Euro durch uneinbringliche Forderungen gegenüber Unternehmen. Allerdings wären Verluste gänzlich durch die Risikovorsorge der spanischen Banken abgedeckt.

Weniger gut sieht es hingegen in Italien aus. Dort drohen im schlimmsten Fall Verluste von 125 Milliarden Euro. Die italienischen Banken haben allerdings nur rund 72 Milliarden Euro an Vorsorge für solche Fälle getroffen. Die fehlenden 53 Milliarden Euro würden den gesamten Betriebsgewinn der italienischen Bankenwirtschaft auffressen: kein rosiger Ausblick für eine Branche, die händeringend nach Investoren sucht, um sich mit frischem Kapital auf gesunde Beine zu stellen.

In Portugal würden die erwarteten Verluste 20 Milliarden Euro betragen; sie lägen damit acht Milliarden Euro über der Risikovorsorge und würden, so wie in Italien, die Betriebsgewinne verbrauchen-

EZB muss Banken prüfen

Aus Sicht des IWF ist klar, was jetzt passieren muss: ein echter, schonungsloser Stresstest. Und zwar unter Kontrolle und Durchführung der EZB, nicht der nationalen Notenbanken und Finanzmarktaufseher, die bei den bisherigen Stresstests allzu oft aus Rücksicht auf politisch bestens vernetzte Banken beide Augen zugedrückt haben. Und: Es braucht wohl Abwicklungsgesellschaften für faule Firmenkredite – „bad banks“ für „bad corporate loans“, sozusagen.

AUF EINEN BLICK

Der Internationale Währungsfonds hält fest, dass die Banken in Italien, Spanien und Portugal wesentlich mehr faule Unternehmenskredite in ihren Bilanzen haben, als ihre Risikovorsorgen umfassen. Allein Italiens Banken könnten mit bis zu rund 53Milliarden Euro an zusätzlichen Verlusten konfrontiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2013)

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